Kassenverbände: Entlastung von versicherungsfremden Leistungen gefordert

Kassenverbände fordern: GKV und Pflegeversicherung müssen von versicherungsfremden ...

Berlin, 09.09.2024 – 10:00 (ots) – Inmitten einer sich dramatisch verschärfenden Finanzkrise der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) fordern führende Verbände aus Gesundheitswesen und Sozialversicherungen die dringende Umsetzung bislang unerfüllter Versprechen der Bundesregierung. Der AOK-Bundesverband, der Verband der Ersatzkassen (vdek), der BKK Dachverband, die IKK e.V., KNAPPSCHAFT und die SVLFG appellieren in einer gemeinsamen Initiative an die Regierung, insbesondere die versicherungsfremden Leistungen zu entlasten und notwendige Steuermittel bereitzustellen. Andernfalls, so warnen sie, drohen massive Zusatzbeitragserhöhungen und eine gefährliche Verschlechterung der finanziellen Stabilität beider Versicherungssysteme.

Bremen (VBR). Die alarmierende Finanzkrise der Gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (GKV und SPV) verschärft sich rapide. Die führenden Verbände der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen, darunter der , der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek), der BKK Dachverband e.V., der IKK e.V. sowie KNAPPSCHAFT und SVLFG, fordern die eindringlich auf, ihre politischen Versprechen einzuhalten und dringend notwendige Reformen umzusetzen. Im Fokus steht die Entlastung beider Sozialversicherungssysteme von versicherungsfremden Leistungen durch gezielte Steuerzuschüsse in den laufenden Haushaltsberatungen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach selbst gesteht ein, dass die geplante Krankenhausstrukturreform die Beitragssätze zusätzlichem Druck aussetzt. Die aufgeschobene Finanzierung der Krankenhaus-Investitionskosten stellt jedoch nur einen Teil des Problems dar. Weitere Herausforderungen entstehen durch kostspielige Maßnahmen wie die Aufweichung der AMNOG-Leitplanken, Geheimpreise für Arzneimittel und die Entbudgetierung der Hausärzte. Diese Faktoren treiben die Ausgaben der GKV in Milliardenhöhen und lassen die Finanzierungslücke weiter aufklaffen. Prognosen legen nahe, dass bereits ohne diese zusätzlichen Belastungen 2025 ein Mehrbedarf von 0,5 bis 0,7 Beitragssatzpunkten besteht, was Mitglieder und Arbeitgeber mit bis zu 217 Euro jährlich mehr belasten könnte. Die neuen gesetzlichen Kosten könnten diesen Bedarf zudem um mindestens 0,1 Beitragssatzpunkte erhöhen.

In Anbetracht dieser drohenden finanziellen Katastrophe erneuern die Kassenverbände ihre Forderung, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Entlastungen endlich umzusetzen. Besonders drängen sie auf die Dynamisierung des Bundeszuschusses für versicherungsfremde Leistungen und eine angemessene Finanzierung des Krankenkassenbeitrages für Empfänger des Bürgergeldes. Zudem wird eine Reduktion der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel von 19 auf 7 Prozent vorgeschlagen, um die GKV zu entlasten. Gleichzeitig betonen sie die Notwendigkeit weitreichender Strukturreformen, insbesondere im Krankenhaussektor, zur Verbesserung der Effizienz und Wirtschaftlichkeit.

Ebenso besorgniserregend ist die finanzielle Lage der Sozialen Pflegeversicherung (SPV). Trotz kürzlich vorgenommener Reformen und einer Beitragssatzerhöhung zum 1. Juli 2023 sind die Mittel bereits erschöpft. Die Absenkung der Ausgabendeckungsquote hat lediglich kurzfristig Liquidität gesichert, doch für das laufende Jahr rechnen die Pflegekassen mit einem Defizit von etwa 1,5 Milliarden Euro, welches im Jahr 2025 drastisch auf mindestens 3,4 Milliarden Euro anwachsen könnte. Auch hier droht eine Beitragssatzerhöhung, sollte der Gesetzgeber nicht zeitnah handeln.

Bisher mangelte es der Bundesregierung an entscheidender Handlungsstärke, um nachhaltige Lösungen für die prekäre Finanzlage der Pflegeversicherung zu finden. Die bisherigen Maßnahmen erweisen sich als unzureichend. Dringend erforderlich ist unter anderem die Refinanzierung pandemiebedingter Kosten in Höhe von 5,5 Milliarden Euro, die bislang auf den Pflegekassen lasten, sowie die steuerliche Gegenfinanzierung der Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige, da dies eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist.

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Die Forderungen der Verbände sind klar: Der Staat muss seiner Verantwortung gerecht werden und in den aktuellen Haushaltsberatungen ausreichend Steuermittel zur Stabilisierung der Kranken- und Pflegeversicherung bereitstellen. Andernfalls steht die Existenzsicherung grundlegender sozialer Sicherungssysteme auf dem Spiel – Systeme, die fast 74 Millionen Menschen verlassen können müssen.

