– BVMed fordert Qualitätskriterien über reine Mindestmengen in Krankenhäusern hinaus.
– Mindestvorhaltezahlen sollten auf belastbarer Evidenz statt Schätzungen basieren.
– In hochspezialisierten Bereichen sind zusätzliche Mindestmengen oft unnötig.
Krankenhausreform: Mehr Qualität statt reiner Fallzahlen
Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) plädiert in der aktuellen Debatte um die Krankenhausreform für eine stärkere Gewichtung konkreter Qualitätskriterien. In seiner Stellungnahme vom Stand: 31.03.2025 fordert der Verband eine Erweiterung der Diskussion über reine Strukturvorgaben und Mindestmengen hinaus.* „Die MedTech-Branche fordert im Rahmen der Krankenhausreform konkrete Qualitätskriterien, die über reine Strukturvorgaben hinausgehen und sowohl technische, prozessuale als auch ergebnisorientierte Standards umfassen“*, heißt es in dem Positionspapier.*
Die bisherige Fokussierung auf Mindeststrukturen bewertet der Verband als zu kurz gegriffen. „Die Konzentration auf Mindeststrukturen greift zu kurz. Im Alltag zählen Ergebnisqualität, Innovation und Versorgungseffizienz“, betont BVMed-Krankenhausexperte Olaf Winkler. Der Branchenverband akzeptiert Mindestvorhaltezahlen zwar grundsätzlich als Struktur-Qualitätselement, fordert jedoch eine fundierte Basis für deren Festlegung. Die MedTech-Branche akzeptiere das Struktur-Qualitätselement der Mindestvorhaltezahlen, „sofern sie sachgerecht und auf einer fundierten Bedarfsanalyse beruhen“.
Die vollständige BVMed-Stellungnahme kann unter * abgerufen werden.
Mindestvorhaltezahlen: Wissenschaft trifft auf Versorgungsrealität
Die Einführung von Mindestvorhaltezahlen markiert einen zentralen Baustein der Krankenhausreform. Diese gesetzlich definierten Anforderungen an personelle, sachliche und organisatorische Ressourcen sollen die Qualität der stationären Versorgung sichern und weiterentwickeln. Seit Mai 2024 werden transparente Qualitäts- und Mengeninformationen zu Leistungsgruppen veröffentlicht* (Stand: Mai 2024). Mit Inkrafttreten des Klinik- und Krankenhausvergütungsgesetzes (KHVVG) sind zum Januar 2025 insgesamt 65 Leistungsgruppen gesetzlich verankert (Stand: Januar 2025). Die konkreten Struktur-, Qualitäts- und Qualifikationskriterien müssen bis spätestens 31. März 2025 per Rechtsverordnung präzisiert werden (Frist: 31.03.2025).
Was sind Mindestvorhaltezahlen?
Mindestvorhaltezahlen stellen sicher, dass Krankenhäuser für bestimmte medizinische Leistungen über ausreichende personelle, sachliche und organisatorische Ressourcen verfügen. Im Gegensatz zu Mindestmengen, die sich auf die Anzahl durchgeführter Behandlungen beziehen, definieren Vorhaltezahlen die infrastrukturellen Voraussetzungen, die für eine qualitativ hochwertige Versorgung notwendig sind. Diese umfassen unter anderem die Ausstattung mit speziellen Medizingeräten, die Verfügbarkeit qualifizierten Personals und die Einhaltung bestimmter organisatorischer Standards.
Wie leitet das IQWiG Empfehlungen ab?
Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat am 31. März 2025 seine methodische Vorgehensweise zur Ableitung von Mindestvorhaltezahlen beschrieben (Stand: 31.03.2025). Der Fokus liegt auf einer wissenschaftlich fundierten Herleitung, die auch Auswirkungen auf die regionale Versorgung – beispielsweise auf Patienten-Fahrzeiten – systematisch prüft. Im September 2025 veröffentlichte das IQWiG einen konkreten Methodenvorschlag und bot ein begleitendes Webinar für Fachkreise an (Stand: September 2025).
