– Deutsche Bevölkerung steht KI-Ausbau und Rechenzentren skeptisch gegenüber
– Strombedarf von Rechenzentren könnte bis 2037 auf zehn Prozent ansteigen
– Erneuerbare Energien müssen deutlich ausgebaut werden für KI-Hochlauf
KI-Boom erfordert massiven Ausbau erneuerbarer Energien
Der rasante Ausbau von Künstlicher Intelligenz und Rechenzentren in Deutschland führt zu wachsender Skepsis in der Bevölkerung – und zu klaren Forderungen nach mehr erneuerbaren Energien. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass viele Bürger den geplanten KI-Hochlauf kritisch sehen, vor allem wegen des steigenden Strombedarfs.
In Deutschland entfallen derzeit etwa fünf Prozent des gesamten Stromverbrauchs auf Rechenzentren*. Die Bundesnetzagentur prognostiziert, dass dieser Anteil bis 2037 sogar auf zehn Prozent ansteigen wird*.
Der Monitoringbericht der Bundesregierung hatte für das Jahr 2030 einen Strombedarf zwischen 600 und 700 Terawattstunden vorhergesagt*. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) kommt in einer eigenen Analyse zu dem Schluss, dass der tatsächliche Bedarf deutlich höher liegen dürfte.
Ursula Heinen-Esser, Präsidentin des BEE, betont: „In Deutschland entfallen derzeit etwa fünf Prozent des gesamten Stromverbrauchs auf Rechenzentren, die Bundesnetzagentur rechnet damit, dass es bis 2037 sogar zehn Prozent sein werden. Die in der Umfrage von Algorithmwatch geäußerten Bedenken sind daher verständlich. Rechenzentren sind ein wichtiger Standortfaktor, KI bietet große Potenziale zur Prozessbeschleunigung und zur Produktivitätssteigerung. Dem dürfen jedoch nicht die Klimaziele geopfert werden. Die Erneuerbaren Energien sind in der Lage, auch einen deutlich gestiegenen Strombedarf kostengünstig zu decken. Dafür darf es aber nun keine Einbrüche bei der Ausbaudynamik geben.“
Zur langfristigen Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland fordert Heinen-Esser: „Es ist davon auszugehen, dass der Strombedarf in den kommenden fünf Jahren auch über den im Monitoringbericht beschriebenen Korridor hinaus ansteigen wird. KI macht gewaltige Entwicklungssprünge. Ihre Integration in immer weitere Bereiche des alltäglichen Lebens wird auch zu einem steigenden Stromverbrauch durch Rechenzentren führen. Um trotz dieser Sprünge ein attraktiver Standort für Ansiedlungen darstellen zu können, sind bei der Planung von zukünftigen Ausschreibungen und Ausbaupfaden entsprechende Puffer einzuplanen, sonst droht Deutschland ins Hintertreffen zu geraten. Wir brauchen eine ehrliche Stromverbrauchsanalyse, die diesen Entwicklungen Rechnung trägt.“
Prognosen zum Stromhunger von Rechenzentren im Vergleich
Die Diskussion um den künftigen Strombedarf von Rechenzentren wird durch unterschiedliche Prognosen geprägt. Während in einer Pressemitteilung vom 28. Oktober 2025 ein Anstieg auf rund vier Prozent des deutschen Stromverbrauchs bis 2037 erwähnt wird, zeigen aktuelle Studien verschiedene Szenarien für das Jahr 2030. Diese Bandbreite an Schätzungen macht Planungssicherheit zur Herausforderung für Energiepolitik und Infrastrukturentwicklung.
Prognosen im Vergleich
Die Internationale Energieagentur rechnet mit einer Verdopplung des globalen Strombedarfs von Rechenzentren bis 2030. Für Deutschland konkretisieren verschiedene Institute diese Entwicklung unterschiedlich:
| Jahr | Prognose (TWh) | Anteil am Stromverbrauch (%) | Quelle/Stand |
|---|---|---|---|
| 2030 | 30–35 TWh | 6–7 % | JLL*, Prognose 2023 |
| 2030 | 25–35 TWh | nicht angegeben | Borderstep/Bitkom-Studie*, 07.01.2025 |
| 2023 | ~18 TWh | 3,7 % | JLL*, Geschäftsjahr 2023 |
| 2023 | ~26 TWh | 5 % | Öko-Institut*, 2023 |
Bereits die aktuellen Zahlen für 2023 zeigen Differenzen: Während die Pressemitteilung von rund vier Prozent des Stromverbrauchs ausgeht (Stand: 28.10.2025), kommen JLL auf 3,7 Prozent und das Öko-Institut auf 5 Prozent. Diese Abweichungen lassen sich durch unterschiedliche Bezugsjahre, Messmethoden und Bilanzierungsweisen erklären.
