– VDI fordert moderne Curricula mit KI-, Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitskompetenzen.
– Innovative Lehrmethoden und stärkere Hochschul-Industrie-Verzahnung sollen Fachkräftemangel bekämpfen.
– Demografie und Babyboomer-Ruhestand verschärfen Ingenieurnachwuchs-Lücke bei nur 90.000–100.000 Absolventen.
Ingenieurausbildung in Deutschland braucht mehr Zukunftskompetenzen
(Düsseldorf, 07.10.2025) Der VDI fordert eine zügige Neuausrichtung der Ingenieurausbildung in Deutschland. Aktuelle Curricula sollten um Kompetenzen aus Technologiefeldern wie Künstlicher Intelligenz, Digitalisierung und Nachhaltigkeit erweitert werden. Ebenso wichtig sind Methodenkompetenzen, etwa im interdisziplinären Arbeiten, die verstärkt in die Hochschullehre integriert werden müssen. „Die Ingenieurausbildung ist auf einem hohen Niveau in Deutschland. Wir dürfen jedoch nicht an alten Curricula festhalten. Kompetenzen aus Technologiefeldern wie Künstlicher Intelligenz, Digitalisierung, Nachhaltigkeit sowie Methodenkompetenzen, z. B. im Bereich des interdisziplinären Arbeitens, müssen fester Bestandteil der Hochschullehre in unserem Land werden“, erklärt VDI-Direktor Adrian Willig.
Die derzeitige Situation offenbart deutliche Herausforderungen: Laut dem VDI/IW-Ingenieurmonitor sind über 106.000 Stellen im Ingenieur- und IT-Wesen unbesetzt (Stand: Q2/2025). Demgegenüber stehen lediglich 90.000 bis 100.000 jährlich graduierte Ingenieurinnen und Ingenieure (Stand: 07.10.2025). Die demografische Entwicklung verschärft den Fachkräftemangel zusätzlich.
Neben der quantitativen Lücke existiert auch ein qualitativer Engpass bei den sogenannten Soft Skills. Eine Befragung im Rahmen der Umfrage „Innovation@Risk“ unter VDI Young Engineers zeigt, dass knapp 50 Prozent der Studierenden und Young Professionals mit dem Anteil der erlernten Soft Skills unzufrieden sind (Stand: 07.10.2025). Wichtige Fähigkeiten wie Kommunikationsfähigkeit, Zeitmanagement, Präsentationskompetenz sowie interdisziplinäres Denken werden nicht ausreichend vermittelt.
Prof. Antonia Kesel, Vorsitzende des Berufspolitischen Beirats beim VDI, unterstreicht die Dringlichkeit weiterer Maßnahmen: „Mit den richtigen Kompetenzen sichern wir nicht nur die Innovationskraft Deutschlands, sondern auch die wirtschaftliche Stärke unseres Standortes“. Zudem mahnt sie an: „Wir brauchen dringend Tempo bei der Transformation der Ingenieurausbildung und der Verzahnung von Hochschule und Wirtschaft.“
Die klare Botschaft des VDI lautet, die Ingenieurausbildung konsequent an die Anforderungen der Zukunft anzupassen. Moderne Lehrmethoden, praxisnahe Formate und eine engere Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Industrie sollen sicherstellen, dass Absolventen die Kompetenzen erhalten, die der dynamische Arbeitsmarkt fordert. Nur so lässt sich die Innovationskraft Deutschlands langfristig erhalten und der Fachkräftemangel nachhaltig eindämmen.
Warum Future Skills jetzt den Unterschied machen
Im globalen Technologiewettbewerb gerät Deutschland zunehmend unter Druck. Insbesondere die USA und China treiben Innovationen in Schlüsselbereichen mit hohem Tempo voran. Zugleich wachsen wirtschaftliche und demografische Herausforderungen, die den Bedarf an qualifizierten Fachkräften erhöhen. Ohne eine gezielte und zukunftsorientierte Qualifizierung drohen Lücken bei der Entwicklung und Anwendung von Schlüsseltechnologien. Der „Future of Jobs Report 2025“ zeigt deutlich, dass Beschäftigungswachstum vor allem in Zukunftsfeldern entsteht, die Deutschland strategisch besetzen muss.
