Deutsche Krankenhausgesellschaft fordert schnelle Soforthilfen und grundlegende Reformen
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat anlässlich der Gesundheitsministerkonferenz ihre alarmierende Lagebeschreibung der Krankenhäuser vorgelegt und dringt auf sofortige finanzielle Unterstützung sowie grundlegende Reformen. Der wirtschaftliche Druck auf Kliniken ist durch Energiepreissteigerungen und Inflation seit dem russischen Angriff auf die Ukraine 2022 massiv angestiegen. DKG-Vorstandsvorsitzender Dr. Gerald Gaß bringt die Situation auf den Punkt: „Die Politik hat die Kliniken mit den starken Preissteigerungen allein gelassen und dabei zugesehen, wie sich die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben immer weiter geöffnet und Kliniken wirtschaftlich in die Knie gezwungen hat.“ Seit 2022 hätten rund 80 Klinikstandorte Insolvenz angemeldet, viele scheiterten bereits.
Die DKG fordert von der neuen Bundesregierung die zügige Auszahlung von Soforthilfen in Höhe von vier Milliarden Euro, um die Kliniken kurzfristig zu stabilisieren. „Jetzt heißt es, Nägel mit Köpfen zu machen und die Kliniken so schnell wie möglich wieder in sichere Fahrwasser zu leiten. Der akute Bedarf liegt bei vier Milliarden Euro. Es braucht jetzt ohne Verzögerung einen praktikablen Modus zur Auszahlung dieser Hilfen“, so Gaß. Neben den finanziellen Soforthilfen verlangt die DKG eine grundlegende Neuausrichtung der Krankenhausfinanzierung. Die bislang existierende Vorhaltefinanzierung hält sie für gescheitert und fordert als Ersatz eine fallzahlunabhängige Finanzierung. Zudem müsse der Basisfallwert auf Landesebene langfristig um vier Prozent erhöht werden, um nachhaltige Sicherheit zu gewährleisten.
Neben den Zahlungsfragen stehen bei der DKG auch eine Entbürokratisierung und Deregulierung im Vordergrund. Dr. Gaß kritisiert, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach zweimal ein Entbürokratisierungsgesetz versprochen hat, ohne dies umzusetzen. „Die Bürokratielast hat in den Krankenhäusern ein unerträgliches Maß angenommen, vernichtet täglich wertvolle Arbeitskraft in der ärztlichen und pflegerischen Versorgung und treibt die Kosten in die Höhe. Entbürokratisierung und Deregulierung sind völlig kostenfreie Konjunkturprogramme, die am Ende den Versicherten und Steuerzahlern sogar Geld sparen.“ Die Umsetzung dieser Forderung durch die neue Koalition wird als dringlich betrachtet.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Anpassung der Krankenhausplanung. Die Länder benötigen nach Ansicht der DKG dringend funktionierende Instrumente, um die neue Krankenhausplanung nach Leistungsgruppen umsetzen zu können. Dabei soll der bisherige Grouper des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) grundlegend überarbeitet werden. Das Modell aus Nordrhein-Westfalen gilt als Vorbild, da es die Leistungen differenzierter und realitätsnäher abbildet. Laut Koalitionsvertrag sollen bundesweit vergleichbare Leistungsgruppen eingeführt werden. Die Länder brauchen bis Ende des Jahres einen passenden InEK-Grouper, um ihre Planungsaufgaben sachgerecht wahrnehmen zu können – ein Auftrag, den die Gesundheitsministerkonferenz jetzt erteilen sollte.
Darüber hinaus warnt die DKG vor den Risiken einer gesetzlich vorgesehenen Ausweitung der Hybrid-DRG auf über eine Million Fälle mit dreitägigen Belegungsvorgaben. Diese Änderung wurde kurz vor Verabschiedung des Gesetzes ohne parlamentarische Beratung eingefügt und birgt nach Ansicht der DKG erhebliche Gefahren für die Patientenversorgung. „Ohne die im Gesetz vorgesehene Evaluierung ist eine solche Ausweitung, die kurz vor der Verabschiedung ohne parlamentarische Beratung ins Gesetz geschrieben wurde, völlig unverantwortlich“, mahnt Dr. Gaß. Die Gesundheitsministerkonferenz müsse ein Signal setzen und diesen Prozess stoppen, um Zeit zu gewinnen und den verankerten Reformauftrag des Koalitionsvertrags umsetzen zu können.