Warum Schätzungen variieren
Die Spannbreite der Prognosen resultiert aus mehreren Faktoren. Zum einen basieren Berechnungen auf unterschiedlichen Wachstumsannahmen für KI-Anwendungen und Digitalisierungsgrad. Zum anderen fließen Effizienzfortschritte bei Servertechnologien und Kühlsystemen verschieden stark in die Modelle ein. Auch die Definition dessen, was als Rechenzentrum gilt, variiert zwischen Studien.
Ursula Heinen-Esser, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie, betont: „Es ist davon auszugehen, dass der Strombedarf in den kommenden fünf Jahren auch über den im Monitoringbericht beschriebenen Korridor hinaus ansteigen wird.“ Diese Unsicherheit unterstreicht die Notwendigkeit flexibler Planungsansätze. Die Bandbreite der Prognosen – von 25 bis 35 TWh im Jahr 2030 – zeigt, wie unterschiedlich der künftige Strombedarf eingeschätzt wird. Für die Energieinfrastruktur bedeutet dies, dass ausreichend Puffer eingeplant werden müssen, um sowohl moderate als auch dynamische Entwicklungen abfedern zu können.
Fakten, gesetzlicher Rahmen und Potenzial erneuerbarer Energien
Der Ausbau von Rechenzentren und KI-Technologien orientiert sich an bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Gesetzliche Vorgaben für Rechenzentren
Das Energieeffizienzgesetz stellt Anforderungen an Betreiber von Rechenzentren.
Erneuerbare Kapazitäten und globale Perspektive
Deutschland verfügt bereits heute über beachtliche Kapazitäten an erneuerbaren Energien. 61,7 Prozent des Stromverbrauchs wurden 2024 durch Erneuerbare gedeckt*. Bei der Photovoltaik erreichte Deutschland mit 100 Gigawatt installierter Leistung Platz 1 in Europa*. Im Offshore-Windbereich belegt das Land mit 9,2 Gigawatt weltweit Rang 3 – Stand jeweils 2024*.
Gleichzeitig zeigen globale Prognosen die Dringlichkeit nachhaltiger Lösungen: Der Energiebedarf von KI-Rechenzentren könnte von 50 Terawattstunden im Jahr 2023 auf 550 Terawattstunden bis 2030 ansteigen*. Parallel dazu würden die Treibhausgas-Emissionen von 212 Millionen Tonnen auf 355 Millionen Tonnen im Jahr 2030 klettern*. Diese Zahlen unterstreichen die Notwendigkeit, den KI-Ausbau von Anfang an mit dem Ausbau erneuerbarer Energien zu koppeln.
KI-Ausbau mit Nebenwirkungen: Klima, Ressourcen und gesellschaftliche Konflikte
Der rasante Ausbau von KI-Technologien und Rechenzentren wirft grundlegende Fragen zu Umweltverträglichkeit und gesellschaftlicher Akzeptanz auf. Während die wirtschaftlichen Chancen im Fokus stehen, zeigen aktuelle Daten deutliche ökologische und soziale Herausforderungen auf.
Klimatische und ressourcenbezogene Folgen
Die Energiebilanz der Digitalisierung gibt Anlass zur Sorge. Laut Öko-Institut verbrauchten deutsche Rechenzentren im Jahr 2023 bereits rund 26 Terawattstunden Strom – das entspricht circa fünf Prozent des gesamten deutschen Stromverbrauchs (Stand: 2023)*. Die Prognosen deuten darauf hin, dass sich dieser Verbrauch bis 2030 verdoppeln könnte.
Die globalen Dimensionen verdeutlichen das Problem: Für KI-Rechenzentren allein prognostiziert das Öko-Institut einen weltweiten Anstieg von 50 auf 550 Terawattstunden zwischen 2023 und 2030*. Parallel dazu steigen die Treibhausgas-Emissionen von 212 Millionen Tonnen auf voraussichtlich 355 Millionen Tonnen bis 2030*.
Die Hauptauswirkungen lassen sich zusammenfassen:
- Erhöhte CO2-Emissionen durch gesteigerten Energiebedarf
- Massiver Wasserverbrauch für Kühlsysteme der Rechenzentren
- Gestiegene Anforderungen an Stromnetze und Netzstabilität
Standort- und Sozialfragen
Die Diskussion um KI-Infrastruktur offenbart tiefgreifende Interessenkonflikte. Auf der einen Seite argumentieren Wirtschaftsverbände und Standortlobbyisten für den raschen Ausbau, um Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich zu sichern. Sie warnen davor, dass Deutschland ohne moderne Rechenzentrumsinfrastruktur "ins Hintertreffen geraten" könnte.