Diese Felder wachsen laut WEF
Der Bericht nennt konkret Branchen, die maßgeblich die Arbeitswelt von morgen prägen:
- Robotik
- Erneuerbare Energien
- Autonomes Fahren
- Big Data
- Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen
- Softwareentwicklung
- Cybersecurity
Gerade in diesen Bereichen erwarten Experten ein deutliches Beschäftigungswachstum (Stand: 2025). Deutschland muss seine Qualifizierung darauf ausrichten, um international wettbewerbsfähig zu bleiben.
Brücke zwischen Fachwissen und Soft Skills
Für Hochschulen und Bildungseinrichtungen folgt daraus eine doppelte Aufgabe: Neben der Vermittlung fundierter Fachkenntnisse in den genannten Zukunftstechnologien gewinnen Soft Skills wie interdisziplinäres Arbeiten, Kommunikationsfähigkeit und Flexibilität an Bedeutung. Sie ermöglichen es den Absolventinnen und Absolventen, sich schneller in dynamischen Innovationszyklen zurechtzufinden. Die Praxis verlangt nicht nur technisches Know-how, sondern auch die Fähigkeit, in komplexen Teams über Fachgrenzen hinweg Lösungen zu entwickeln.
Deutschland steht vor der Herausforderung, das Zusammenspiel von technischem Fachwissen und sozialen Kompetenzen systematisch in die Lehre zu integrieren. Nur so lassen sich die Bedürfnisse eines sich rasant verändernden Arbeitsmarkts erfüllen. Die Konkurrenz drängt, der Wandel wartet nicht – deswegen entscheidet sich Erfolg heute auch an der Qualität und Modernität der Ausbildung.
Konkrete Empfehlungen des VDI für die Ingenieurausbildung der Zukunft
Der VDI hat mit seinem Impulspapier „Impulse zur Bildung und Qualifikation der Zukunft“ klare Schritte formuliert, um die Ingenieurausbildung den aktuellen und künftigen Anforderungen anzupassen. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, Zukunftskompetenzen im Studium zu verankern, neue Lehrmethoden zu etablieren, die Verbindung zwischen Hochschulen und Wirtschaft zu stärken und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Folgende Empfehlungen benennt der VDI konkret:
- Zukunftskompetenzen systematisch verankern: Ausbau interdisziplinärer Studienmodelle, Integration von KI- und Digitalisierungsthemen sowie Anerkennung von Microcredentials im Zuge von Weiterbildung und lebenslangem Lernen.
- Innovative Lehrmethoden fördern: Einsatz von KI-gestütztem Lernen, Augmented Reality und virtuellen Laboren, kombiniert mit praxisnahen Formaten wie Challenge Based Learning. Lernen durch praxisbezogene Herausforderungen fördern.
- Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft stärken: Bedarf der Unternehmen muss schneller in die Studieninhalte einfließen, um Absolventen und Absolventinnen optimal auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten.
- Fachkräftemangel gezielt gegenwirken: Mehr Studierende für Ingenieurfächer gewinnen, Frauenanteil erhöhen und internationale Talente langfristig binden.
Diese Maßnahmen schaffen Vorteile für alle Beteiligten: Studierende erhalten eine praxisnähere und zukunftsorientierte Ausbildung, die besser auf die rasanten technologischen Veränderungen abgestimmt ist. Hochschulen profitieren durch engere Abstimmung mit der Wirtschaft, was sowohl die Aktualität der Curricula als auch die Attraktivität der Studiengänge erhöht. Unternehmen wiederum erhalten besser qualifizierte Fachkräfte, die auf die Anforderungen des Marktes vorbereitet sind und Innovationen vorantreiben. So lassen sich Ausbildung und Arbeitsmarkt effektiver miteinander verknüpfen und die technologische Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärken.
