– Studie dokumentiert erhebliche Lücken bei bundesweiter Umsetzung kindgerechter Justiz nach UN-Konvention
– Unklare Zuständigkeiten erschweren altersgerechte und barrierefreie Informationsversorgung kindlicher Opfer und Zeugen
– Forderungen: Strafprozessordnung anpassen für psychosoziale Soforthilfe, Videovernehmungen und bundesweite Mindeststandards
Studie zeigt: Deutschland braucht kindgerechtere Justiz
Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Menschenrechte in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderhilfswerk offenbart erhebliche Defizite bei der Umsetzung einer kindgerechten Justiz in Deutschland. Im Fokus der Untersuchung standen Kinder als Zeugen und Verletzte in strafgerichtlichen Verfahren. Dabei traten deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern zu Tage. Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, bringt die zentrale Botschaft auf den Punkt: Es fehlt an einer flächendeckenden und systematischen Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in der Praxis.
Besonders kritisch bewertet die Studie, dass in vielen Landesjustizverwaltungen keine Klarheit darüber herrscht, ob und wie kinderfreundliche Informationen zu Gerichtsverfahren bereitgestellt werden – oder wer hierfür zuständig ist. Hinzu kommt, dass es keine barrierefreien Informationsmaterialien für Kinder mit Beeinträchtigungen gibt, wie Rudolf betont.
Auch die psychosoziale Prozessbegleitung von Kindern ist mangelhaft organisiert. Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerks, fordert deshalb eine schnellere und unkomplizierte Unterstützung minderjähriger Opfer, die ohne gesonderte Antragstellung ermöglicht werden soll. Darüber hinaus unterstreicht sie die Notwendigkeit für bundesweite Mindeststandards.
Fehlende Forschungsergebnisse erschweren zudem eine langfristige Verbesserung der Situation. Rudolf schlägt vor, durch regelmäßige Erhebungen im Sinne eines Kinderrechte-Monitorings die Justiz künftig bedarfsgerechter zu gestalten. Die präsentierte Analyse ist Teil eines umfassenderen Projekts, dessen vollständige Ergebnisse zum Jahresende veröffentlicht werden sollen.
Kindgerechte Justiz: Deutschlands Handlungsbedarf bei Verfahren für Kinder
Die Umsetzung einer kindgerechten Justiz ist mehr als ein juristisches Anliegen – sie ist ein gesellschaftliches Gebot. Die UN-Kinderrechtskonvention legt den rechtlichen Rahmen fest, in dem die Rechte von Kindern im Justizsystem weltweit geschützt werden sollen. Doch trotz dieser verbindlichen Vorgabe bleibt Deutschland bei der praktischen Umsetzung noch hinter internationalen Standards zurück. Gerade in Gerichtsverfahren, an denen Minderjährige beteiligt sind, zeigt sich die Dringlichkeit einer behutsamen, altersgerechten Gestaltung.
Kindgerechte Gerichtsverfahren schaffen einen Raum, in dem Kinder ernst genommen werden und ihre Perspektiven Gehör finden können. Sie sind nicht nur darauf ausgerichtet, Recht zu sprechen, sondern berücksichtigen auch die spezifischen Bedürfnisse und Belastungen von Kindern als Verfahrensbeteiligte. Die psychologische Belastung und die Angst, die Kinder vor und während eines Gerichtsverfahrens erleben, können nachhaltig sein. Deshalb ist ein einfühlsames und transparentes Vorgehen essenziell.
Ein besonderes Problem ist derzeit die Uneinheitlichkeit der Standards auf Bundes- und Länderebene. Ohne klare Vorgaben und einheitliche Maßnahmen kann die kindgerechte Behandlung vor Gericht nicht in allen Regionen gleichermaßen gewährleistet werden. Dies führt zu Ungleichheiten, auf denen Kinder je nach Wohnort unterschiedlich gut geschützt sind.
Der internationale Vergleich zeigt Wege, wie Deutschland seine Justizlandschaft verbessern kann. Andere Länder und internationale Gremien bieten Modelle und Reformansätze, die den Schutz der Rechte von Kindern im Gerichtswesen stärken. Dazu gehören etwa spezialisierte Kindergerichte, kindgerechte Anhörungsformate oder die verpflichtende Einbindung von Fachpersonen, die Kinder begleiten und unterstützen.
Aktuell werden verschiedene Maßnahmen diskutiert, um den Herausforderungen gerecht zu werden: die Schaffung verbindlicher Qualitätsstandards, die Fortbildung von Justizpersonal im Umgang mit Kindern, und die Förderung kindgerechter Kommunikationsformen im Gerichtssaal. Nur durch eine konsequente Reform, die das Kindeswohl in den Mittelpunkt stellt, kann die Justiz ihrer Verantwortung für junge Beteiligte gerecht werden und gesellschaftliches Vertrauen gewinnen.
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Neue Studie: Wie kindgerecht ist die strafgerichtliche Praxis in Deutschland?
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