Dem stehen Umwelt- und Klimaschutzorganisationen gegenüber, die auf die ökologischen Kosten verweisen. Ihre zentrale Forderung: Klimaziele dürfen nicht zugunsten von KI-Expansion geopfert werden. Besonders der zusätzliche Strombedarf muss durch erneuerbare Energien gedeckt werden – und nicht durch eine Renaissance fossiler Brennstoffe.
In der Bevölkerung wachsen parallel dazu konkrete Sorgen. Eine Umfrage von Algorithmwatch vom 28. Oktober 2025 belegt breite Skepsis gegenüber den geplanten Rechenzentrumsausbauten. Bürgerinnen und Bürger fürchten nicht nur die Umweltauswirkungen, sondern auch potenzielle Versorgungsengpässe bei Strom und Wasser in ihren Regionen. Diese Bedenken sind verständlich, wenn man bedenkt, dass Rechenzentren nicht nur Strom, sondern auch erhebliche Wassermengen für ihre Kühlsysteme benötigen – eine Ressource, die in vielen Regionen Deutschlands bereits knapp wird.
Der Zielkonflikt zwischen wirtschaftlichen Ambitionen und ökologischen Grenzen wird zunehmend sichtbar. Während die einen den KI-Ausbau als Schlüssel für zukünftigen Wohlstand sehen, warnen andere vor den langfristigen Kosten für Klima und natürliche Ressourcen.
Ausblick: Was jetzt politisch und praktisch zu tun ist
Der wachsende Strombedarf durch KI-Anwendungen und Rechenzentren erfordert ein abgestimmtes Vorgehen in Politik und Wirtschaft. Die aktuellen Rahmenbedingungen bieten bereits Ansatzpunkte für konkrete Maßnahmen – sowohl kurzfristig umsetzbar als auch mittelfristig planbar.
Kurzfristige Maßnahmen
Sofort wirksame Schritte konzentrieren sich auf Transparenz und realistische Planung. Eine ehrliche Stromverbrauchsanalyse bildet die Grundlage, um die tatsächlichen Auswirkungen des KI-Hochlaufs auf die Netze zu erfassen. Zudem müssen Ausschreibungsverfahren und Ausbaupfade Puffer für unerwartete Entwicklungen enthalten. Das Energieeffizienzgesetz schafft hier bereits verbindliche Vorgaben: Ab 2024 müssen Rechenzentren bilanziell 50 Prozent Erneuerbare Energien nutzen, ab 2027 steigt diese Quote auf 100 Prozent (Stand: 2024)*. Diese Nachweispflichten zur Herkunft des Stroms gilt es konsequent umzusetzen und zu kontrollieren.
Mittelfristige Planung
Die langfristige Sicherung der Energieversorgung hängt vom beschleunigten Ausbau erneuerbarer Kapazitäten ab. Mit einem Anteil von 61,7 Prozent Erneuerbaren am Strommix (Stand: 2024)* zeigt sich zwar der Fortschritt der Energiewende – für den zusätzlichen Bedarf durch KI und Digitalisierung reicht dies jedoch nicht aus. Der Zubau von Photovoltaik und Windkraft muss deutlich dynamischer verlaufen, parallel dazu ist die Netzinfrastruktur gezielt auszubauen und zu modernisieren. Nur so lassen sich Engpässe vermeiden und die Versorgungssicherheit gewährleisten.
Um die Weichen richtig zu stellen, braucht es zudem aktualisierte Studien und einheitliche Bilanzierungsmethoden. Unterschiedliche Prognosen zum Strombedarf – wie der Vergleich verschiedener 2030-Szenarien zeigt – unterstreichen die Notwendigkeit verlässlicher Daten. Transparente Analysen und verbindliche Vorgaben schaffen Planungssicherheit für Investoren und Betreiber und stellen sicher, dass die Digitalisierung nicht auf Kosten der Klimaziele erfolgt.
Die hier enthaltenen Informationen und Zitate stammen aus einer Pressemitteilung des Bundesverbands Erneuerbare Energie e.V. (BEE).