Tempo und Innovation in der Einführung neuer Studiengänge
Die Einführung neuer Studiengänge in Deutschland folgt einem mehrstufigen Verfahren, das sowohl rechtliche als auch organisatorische und inhaltliche Anforderungen berücksichtigt. Dieser Prozess erweist sich als zeitintensiv: Realistisch sind Einführungszeiten von 1,5 bis 3 Jahren (Stand: 07.10.2025). Diese Dauer ergibt sich aus der Notwendigkeit, sicherzustellen, dass die Qualität der Ausbildung hoch bleibt und die Curricula sorgfältig an die Anforderungen verschiedener Fachbereiche und Bundesländer angepasst werden.
Der technologische Wandel vollzieht sich derzeit mit hoher Geschwindigkeit. Dies führt dazu, dass Hochschulen oft erst mit Verzögerung auf neue Kompetenzen und Marktbedarfe reagieren können. Genau hier setzt ein wichtiger Ansatz an: Die Integration von flexiblen Bausteinen in die Lehre, wie es Microcredentials ermöglichen. Diese modularen Qualifikationen lassen sich schneller entwickeln und ergänzen traditionelle Studienangebote, um aktuelle Entwicklungen zügiger abzubilden.
Prof. Antonia Kesel von der Hochschule Bremen bringt es auf den Punkt: „Die Qualität der Ausbildung spricht für den Prozess, jedoch sollten Anpassungen in einer gewissen Geschwindigkeit umsetzbar sein, sodass aktuelle Bedarfe aufgrund des sich beschleunigten technologischen Wandels in die Ausbildung einfließen können. Ein Mittel dazu sind Microcredentials“. Dieser Ansatz verbindet die Sicherung hoher Standards mit der erforderlichen Agilität. Microcredentials ermöglichen eine gezielte und schnelle Vermittlung spezieller Fähigkeiten, die Ingenieurinnen und Ingenieure brauchen, um in immer komplexeren und digitalisierten Arbeitsumfeldern bestehen zu können.
Damit die Ausbildung zukunftsfähig bleibt, arbeitet der VDI weiterhin daran, die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Wirtschaft und Politik zu stärken. Im nächsten Schritt stehen Pilotmodule für Microcredentials, intensive Kooperationsprojekte sowie die Anerkennung dieser flexiblen Lernbausteine im Fokus. Auf diese Weise lassen sich nicht nur Anpassungen beschleunigen, sondern auch das gesamte Bildungsangebot systematisch modernisieren.
Die nachfolgenden Angaben und Zitate stammen aus einer Pressemitteilung des VDI e. V. (Verein Deutscher Ingenieure).
Weiterführende Quellen:
- „Der Future of Jobs Report 2025 des Weltwirtschaftsforums prognostiziert für Ingenieurberufe ein Beschäftigungswachstum in Zukunftsfeldern wie Robotik, erneuerbare Energien, autonomes Fahren, Big Data, Künstliche Intelligenz/Maschinelles Lernen, Softwareentwicklung und Cybersecurity (Stand: 2025).“ – Quelle: https://www.elektroniknet.de
8 Antworten
Die Forderung nach modernen Curricula ist nachvollziehbar. Ich frage mich jedoch: Wie kann man sicherstellen, dass die Qualität der neuen Inhalte hoch bleibt?
Das ist ein guter Punkt! Vielleicht sollten wir mehr Feedback von Studierenden einholen.
Wichtig, dass die neuen Methoden auch wirklich effektiv sind und nicht nur trendy aussehen.
Es ist traurig zu hören, dass so viele Ingenieurstellen unbesetzt sind. Was können wir tun, um mehr junge Leute für diesen Beruf zu begeistern?
Die Idee mit der engeren Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft klingt gut. Aber wie schnell könnte das tatsächlich umgesetzt werden? Gibt es da schon Beispiele?
Ich denke, es gibt einige Initiativen, aber oft dauert alles zu lange. Wir brauchen dringend Lösungen für den Fachkräftemangel!
Ich finde es wichtig, das Ingenieurausbildung an die neuen Technologien anzupassen. Was denkt ihr über die Rolle von Künstlicher Intelligenz in der Ausbildung? Glaubt ihr, dass das wirklich helfen kann?
Ja, ich glaube schon! Aber wie können wir sicherstellen, dass die Ausbildung auch auf Soft Skills fokussiert? Das ist ja auch wichtig.