– SpiFa, BVKJ und BNKD fordern gesetzgeberische Nachbesserung der Hybrid-DRG zur Ambulantisierung.
– Kritik an unzureichender Sachkostenfinanzierung, umfangreicher Bürokratie und Ausschlüssen vulnerabler Gruppen.
– Forderungen: EBM-niveau-Vergütung, vollständige Sachkostenerstattung und Aufhebung von Gruppenausschlüssen.
Hybrid-DRG in der Kritik: Verbände fordern Nachbesserungen für mehr Ambulantisierung
Deutschland steht bei der Verlagerung medizinischer Leistungen von stationären in ambulante Einrichtungen im internationalen Vergleich weiterhin zurück. Die jüngsten Änderungen im Rahmen des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes haben die Lage laut den Verbänden sogar verschärft. Der Spitzenverband Fachärztinnen und Fachärzte (SpiFa), der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) sowie der Bundesverband niedergelassener Kinderchirurgen (BNKD) warnen eindringlich vor negativen Folgen für die Versorgung, besonders von Kindern und Jugendlichen. Sie fordern den Gesetzgeber auf, die bisherigen Bremser bei der Ambulantisierung zu lösen, um unnötige und belastende stationäre Aufenthalte zu vermeiden.
Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des SpiFa, bringt die Problematik auf den Punkt: „Was mit der Hybrid-DRG als Chance für mehr Ambulantisierung begann, droht durch Fehlanreize, bürokratische Hürden und fragwürdige Ausschlüsse ins Gegenteil verkehrt zu werden.“ Die ursprünglich vorgesehene Gleichberechtigung von stationären und ambulanten Leistungserbringern sei bisher nicht erreicht worden. Das schade nicht nur den ambulant tätigen Fachärztinnen und Fachärzten, sondern vor allem den Patientinnen und Patienten, die mit ihren Beiträgen das System tragen.
Für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen sieht Dr. Michael Hubmann vom BVKJ eine große Chance in der besseren Nutzung der Hybrid-DRG: „Die Entwicklung von Hybrid-DRG bedeutet eine große Chance für schwerpunktpädiatrische Praxen, in Zukunft auch komplexe Leistungen unabhängig von einer Klinik anbieten zu können. Ein Flaschenhals in der Versorgung schwer chronisch kranker und behinderter Kinder und Jugendlicher würde so geweitet und die Ressourcen von Kinderkliniken und Schwerpunktpraxen im Interesse der Familien besser genutzt.“ Damit könnten Praxen mehr Verantwortung übernehmen und Familien entlastet werden.
Dr. Ralf Lippert, Vorsitzender des BNKD, hebt hervor, dass ambulante Behandlungen insbesondere für Kinder erhebliche Vorteile bringen: „Kinder profitieren enorm von ambulanten Behandlungen und regenerieren in der häuslichen Umgebung nachgewiesenermaßen schneller. Darüber hinaus sind und waren ambulante Behandlungen stets günstiger und qualitativ mindestens ebenbürtig zu stationären Behandlungen.“ Er weist darauf hin, dass niedergelassene Kinderchirurginnen und -chirurgen seit Jahren erfolgreich Operationen ambulant durchführen. „Sie haben hocheffektive und gut funktionierende, teilweise zertifizierte OP-Zentren geschaffen. Sie nun erneut durch Abschaffung der Hybrid-DRG im Kindesalter zu benachteiligen, konterkariert dieses Engagement.“
Die Verbände kritisieren vor allem drei Aspekte:
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Eine unzureichende Finanzierung der Sachkosten, insbesondere bei Leistungen mit hohen Kosten für Implantate, die teilweise unter dem Niveau der regulären ambulanten Vergütung liegen. Die variable Sachkosten müssten separat erstattet werden.
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Eine erhöhte bürokratische Belastung durch neue Abrechnungsregelungen, die digitale Abrechnungsprozesse erschweren. Eine bundeseinheitliche Regelung seitens des GKV-Spitzenverbandes wäre praxisnäher und wirksamer.
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Die gesetzlichen Ausschlüsse für vulnerable Gruppen, insbesondere Kinder, Jugendliche und Menschen mit Behinderung. Diese Ausschlüsse seien fachlich nicht nachvollziehbar und behinderten gerade jene, die besonders von Ambulantisierung profitieren würden.