Der Prozess folgt einer klaren Abfolge:
- Wissenschaftliche Prüfung der Evidenz durch das IQWiG
- Umfassende Folgenabschätzung für die Versorgungsrealität
- Politische Festlegung durch die Länder
Die Länder sind dabei aufgefordert, die wissenschaftlichen Empfehlungen des IQWiG auf ihre regionale Umsetzbarkeit hin zu überprüfen. Diese Verzahnung zwischen evidenzbasierter Methodik und praxisnaher Implementierung soll gewährleisten, dass Mindestvorhaltezahlen tatsächlich zu einer qualitativen Verbesserung der Krankenhausversorgung beitragen, ohne die flächendeckende medizinische Versorgung zu gefährden.
Die Medizintechnik-Branche in Zahlen
Die deutsche Medizintechnik-Branche stellt einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar, wie die aktuellen Branchenkennzahlen für das Jahr 2024 belegen. Insgesamt beschäftigten die Hersteller medizintechnischer Geräte und Medizinprodukte 212.100 Menschen und erwirtschafteten eine Bruttowertschöpfung von 19,7 Milliarden Euro.* Die wirtschaftliche Statistik verzeichnete im selben Jahr 1.510 Medizintechnik-Hersteller mit mehr als 20 Beschäftigten.*
Der Gesamtumsatz dieser Unternehmen belief sich auf über 41 Milliarden Euro. Unter Einbeziehung der Kleinstunternehmen erreicht die Branche sogar einen Umsatz von 55 Milliarden Euro.* Die internationale Ausrichtung der Branche zeigt sich deutlich am Exportanteil von 68 Prozent.* Für die Zukunftsfähigkeit der Medizintechnik in Deutschland ist die hohe Forschungsintensität entscheidend: Rund 9 Prozent des Umsatzes werden in Forschung und Entwicklung investiert.* Die Unternehmenslandschaft wird maßgeblich vom Mittelstand geprägt – 93 Prozent der Unternehmen sind KMU.*
Branchenkennzahlen Medizintechnik im Überblick
| Jahr | Kennzahl | Wert | Quelle/Stand |
|---|---|---|---|
| 2024 | Beschäftigte | 212.100 | BVMed-Pressemitteilung, 04.11.2025 |
| 2024 | Bruttowertschöpfung | 19,7 Mrd. Euro | BVMed-Pressemitteilung, 04.11.2025 |
| 2024 | Hersteller (>20 Beschäftigte) | 1.510 | BVMed-Pressemitteilung, 04.11.2025 |
| 2024 | Gesamtumsatz (mit Kleinstunternehmen) | 55 Mrd. Euro | BVMed-Pressemitteilung, 04.11.2025 |
| 2024 | Exportanteil | 68 % | BVMed-Pressemitteilung, 04.11.2025 |
| 2024 | F&E-Quote | ca. 9 % | BVMed-Pressemitteilung, 04.11.2025 |
| 2024 | KMU-Anteil | 93 % | BVMed-Pressemitteilung, 04.11.2025 |
- Die Daten beziehen sich ausschließlich auf das Berichtsjahr 2024
- Alle Werte stammen aus der BVMed-Pressemitteilung vom 4. November 2025
- Die Bruttowertschöpfung wurde laut Gesundheitswirtschaftlicher Gesamtrechnung des WifOR-Instituts ermittelt
Mindestvorhaltezahlen: Qualität versus regionale Versorgung
Die Einführung von Mindestvorhaltezahlen in der Krankenhausversorgung erzeugt ein Spannungsfeld zwischen Qualitätssicherung und flächendeckender medizinischer Betreuung. Während der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) grundsätzlich Mindestvorhaltezahlen als Instrument der Qualitätssicherung akzeptiert – sofern sie auf fundierter Evidenzbasis beruhen – melden andere Akteure grundsätzliche Bedenken an.
Der Katholische Krankenhausverband warnt in einer Stellungnahme vom 24. Oktober 2025, dass Mindestvorhaltezahlen nicht evidenzbasiert seien und die Versorgungssicherheit in strukturschwachen Regionen gefährden könnten. Diese Kritik trifft den Kern der Debatte: Wie lassen sich Qualitätsstandards bundesweit durchsetzen, ohne ländliche Gebiete medizinisch abzuhängen?
