Ingenieurarbeitsmarkt 2025: Fachkräftemangel trotz Konjunkturflaute – VDI-Analyse mit aktuellen Zahlen

Der Arbeitsmarkt für Ingenieur- und Informatikberufe zeigt eine Abkühlung: Die Zahl offener Stellen sank im zweiten Quartal 2025 um 22,1 Prozent auf 106.310, während die Arbeitslosigkeit in diesen Berufen um 19,1 Prozent auf 54.926 Personen stieg – der höchste Stand seit 2011. Trotz der konjunkturellen Schwäche bleibt der Fachkräftemangel akut, besonders in Bau, Energie- und Elektrotechnik sowie Maschinenbau.
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Inhaltsübersicht

– Offene Stellen für Ingenieure sanken im zweiten Quartal 2025 um 22,1 Prozent
– Arbeitslosigkeit in Ingenieur- und IT-Berufen erreicht höchsten Stand seit 2011
– Fachkräftemangel bleibt trotzdem akut, besonders in Bau und Elektrotechnik

Ingenieurmangel trotz Konjunkturflaute: Fachkräftelücke bleibt akut

Der deutsche Arbeitsmarkt für Ingenieur- und Informatikberufe zeigt im zweiten Quartal 2025 gemischte Signale. Aktuelle Daten des VDI-/IW-Ingenieurmonitors belegen eine spürbare Abkühlung: Die Zahl offener Stellen sank gegenüber dem Vorjahr um 22,1 Prozent auf 106.310 unbesetzte Positionen (Stand: Q2/2025). Gleichzeitig stieg die Arbeitslosigkeit in diesen Berufszweigen um 19,1 Prozent auf 54.926 Personen – der höchste Wert seit Beginn der Datenerfassung im Jahr 2011 (Stand: Q2/2025).

Trotz dieser konjunkturellen Dämpfung bleibt der Fachkräftemangel eine zentrale Herausforderung. Die Engpasskennzahl, die das Verhältnis zwischen offenen Stellen und Arbeitslosen abbildet, liegt bei 194 unbesetzten Positionen pro 100 arbeitslosen Fachkräften (Stand: Q2/2025). Besonders ausgeprägt sind die Engpässe in den Ingenieurberufen Bau, Vermessung, Gebäudetechnik und Architektur mit 314 offenen Stellen pro 100 Arbeitslosen, gefolgt von Energie- und Elektrotechnik (284) sowie Maschinen- und Fahrzeugtechnik (222) (Stand: Q2/2025).

„Die schwächelnde Wirtschaft beeinflusst auch den Ingenieurarbeitsmarkt, die Lücke bei den Fachkräften schließt sich damit jedoch nicht“, analysiert VDI-Arbeitsmarktexperte Ingo Rauhut. „In wichtigen Branchen wie Bau, Energie- und Elektrotechnik oder Maschinenbau sind qualifizierte Fachkräfte weiterhin sehr gesucht.“

Hintergrund: Wer füllt die Lücke?

Der deutsche Ingenieurmarkt steht vor einer dreifachen Herausforderung: Internationale Fachkräfte gewinnen an Bedeutung, während die Zahl der Studierenden in Ingenieurwissenschaften zurückgeht und gleichzeitig der altersbedingte Abgang Tausende erfahrener Fachkräfte aus dem Berufsleben zieht. Diese Entwicklungen formen das langfristige Angebot an Ingenieurtalenten und bestimmen die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland.

Internationale Fachkräfte

Ausländische Ingenieure haben sich zu einer tragenden Säule des deutschen Arbeitsmarkts entwickelt. Zwischen 2012 und September 2023 stieg ihre Zahl um 146,6 Prozent*. Diese Entwicklung zeigt, wie stark Deutschland bereits auf internationale Expertise angewiesen ist, um den Fachkräftebedarf zu decken.

Studien- und Absolvententrends

Parallel zur wachsenden Bedeutung internationaler Fachkräfte zeigt sich bei den einheimischen Studierenden eine gegenläufige Entwicklung. Seit dem Wintersemester 2020/21 ist die Zahl der Studierenden in Ingenieurwissenschaften von 783.000 auf 749.000 gesunken*. Dieser Rückgang wirkt sich langfristig auf das verfügbare Fachkräftepotenzial aus und verschärft die Nachwuchsproblematik.

Hinzu kommt die demografische Herausforderung: Bis 2034 werden laut Schätzungen des Instituts der deutschen Wirtschaft rund 340.000 Fachkräfte in MINT-Berufen altersbedingt ausscheiden*. Diese dreifache Belastung – steigende internationale Abhängigkeit, sinkende Studierendenzahlen und massiver Erfahrungsabgang – verdeutlicht, warum der Ingenieurmangel trotz aktueller Konjunktursorgen eine langfristige strukturelle Herausforderung bleibt.