Im Interesse von Millionen Versicherten und Arbeitnehmern ist nun schnelles und entschlossenes Handeln notwendig. Nur so kann das Vertrauen in stabile und zuverlässige soziale Sicherungssysteme bewahrt werden.


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Finanzkrisen der Sozialversicherungen: Ein Blick auf historische Parallelen und zukünftige Entwicklungen

Die aktuelle Situation der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) erinnert stark an vergangene Krisenphasen im deutschen Sozialversicherungssystem. Bereits in den 1990er Jahren gab es ähnliche Signale wirtschaftlicher Schieflagen, die durch strukturelle Reformen und staatliche Eingriffe zumindest temporär stabilisiert werden konnten. Historisch betrachtet häufen sich diese Finanzlücken insbesondere dann, wenn umfangreiche gesetzgeberische Maßnahmen ohne hinreichende Gegenfinanzierung beschlossen werden. Im Jahr 2003 führte beispielsweise die Einführung des „Gesundheitsmodernisierungsgesetzes“ zu einer vorübergehenden Entlastung der Krankenkassen, jedoch ohne langfristig tragfähige Lösungen zu etablieren.

Vergleichbare Ereignisse und deren Folgen

Ein vergleichbares Beispiel bildet die Finanzkrise der gesetzlichen Versicherungssysteme nach der Wiedervereinigung Deutschlands, als nicht nur die GKV, sondern auch andere Sozialversicherungszweige mit erheblichen finanziellen Herausforderungen konfrontiert waren. Damals wie heute forderten die Kassenverbände von der die Übernahme versicherungsfremder Leistungen durch Steuermittel, um die Stabilität der Beitragssätze zu gewährleisten.

Ein häufig zitiertes Modell, das auch aktuell wieder ins Gespräch gebracht wird, ist die Schweizer Krankenversicherung. In der Schweiz liegt die Finanzierung der Gesundheitskosten teilweise auf Länderebene, was zu einer Entlastung der nationalen Haushalte führt und gleichzeitig eine effiziente regionale Verwaltung ermöglicht. Dieses Modell könnte als Inspiration für die deutsche Diskussion dienen, wenn es darum geht, langfristige und nachhaltige Lösungsansätze zu entwickeln.

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Prognosen und zukünftige Entwicklungen

Analysen deuten darauf hin, dass ohne nachhaltige Reformen die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben in der Sozialversicherung weiter auseinanderdriften wird. Bereits jetzt wird prognostiziert, dass sich die demografische Entwicklung Deutschlands, gekennzeichnet durch eine alternde Bevölkerung, negativ auf die Finanzierungsbasis der GKV und SPV auswirken wird. Diese Entwicklung zwingt politisch Verantwortliche, über grundlegende Strukturreformen nachzudenken, die die Effizienz der Gesundheitssysteme erhöhen und gleichzeitig die Qualität der Versorgung sicherstellen.

Es besteht die Gefahr, dass kontinuierlich steigende Beitragssätze soziale Ungleichgewichte verstärken könnten. Eine mögliche Lösung könnte hierin die stärkere Verlagerung von Finanzierungslasten auf Steuerfinanzierungen sein, wie sie von den Verbänden vorgeschlagen wird. Dies würde die Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichmäßig entlasten und möglicherweise einen größeren gesellschaftlichen Konsens finden. Eine weitere denkbare Maßnahme wäre die Förderung präventiver Gesundheitsmaßnahmen, wodurch Langzeitkosten reduziert und die allgemeine der Bevölkerung verbessert werden könnten.

Notwendigkeit transformativer Maßnahmen

Die gegenwärtigen Forderungen der Krankenkassenverbände nach einer Dynamisierung des Bundeszuschusses und der Refinanzierung pandemiebedingter Kosten spiegeln das dringende Bedürfnis wider, grundlegende finanzielle und strukturelle Reformen durchzuführen. Insbesondere die Frage der Finanzierung der Krankenhausstrukturen wird zukünftig zentral sein, da hier erheblicher Investitionsbedarf besteht, der über kurzfristige Flickschusterei hinausgeht.

Die politischen Entscheidungsträger stehen vor der Herausforderung, die Balance zwischen kurzfristiger Finanzstabilität und langfristiger Effizienzsteigerung zu finden. Hierin könnten Digitalisierungsinitiativen, wie beispielsweise die elektronische Patientenakte oder telemedizinische Dienste, wichtige Rollen spielen, indem sie zu einer effizienteren Ressourcennutzung beitragen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Finanzkrisen der Sozialversicherungssysteme keine neuen Phänomene sind, jedoch eine entschlossene und weitsichtige politische Reaktion erfordern. Nur durch substanzielle und nachhaltige Maßnahmen können die Systeme langfristig stabilisiert und die gesteckten gesundheitspolitischen Ziele erreicht werden. Es bleibt zu hoffen, dass die derzeitigen Beratungen im Bundestag zu konkreten und zukunftsorientierten Beschlüssen führen, die die Belastungen der Versicherten minimieren und die sozialen Sicherungssysteme für kommende Generationen sichern.

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10 Antworten

  1. ich find das alles sehr kompliziert. warum können die das nicht einfach machen? immer diese Probleme mit den Beiträgen.

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