Die Situation der deutschen Krankenhäuser wird damit als äußerst kritisch bewertet: Ohne schnelle finanzielle Hilfen, den Abbau von Bürokratie und eine Reform der Krankenhausplanung droht eine weitere Zuspitzung, die die Versorgung der Bevölkerung gefährdet.
Warum die Zukunft der Krankenhäuser uns alle betrifft
Die Krankenhäuser in Deutschland stehen vor einer tiefgreifenden Finanz- und Strukturkrise, die weit über die Wände der Kliniken hinausreicht. Für Patientinnen und Patienten bedeutet dies mehr als nur längere Wartezeiten oder geschlossene Fachabteilungen: Versorgungssicherheit, regionale Zugänglichkeit und Qualität der Behandlung geraten unter Druck. Die Herausforderungen entspringen nicht allein kurzfristigen Problemen wie Preissteigerungen, sondern haben systemische Wurzeln, die das gesamte Gesundheitssystem und damit die Gesellschaft betreffen.
Engpässe in der Krankenhausversorgung wirken sich direkt auf die Patienten aus. Stationäre Behandlungen und Notfallversorgung sind oft nicht mehr so verlässlich wie früher, was besonders Menschen in ländlichen Regionen trifft. Diese regionalen Unterschiede spiegeln sich in einem ungleichen Zugang zu medizinischer Grund- und Spezialversorgung wider. Krankenhäuser in strukturschwachen Gebieten müssen oft um ihr Überleben kämpfen, während größere Kliniken trotz finanzieller Belastungen mit der Patientenversorgung Schritt halten.
Wie verändern Engpässe die Patientenversorgung?
Der Mangel an finanziellen Mitteln und Personal führt zu einer echten Belastungsprobe im Klinikalltag. Bereits heute verhindern viele Krankenhäuser Investitionen in neue Technik oder die Schaffung von attraktiven Arbeitsbedingungen für Pflegepersonal und Ärztinnen. Das treibt die Flucht aus dem Beruf und verstärkt den Fachkräftemangel, was wiederum die Qualität der Patientenversorgung beeinträchtigt. Kliniken müssen oft Behandlungsangebote einschränken oder teure Leistungen zurückfahren, obwohl gerade spezialisierte Leistungen für eine gute gesundheitliche Versorgung unerlässlich sind.
Diese Versorgungsrisiken lassen sich in zwei Gruppen einteilen:
- Direkte Auswirkungen auf Patienten: eingeschränkte Behandlungsoptionen, längere Wartezeiten, drohende Schließungen von Klinikstandorten
- Indirekte Folgen für das Gesundheitssystem: Überlastung ambulanter Praxen, Verlust von medizinischem Know-how, steigende Behandlungskosten durch Verzögerungen
Für viele Menschen ist die Klinik vor Ort der wichtigste Anker in gesundheitlichen Krisen. Wenn diese Anlaufstelle wegfällt oder deutlich geschwächt wird, verschärfen sich Versorgungsprobleme, die weit über den einzelnen Krankenhausbetrieb hinausgehen.
Welche Rolle haben Bund und Länder jetzt?
Die Verantwortung, Krankenhäuser wirtschaftlich zu stabilisieren und strukturell zukunftsfähig zu machen, liegt sowohl bei Bund als auch bei den Ländern. Die Herausforderungen sind komplex: finanzielle Unterstützung darf nicht nur kurzfristige Liquiditätsengpässe überbrücken, sondern muss nachhaltige Konzepte für Planung und Finanzierung einschließen. Dabei geht es auch darum, bürokratische Lasten abzubauen und die Krankenhausplanung neu auszurichten, um der medizinischen Realität besser gerecht zu werden.
Bund und Länder stehen vor politischen Hürden wie der Abstimmung zwischen föderalen Zuständigkeiten und der Gestaltung einheitlicher bundesweiter Standards. Reformen, insbesondere bei der Krankenhausfinanzierung, stoßen immer wieder auf Widerstände. Gleichzeitig drängt die Zeit: Die Zahl der insolventen Klinikstandorte nimmt zu, die Spaltung zwischen reichen und armen Regionen wächst.