Wichtige Zahlen im Vergleich

Der Ingenieurarbeitsmarkt zeigt ein komplexes Bild mit unterschiedlichen Entwicklungen in verschiedenen Bereichen. Während aktuelle Daten aus dem zweiten Quartal 2025 eine Abkühlung signalisieren, verdeutlichen längerfristige Vergleiche die strukturelle Bedeutung der Ingenieurberufe für die deutsche Wirtschaft.

Die Engpasskennzahlen des ersten Quartals 2024 zeigen bereits deutliche Unterschiede zwischen den Fachrichtungen: In der Energie- und Elektrotechnik standen 558 offene Stellen 100 arbeitslosen Fachkräften gegenüber (Stand: Q1/2024). Die Bau-, Vermessungs-, Gebäudetechnik- und Architekturberufe verzeichneten eine Kennzahl von 433, während Maschinen- und Fahrzeugtechnik bei 368* und Informatik bei 303* lagen. Der Gesamtwert für Ingenieurberufe betrug 333 offene Stellen pro 100 Arbeitslose (Stand: Q1/2024)*.

Diese älteren Quartalswerte unterscheiden sich deutlich von den aktuelleren Entwicklungen des zweiten Quartals 2025, die in der Pressemitteilung des VDI dokumentiert sind.

Entwicklung der offenen Stellen

  • 2019: 131.200 offene Stellen*
  • 2024: 148.200 offene Stellen*

Die Zahl der arbeitslos gemeldeten Ingenieurberufe stieg im Jahresdurchschnitt 2024 auf 40.000 Personen – ein Anstieg um 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr*. Die Arbeitslosenquote lag bei 3,5 Prozent (Stand: Jahresdurchschnitt 2024)*.

Aktuelle Daten für 2025 zeigen eine durchschnittliche Arbeitslosenquote von 3 Prozent für Ingenieur:innen*. Auf jede arbeitslose Person kommen etwa 333 offene Stellen (Stand: 2025)*.

Im ersten Halbjahr 2025 ging die Zahl ausgeschriebener Ingenieurstellen um 10 Prozent zurück*. Gleichzeitig sanken die offenen Stellen im Gesamtmarkt von 6,3 auf 5,6 Millionen (Stand: 1. Halbjahr 2025)*.

Ein besonderer Befund kommt aus dem Maschinenbau: Dort besteht Stand Mai 2025 aktuell kein Fachkräftemangel mehr.

Demografie und Qualifikation entwickeln sich positiv: Laut Mikrozensus verfügten 2024 rund 1,9 Millionen Menschen über einen Ingenieurabschluss – 8 Prozent mehr als noch 2021 (Stand: 2024)*.

Zeitreihen & Vergleichswerte

Jahr Kennzahl/Region Wert Einheit Quelle/Stand
Q1/2024 Engpasskennzahl Bau/Vermessung/Gebäudetechnik/Architektur 433 offene Stellen pro 100 Arbeitslose Q1/2024*
Q1/2024 Engpasskennzahl Energie- und Elektrotechnik 558 offene Stellen pro 100 Arbeitslose Q1/2024*
Q1/2024 Engpasskennzahl Maschinen- und Fahrzeugtechnik 368 offene Stellen pro 100 Arbeitslose Q1/2024*
Q1/2024 Engpasskennzahl Informatik 303 offene Stellen pro 100 Arbeitslose Q1/2024*
2019 Offene Stellen Ingenieurberufe 131.200 Anzahl 2019*
2024 Offene Stellen Ingenieurberufe 148.200 Anzahl 2024*
2024 Arbeitslose Ingenieurberufe 40.000 Personen Jahresdurchschnitt 2024*
1. Halbjahr 2025 Rückgang Ingenieurstellen 10 Prozent 1. Halbjahr 2025*

Ingenieurmangel trifft Infrastruktur und Innovation

Der Fachkräftemangel bei Ingenieuren bleibt keine abstrakte Statistik – er wirkt sich direkt auf zentrale Lebensbereiche aus. Wenn Brücken saniert, Windparks geplant oder digitale Netze ausgebaut werden müssen, fehlen die Fachleute für die Umsetzung. Gleichzeitig sinken die Studierendenzahlen in ingenieurwissenschaftlichen Fächern von 783.000 im Wintersemester 2020/21 auf 749.000 im Wintersemester 2023/24*. Weniger Erstsemester bedeuten langfristig weniger Absolventen, die die Lücken schließen könnten.