Methodendokumente des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vom 31. März 2025 zeigen, dass die Auswirkungen auf die Krankenhauslandschaft und Patienten-Fahrzeiten durchaus im Blick sind. Die politische Festlegung von Mindestvorhaltezahlen erfolgt demnach mit Länderzustimmung, und Landesbehörden können Ausnahmen zulassen – ein wichtiges Sicherheitsventil für regionale Besonderheiten.
Die Gegenpositionen lassen sich in zentralen Argumenten zusammenfassen:
Für evidenzbasierte Mindestvorhaltezahlen:
- Höhere Behandlungserfahrung kann zu besseren Behandlungsergebnissen führen
- Vermeidung von "Gelegenheitsversorgung" bei komplexen Eingriffen
Gegen pauschale Mindestvorhaltezahlen:
- Gefährdung der wohnortnahen Versorgung in ländlichen Regionen
- Fehlende wissenschaftliche Basis für viele geplante Schwellenwerte
Die Diskussion zeigt deutlich, dass es nicht um ein Entweder-oder zwischen Qualität und flächendeckender Versorgung gehen kann, sondern um eine differenzierte Abwägung. Besonders bei breit gefassten Leistungsgruppen wie der Allgemeinen Inneren Medizin stellt sich die Frage, ob pauschale Mindestvorhaltezahlen methodisch sinnvoll sind. Hier braucht es evidenzbasierte Daten und politische Abwägungen, die sowohl medizinischen Standards als auch regionalen Versorgungsrealitäten gerecht werden.
Ausblick: Nächste Schritte und Beobachtungsfelder
Der Reformprozess zur Einführung von Mindestvorhaltezahlen im Krankenhausbereich hat bereits wichtige Meilensteine erreicht und befindet sich in einer entscheidenden Phase. Die zeitliche Abfolge der bisherigen Entwicklung zeigt den systematischen Aufbau des neuen Systems: Seit Mai 2024 werden erstmals transparente Qualitäts- und Mengeninformationen zu Leistungsgruppen im Bundes-Klinik-Atlas veröffentlicht*. Zum Januar 2025 waren dann 65 Leistungsgruppen im KKH-Versorgungsstärkungsgesetz definiert, deren Kriterien bis spätestens 31. März 2025 zu konkretisieren sind (Stand: Januar 2025). Ebenfalls zum 31. März 2025 legte das IQWiG sein Methodendokument vor, gefolgt von einem Methodenvorschlag und Webinar im September 2025.
Für Beobachter des Reformprozesses stehen nun mehrere entscheidende Termine und Veröffentlichungen im Fokus. Die finale IQWiG-Empfehlung zu Mindestvorhaltezahlen bildet einen zentralen Bezugspunkt, gefolgt von den anschließenden Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Parallel dazu entwickeln die Länder ihre eigenen Regelungen zur Umsetzung, die ebenfalls aufmerksam verfolgt werden sollten. Der BVMed betont in seiner Stellungnahme vom November 2025, dass neue Mindestvorhaltezahlen „ausschließlich auf einer belastbaren evidenzbasierten Grundlage definiert werden“ sollten.
Für Patienten steht bei diesem komplexen Reformvorhaben die Balance zwischen zwei zentralen Aspekten im Mittelpunkt: Einerseits geht es um den erhaltenen Zugang zu spezialisierten Behandlungen, andererseits um die messbare Steigerung der Versorgungsqualität. Die Diskussion zeigt, dass Strukturvorgaben allein nicht ausreichen – entscheidend wird sein, wie technische, prozessuale und ergebnisorientierte Qualitätsstandards in der praktischen Umsetzung verankert werden.
Die nachfolgenden Informationen und Aussagen beruhen auf einer Pressemitteilung des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed).