Vor diesem Hintergrund fordern SpiFa, BVKJ und BNKD eine Anpassung der Hybrid-DRG-Kalkulation, damit die Vergütung das Niveau des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) übersteigt. Außerdem verlangen sie die Aufhebung der Ausschlüsse für besonders schutzbedürftige Patienten und eine Stärkung der ambulant tätigen Fachärztinnen und Fachärzte bei der Auswahl und Durchführung sektorengleich vergüteter Leistungen. Ziel ist es, die Ambulantisierung voranzutreiben und eine patientenorientierte, wirtschaftlich tragfähige Versorgung sicherzustellen.
Hybrid-DRG und Ambulantisierung: Warum schnelle Reformen nötig sind
Im deutschen Gesundheitssystem gewinnt die Ambulantisierung zunehmend an Bedeutung. Gemeint ist damit die Verlagerung medizinischer Leistungen vom stationären Krankenhausaufenthalt hin zu ambulanten Behandlungsformen, also zur Versorgung ohne Übernachtung. In diesem Zusammenhang spielen die sogenannten Hybrid-DRG (Diagnosis Related Groups) eine zentrale Rolle. Sie sollen eine sektorengleiche Vergütung ermöglichen, damit sowohl Krankenhäuser als auch niedergelassene Fachärztinnen und Fachärzte medizinische Leistungen unter vergleichbaren Bedingungen anbieten können. Doch die aktuelle Gesetzeslage und Umsetzung dieser Hybrid-DRG bringen erhebliche Herausforderungen mit sich.
Das Ziel der Ambulantisierung ist klar: Patienten sollen von kürzeren und weniger belastenden Behandlungen profitieren, die häufig auch kostengünstiger sind. Gerade vulnerable Patientengruppen wie Kinder, Jugendliche oder Menschen mit Behinderungen könnten hiervon stark profitieren. Derzeit aber behindern finanzielle Fehlanreize und bürokratische Hürden die Entwicklung in Deutschland. So berichten Fachverbände, dass die Hybrid-DRG etwa im Bereich der Kinderchirurgie und spezialisierten pädiatrischen Versorgung oft nicht kostendeckend sind. Das führt zu einer Verschlechterung gegenüber früheren Regelungen und behindert die ambulante Versorgung komplexer Fälle.
Was bedeuten Hybrid-DRG für die Patientenversorgung?
Die Einführung der Hybrid-DRG sollte ursprünglich sicherstellen, dass ambulant und stationär erbrachte Leistungen fair und vergleichbar vergütet werden. In der Praxis zeigt sich jedoch:
- Hohe Sachkosten, zum Beispiel für Implantate, werden oft nicht vollständig erstattet, was wirtschaftlichen Druck auf ambulante Leistungserbringer erzeugt.
- Die bürokratische Abrechnung ist aufwendig und erschwert digitale Prozesse, was zusätzliche Ressourcen bindet.
- Besonders betroffen sind Kinder und Jugendliche sowie Menschen mit Behinderungen: Für diese Gruppen gilt seit der letzten Reform ein gesetzlicher Ausschluss, der ihre ambulante Versorgung einschränkt.
Die Folgen sind spürbar: Statt mehr Patienten ambulant zu versorgen, bleiben viele stationäre Aufenthalte unnötig – was für Betroffene oft mit zusätzlichen Belastungen und für das Gesundheitssystem mit höheren Kosten verbunden ist. Zudem werden Fachärzte und spezialisierte Praxen in ihrer Versorgungskompetenz eingeschränkt, obwohl gerade sie die ambulante Behandlung komplexer Krankheitsverläufe ermöglichen könnten.
Wohin führen internationale Erfahrungen mit Ambulantisierung?
Andere europäische Länder haben bereits weitergehende Ambulantisierungsstrategien umgesetzt und ziehen daraus verschiedene Lehren:
- Niederlande und Dänemark setzen auf konsequente Förderung und Finanzierung ambulanter Spezialzentren, was zu einer spürbaren Reduktion stationärer Behandlungen führte.