Weiterführende Quellen:
- „Im Geschäftsjahr 2023 belief sich der Energiebedarf von Rechenzentren in Deutschland auf nahezu 18 Terawattstunden, entsprechend rund 3,7 % des gesamten Stromverbrauchs; Prognosen zufolge könnte dieser Anteil bis 2030 auf 6–7 % (ca. 30–35 TWh) steigen.“ – Quelle: https://www.jll.com/de-de/insights/energie-sicherheit-und-anpassungsfahigkeit-im-fokus
- „Eine Studie des Borderstep-Instituts im Auftrag von Bitkom rechnet mit einem Strombedarf deutscher Rechenzentren von 25 bis 35 TWh im Jahr 2030, wobei andere Szenarien teils deutlich höhere Werte prognostizieren.“ – Quelle: https://www.behoerden-spiegel.de/2025/01/07/genug-strom-fuer-rechenzentren/
- „Das Energieeffizienzgesetz verpflichtet Betreiber ab 2024 zu mindestens 50 % und ab 2027 zu 100 % Strom aus erneuerbaren Energien für Rechenzentren (bilanziell).“ – Quelle: https://consulting.tuv.com/aktuelles/datacenter/enefg-im-rechenzentrum
- „Im Jahr 2024 lag der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch in Deutschland bei 61,7 %; Deutschland führt Europa bei Photovoltaik-Kapazität (100 GW) und steht weltweit bei Offshore-Wind mit 9,2 GW auf Platz drei.“ – Quelle: https://www.jll.com/de-de/insights/energie-sicherheit-und-anpassungsfahigkeit-im-fokus
- „Der Strombedarf deutscher Rechenzentren lag 2023 bei rund 26 TWh (ca. 5 % des Stromverbrauchs) mit einer prognostizierten Verdopplung bis 2030; dies führt zu erhöhtem Wasserverbrauch und steigenden Treibhausgas-Emissionen.“ – Quelle: https://www.oeko.de/news/pressemeldungen/nachhaltige-rechenzentrumsstrategie/
- „Weltweit wird der Stromverbrauch von KI-Rechenzentren von 2023 bis 2030 um das Elffache steigen, von 50 auf 550 TWh; die Treibhausgas-Emissionen in diesem Bereich steigen dabei von 212 Mio. t auf 355 Mio. t (2030).“ – Quelle: https://www.oeko.de/news/pressemeldungen/ki-auf-kosten-des-klimaschutzes-energiebedarf-von-rechenzentren-verdoppelt-sich-bis-2030/
- „In einer Umfrage äußerte die Mehrheit der deutschen Bevölkerung Sorge über den steigenden Strom- und Wasserverbrauch von Rechenzentren und KI-Anwendungen sowie mögliche negative Klima- und Kosteneffekte mit Forderungen nach strengeren Nachweispflichten und Ausbauverpflichtungen.“ – Quelle: https://algorithmwatch.org/de/mehrheit-besorgt-ressourcenverbrauch-rechenzentren/
9 Antworten
„Klimaziele dürfen nicht geopfert werden“ – genau das! Die Politik muss endlich aktiv werden und klare Strategien entwickeln, um den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben. Welche Initiativen gibt es dazu?
„Initiativen“ sind wichtig! Wir sollten alle an einem Strang ziehen und uns stärker für einen nachhaltigen Umgang mit Energie einsetzen. Wie sieht es mit Bildung zu diesem Thema in Schulen aus?
„Energieeffizienzgesetz“ klingt gut, aber wie wird das tatsächlich umgesetzt? Ich mache mir Sorgen über den Wasserverbrauch der Rechenzentren. Wer kümmert sich darum? Sind diese Bedenken auch bei den Verantwortlichen bekannt?
„Wasserverbrauch“ ist ein großes Thema! Wir müssen auch an zukünftige Generationen denken und sicherstellen, dass Ressourcen nicht verschwendet werden. Was können wir als Bürger tun?
Die Skepsis in der Bevölkerung ist absolut gerechtfertigt. Ein Anstieg des Stromverbrauchs auf zehn Prozent bis 2037 ist alarmierend. Wie können wir sicherstellen, dass die Klimaziele nicht gefährdet werden? Gibt es bereits konkrete Lösungen?
Ich denke, dass ohne klare Maßnahmen zur Reduzierung des Energiebedarfs eine echte Gefahr besteht. Sollte die Industrie nicht mehr Verantwortung übernehmen und nachhaltige Lösungen finden?
Ich stimme zu! Es sollte ein Gleichgewicht zwischen technologischem Fortschritt und Umweltschutz geben. Gibt es Beispiele aus anderen Ländern, die diesen Spagat besser meistern?
Die Zahlen über den Strombedarf sind erschreckend. Ich frage mich, ob wir wirklich bereit sind für einen KI-Hochlauf. Wo bleibt der Ausbau erneuerbarer Energien in diesem Zusammenhang? Ich hoffe, dass Politiker dies ernst nehmen.
Ich finde es besorgniserregend, dass Rechenzentren so viel Strom verbrauchen. Warum wird nicht mehr für die Förderung erneuerbarer Energien getan? Was sind die konkreten Schritte der Politik, um hier gegenzusteuern?