Politische Handlungsoptionen in diesem Spannungsfeld umfassen:
- Kurzfristige Finanzhilfen in Milliardenhöhe, um Klinikbetriebe zu stabilisieren
- Umfassende Reformen der Krankenhausfinanzierung, etwa weg von fallzahlabhängigen hin zu fallunabhängigen Vorhaltefinanzierungen
- Deregulierung und Entbürokratisierung, um personelle Ressourcen für die Patientenversorgung zu schaffen und Kosten zu senken
- Angepasste Krankenhausplanung nach Leistungsgruppen, um regionale Besonderheiten besser zu berücksichtigen und Versorgungslücken zu schließen
Ohne solche Maßnahmen droht eine weitere Verschärfung der Krise mit direkten negativen Folgen für die Bevölkerung. Die Gestaltung dieser Reformen entscheidet letztlich darüber, ob das Gesundheitssystem seine wichtige gesellschaftliche Aufgabe langfristig erfüllen kann. Die Zukunft der Krankenhäuser betrifft deshalb nicht nur Fachkreise, sondern jeden Einzelnen, der auf eine verlässliche medizinische Versorgung angewiesen ist.
Reformdruck bleibt hoch – die Krankenhauslandschaft vor entscheidenden Weichenstellungen
Die Herausforderungen in der deutschen Krankenhauslandschaft sind weiterhin groß und verlangen entschlossenes Handeln. Die bestehenden strukturellen Probleme erfordern eine Fortsetzung der Reformen, um die Versorgungssicherheit in den Kliniken nachhaltig zu gewährleisten. Dabei steht nicht nur die finanzielle Stabilisierung im Fokus, sondern auch die Anpassung der Krankenhausplanung und der Leistungsstrukturen an die aktuellen und zukünftigen Anforderungen.
Insbesondere die Notwendigkeit, eine fallzahlunabhängige Vorhaltefinanzierung zu etablieren, zeigt, wie grundlegend veraltete Finanzierungsmodelle überarbeitet werden müssen, um Krankenhäuser vor Insolvenzen zu schützen und ihren Betrieb verlässlich zu sichern. Parallel dazu sind Entbürokratisierung und Deregulierung wichtige Hebel, um die Arbeitsbedingungen für medizinisches Personal zu verbessern und Kostentreiber abzubauen. Diese Maßnahmen sind nicht allein wirtschaftliche Zwänge, sondern zentrale Voraussetzungen für eine patientenorientierte Versorgung.
Darüber hinaus verlangt die Anpassung der Krankenhausplanung an differenzierte Leistungsgruppen eine enge Abstimmung zwischen Bund und Ländern, um eine realitätsgerechte Abbildung der Versorgungskapazitäten sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund hat die Politik nur begrenzt Zeit, die Weichen zu stellen – denn unzureichend koordinierte oder verzögerte Reformen gefährden die Qualität, Wirtschaftlichkeit und Zukunftsfähigkeit der stationären Gesundheitsversorgung. Die anhaltende Dringlichkeit wird durch die Vielzahl geschlossener oder insolventer Krankenhausstandorte seit 2022 deutlich: Der Handlungsbedarf ist nicht nur akut, sondern auch langfristig strategisch.
Die Gesundung der Krankenhauslandschaft hängt maßgeblich davon ab, ob politische Entscheidungsträgerinnen und -träger jetzt konsequent handeln – schnelle Soforthilfen müssen mit nachhaltigen Reformen Hand in Hand gehen, um eine stabile, effiziente und patientennahe Versorgung in Deutschland sicherzustellen.
8 Antworten
‚Es ist höchste Zeit für Reformen! Ich frage mich oft, warum das alles so lange dauert und ob wir als Bürger nichts tun können.‘
‚Die Schließungen sind eine große Gefahr für die Patienten! Ich hoffe wirklich, dass unsere Regierung bald etwas unternimmt und diese Probleme angeht!‘
Die Situation ist wirklich besorgniserregend! Es kann nicht sein, dass Kliniken pleite gehen. Was haltet ihr von der Idee einer fallunabhängigen Finanzierung? Würde das helfen?
Das klingt nach einer sinnvollen Lösung! Aber ich frage mich, ob das auch schnell genug umgesetzt werden kann. Wer würde das finanzieren?
‚Entbürokratisierung‘ hört sich gut an, aber was genau muss da konkret gemacht werden? Ich glaube nicht, dass die Politiker das so einfach umsetzen können.
Ich finde es sehr wichtig, dass die DKG auf die Problematik aufmerksam macht. Die Kliniken brauchen wirklich dringend Unterstützung. Wie denkt ihr, könnte eine bessere Krankenhausplanung aussehen?
Ich bin auch der Meinung, dass die Planung verbessert werden muss. Die Bürokratie frisst zu viel Zeit. Was könnten wir tun, um mehr Druck auf die Politik auszuüben?
Es ist echt traurig zu sehen, wie viele Kliniken schließen müssen. Vielleicht sollten wir mehr in Bildung investieren, damit mehr Fachkräfte kommen?