- Frankreich hat digitale Abrechnungsverfahren etabliert, die bürokratische Hürden minimieren und die finanzielle Transparenz verbessern.
- Schweden zeigt, dass durch klare Vergütungssysteme die ambulante Versorgung gestärkt und gleichzeitig die Patientenzufriedenheit erhöht werden kann.
Deutschland steht vor der Herausforderung, von diesen internationalen Best Practices zu lernen und die eigenen Hybrid-DRG so anzupassen, dass sie den Ambulantisierungsprozess wirksam unterstützen.
Herausforderungen und Reformperspektiven
Angesichts der aktuellen Situation fordern Fachverbände eine schnelle gesetzgeberische Nachbesserung, um die Vorteile der Ambulantisierung voll auszuschöpfen. Dazu zählen:
- Die Anpassung der Hybrid-DRG-Kalkulation, damit ambulante Leistungen wirtschaftlich tragfähig bleiben und über dem Niveau des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) vergütet werden.
- Die Erstattung variabler Sachkosten, insbesondere bei teuren Materialien wie Implantaten, als unerlässliche Voraussetzung für realistische Abrechnungen.
- Die Aufhebung des gesetzlichen Ausschlusses für Kinder, Jugendliche und Menschen mit Behinderungen, um gerade diese vulnerablen Gruppen besser zu versorgen.
- Die Stärkung der ambulanten Fachärzteschaft bei der Auswahl und Durchführung von Leistungen, die sektorengleich vergütet werden sollen.
Diese Maßnahmen könnten den strukturellen Wandel im Gesundheitswesen beschleunigen und unnötige, belastende stationäre Aufenthalte reduzieren. Gleichzeitig würde dadurch die Versorgungslücke für komplex erkrankte Patientengruppen geschlossen, die bisher häufig auf die knappen Ressourcen der Kliniken angewiesen sind.
Die Ambulantisierung stellt einen wichtigen Schritt dar, um das deutsche Gesundheitssystem zukunftsfähig zu gestalten. Die Hybrid-DRG spielen dabei eine Schlüsselfunktion, die es jetzt zu korrigieren und weiterzuentwickeln gilt, damit Patienten von einer effizienteren, schonenderen Versorgung profitieren und das System insgesamt nachhaltiger wird.
Die Inhalte und Zitate dieses Beitrags basieren auf der gemeinsamen Pressemitteilung des Spitzenverbandes Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa), des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V. (BVKJ) und des Bundesverbandes niedergelassener Kinderchirurgen e.V. (BNKD).
8 Antworten
Die Verbände haben absolut recht mit ihren Forderungen! Ich hoffe wirklich auf Änderungen im Gesetzgeber. Wie sieht es denn aus mit den internationalen Beispielen? Lernen wir da genug?
-Ich bin auch gespannt auf internationale Beispiele! Vielleicht könnten wir einige Ideen übernehmen? Der Austausch könnte echt helfen!
Das Thema Finanzierung der Sachkosten ist echt kompliziert! Manchmal frage ich mich, wo da der Sinn liegt? Können wir nicht mal eine bessere Lösung finden, damit jeder helfen kann?
Ich finde die Idee von ambulanten Behandlungen super! Gerade für Kinder kann das viel Stress nehmen. Hat jemand Erfahrungen mit solchen Behandlungen gemacht? Wie war das?
Die Kritik an der Bürokratie ist echt ein Punkt, den viele vergessen. Wenn alles so kompliziert ist, können Ärzte sich nicht um die Patienten kümmern. Gibt es Vorschläge, wie man das verbessern kann?
Ja, ich denke auch, dass wir einfachere Regelungen brauchen! Es sollte doch für alle klar sein, wie man abrechnet. Wer hat hier einen guten Vorschlag?
Das mit den Ausschlüssen für vulnerable Gruppen ist einfach nicht fair! Warum sind gerade Kinder und Jugendliche betroffen? Wo bleibt da die Gerechtigkeit?
Ich finde es echt wichtig, dass man über die Hybrid-DRG spricht. Aber ich habe oft das Gefühl, dass die Politiker nicht hören. Warum machen sie nicht mehr für die Kinder? Wir sollten für sie kämpfen!