Weiterführende Quellen:
- „Die Mindestvorhaltezahlen sind gesetzlich definierte Anforderungen an personelle, sachliche und organisatorische Ressourcen von Krankenhäusern zur Erbringung klinischer Leistungen; die Ableitung erfolgt wissenschaftlich durch den G-BA und das IQTIG.“ – Quelle: https://www.bindoc.de/glossar/mindestvorhaltezahlen-vorhalteverguetung
- „Das IQWiG leitet die Mindestvorhaltezahlen nach wissenschaftlichen Verfahren her, prüft im Anschluss Auswirkungen auf Krankenhauslandschaft und Fahrzeiten, und die politische Festlegung erfolgt mit Länderzustimmung; Landesbehörden können Ausnahmen zulassen (Stand: 31.03.2025).“ – Quelle: https://www.iqwig.de/methoden/entwurf-methoden-zur-ableitung-der-empfehlung-von-mindestvorhaltezahlen_v1-0.pdf
- „Seit Mai 2024 werden erstmals transparente Qualitäts- und Mengeninformationen zu Leistungsgruppen im Bundes-Klinik-Atlas veröffentlicht, als Teil der Krankenhausreform mit Fokus auf Struktur- und Qualitätskriterien.“ – Quelle: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/krankenhausreform-info/
- „Im September 2025 hat das IQWiG einen Methodenvorschlag für die evidenzbasierte Ableitung von Mindestvorhaltezahlen veröffentlicht und ein Webinar zur Erhöhung der Transparenz und Fachbeteiligung angeboten.“ – Quelle: https://www.iqwig.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-detailseite_157889.html
- „Seit Januar 2025 sind 65 Leistungsgruppen im Krankenhausversorgungsgesetz (KHVVG) gesetzlich definiert, deren Struktur-, Qualitäts- und Qualifikationskriterien bis spätestens 31. März 2025 per Rechtsverordnung konkretisiert werden sollen.“ – Quelle: https://www.dgvs.de/aus-dem-fach/gesundheitspolitik/strukturreform/informationen-zur-einfuehrung-der-leistungsgruppen-und-mindestvorhaltezahlen/
- „Der Katholische Krankenhausverband kritisiert, dass Mindestvorhaltezahlen weder evidenzbasiert noch auf regionale Bedarfe zugeschnitten sind und in strukturschwachen Regionen die Versorgungssicherheit gefährden (Stand: 24.10.2025).“ – Quelle: https://die-katholischen-krankenhaeuser.de/pm/krankenhausreform-wichtige-baustellen-bleiben-unbearbeitet/


7 Antworten
Die Balance zwischen Qualität und Verfügbarkeit ist entscheidend! Ich finde es super, dass BVMed mehr darauf hinweist. Welche Kriterien haltet ihr für die wichtigsten bei der Festlegung von Qualitätsstandards?
Das ist eine gute Frage Jasmin! Vielleicht sollten Patientenfeedback und Behandlungsergebnisse stärker in Betracht gezogen werden? Gibt es da schon Ansätze in der Praxis?
Ich bin ganz bei dem Punkt, dass die Evidenz hinter den Mindestvorhaltezahlen stark sein sollte! Nur so können wir sicherstellen, dass die Qualität nicht leidet. Wer hat dazu aktuelle Daten oder Berichte?
Die Kritik an den Mindestvorhaltezahlen finde ich berechtigt. Wenn wir zu sehr auf Zahlen schauen, können wir wichtige Aspekte der Patientenversorgung übersehen. Wie sieht es in ländlichen Regionen aus? Gibt es da schon Lösungen?
Ich stimme Ebraun zu! Wir müssen sicherstellen, dass auch in strukturschwachen Gebieten die medizinische Versorgung nicht leidet. Gibt es Erfahrungen oder Beispiele, wo das gut funktioniert hat?
Die Diskussion um Mindestvorhaltezahlen ist wirklich wichtig. Ich frage mich, wie diese Zahlen wirklich ermittelt werden. Sind sie wirklich so belastbar? Hat jemand weitere Informationen dazu?
Ich finde es interessant, dass der BVMed mehr Fokus auf Qualität statt nur auf Zahlen legt. Es ist wichtig, dass wir nicht nur Mindestmengen betrachten, sondern auch wie gut die Behandlung ist. Was denkt ihr darüber?