Die konkreten Folgen zeigen sich in verschiedenen Bereichen:

  • Bauprojekte und Infrastruktur: Verzögerungen bei Wohnungsbau, Brückensanierungen und Verkehrsprojekten
  • Energiewende: Verlangsamter Ausbau erneuerbarer Energien und Stromnetze
  • Digitale Transformation: Gedämpfte Innovationskraft bei Digitalisierungsvorhaben

Aktuell zeichnet sich jedoch ein differenziertes Bild: Während in Bereichen wie Bauwesen und Elektrotechnik weiterhin Engpässe bestehen, meldet die Bundesagentur für Arbeit für den Maschinenbau aktuell keine Mangelsituation. Diese branchenspezifische Entspannung darf nicht über die grundsätzliche Problemlage hinwegtäuschen. Kurzfristige Konjunkturschwankungen können Stellenangebote reduzieren, lösen aber das strukturelle Nachwuchsproblem nicht. Die demografische Projektion zeigt eindeutig: Ohne gezielte Gegenmaßnahmen werden die Fachkräftelücken in den kommenden Jahren wieder zunehmen und die Umsetzung wichtiger Zukunftsprojekte gefährden.

Ausblick & Handlungsfelder

Der Ingenieurarbeitsmarkt zeigt aktuell gemischte Signale. Während die Stellenausschreibungen im ersten Halbjahr 2025 zurückgingen, bleiben die strukturellen Engpässe bestehen. Drei zentrale Handlungsfelder erfordern daher weiterhin politische und gesellschaftliche Aufmerksamkeit.

Im Bildungsbereich zeigt der Rückgang der Studierendenzahlen im Wintersemester 2023/24* die Dringlichkeit, Studiengänge attraktiver zu gestalten. Curricula müssen stärker an digitale und nachhaltige Zukunftskompetenzen angepasst werden. Gleichzeitig braucht es gezielte Aufnahmeförderung, um junge Menschen für ein Ingenieurstudium zu gewinnen. Die internationale Integration gewinnt weiter an Bedeutung. Die Zuwanderung ausländischer Ingenieure trägt bereits spürbar zur Entlastung des Arbeitsmarkts bei*. Um dieses Potenzial voll auszuschöpfen, sind flankierende Maßnahmen wie Sprachförderung, zügige Anerkennung ausländischer Abschlüsse und klare Bleibeperspektiven entscheidend.

Angesichts möglicher konjunktureller Schwankungen müssen Weiterbildung und Umschulung gestärkt werden. Unternehmen und Politik können durch gezielte Förderprogramme sicherstellen, dass Ingenieure ihre Qualifikationen an neue Technologien und Marktanforderungen anpassen. Diese Flexibilität hilft, auch in volatilen Phasen Fachkompetenz im Land zu halten. Zusammengefasst deuten die Daten zwar auf kurzfristige Entspannung hin, doch die demografischen und strukturellen Risiken für den Ingenieurstandort Deutschland bleiben bestehen.

Alle in diesem Beitrag verwendeten Informationen und Zitate stammen aus der Pressemitteilung des VDI e. V.

Weiterführende Quellen:

9 Antworten

  1. …und woher kommen diese ausländischen Ingenieure? Das zeigt doch auch, dass unser Bildungssystem nicht ausreicht! Was denkt ihr über mehr internationale Kooperationen in der Ausbildung?

    1. …ja genau! Und ich denke auch, dass wir da viel lernen können! Mehr Austauschprogramme könnten helfen!

  2. Ich bin überrascht von den hohen Zahlen der unbesetzten Stellen trotz steigender Arbeitslosigkeit. Es zeigt doch, dass wir als Gesellschaft ein großes Problem haben. Wie können wir das ändern?

    1. …und wie steht es um die Weiterbildungsmöglichkeiten für bereits berufstätige Ingenieure? Das sollte doch auch eine Lösung sein!

  3. Es ist interessant zu sehen, wie internationaler Fachkräftebedarf steigt, während heimische Studierendenzahlen sinken. Was könnte der Grund dafür sein? Ich denke, das Bildungssystem muss dringend reformiert werden.

    1. Ich stimme zu! Wir brauchen dringend mehr Anreize für junge Menschen, Ingenieurwissenschaften zu studieren. Vielleicht durch Stipendien oder bessere Informationsangebote in Schulen.

    2. Ja genau! Außerdem sollten wir die Ausbildung attraktiver gestalten, um zukünftige Generationen nicht zu verlieren. Die Branche braucht frisches Denken!

  4. Die Zahlen sind wirklich alarmierend. Ich habe gelesen, dass die demografische Entwicklung auch ein großes Problem ist. Was denkt ihr über mögliche Lösungen? Vielleicht sollte man mehr junge Menschen für technische Berufe begeistern.

  5. Ich finde es sehr besorgniserregend, dass die Arbeitslosigkeit in Ingenieurberufen so hoch ist. Woher sollen die Unternehmen die Fachkräfte nehmen, wenn so viele Leute ohne Arbeit sind? Gibt es nicht mehr Möglichkeiten für Quereinsteiger?

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