Bremen (VBR). In Deutschland stehen Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen vor einer zusätzlichen Hürde, die ihre Situation noch verschärft: Ein bürokratisches Genehmigungsverfahren, das oft entscheidet, ob sie die notwendige soziotherapeutische Hilfe erhalten können oder nicht. Soziotherapie, eine vergleichsweise neue Behandlungsform, zielt darauf ab, Betroffenen, die aus eigener Kraft keine ärztliche oder psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen können, im Alltag zur Seite zu stehen, um ihre Lebensqualität zu verbessern und ihre Selbstständigkeit zu fördern.
Die Berufsverbände Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP) und der Bundesverband Soziotherapie e.V. haben nun alarmiert auf die Hindernisse hingewiesen, die eine effiziente Versorgung psychisch Erkrankter mit Soziotherapie blockieren. Insbesondere kritisieren sie die bürokratischen Genehmigungsprozesse, welche die Krankenkassen anwenden, um soziotherapeutische Leistungen zu bewilligen. Diese Verfahren, die eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen einschließen können, stehen oft im Widerspruch zur eigentlichen Intention der Soziotherapie-Verordnung. Gemäß der aktuellen Auslegung der Begutachtungsanleitung kann dies dazu führen, dass Patienten, die es trotz schwerer psychischer Belastungen schaffen, eigenständig einen Psychotherapieplatz zu finden, von vornherein von der Inanspruchnahme soziotherapeutischer Leistungen ausgeschlossen werden.
Dr. Johanna Thünker vom BDP bringt das Dilemma auf den Punkt: „Diese Empfehlung konterkariert die Änderung der Soziotherapie-Richtlinie mit der Erweiterung des Verordnungskreises und stellt zugleich die Indikationshoheit der Behandler*innen in Frage.” Michael Hibler vom Bundesverband Soziotherapie verdeutlicht die regionalen Unterschiede in der Handhabung und weist darauf hin, dass oft erst nach intensiven Bemühungen und gegebenenfalls rechtlicher Unterstützung eine Genehmigung erteilt wird.
Diese übermäßige Bürokratie wirkt sich negativ auf die Versorgung betroffener Patientinnen und Patienten aus. Während wertvolle Zeit verloren geht, verschlechtert sich häufig der Gesundheitszustand der Betroffenen, die auf schnelle und gezielte Hilfe angewiesen sind. Dabei bietet die Soziotherapie gerade in der kritischen Versorgungslage psychisch Erkrankter in Deutschland ein enormes Potential, indem sie nicht nur die individuelle Situation der Betroffenen verbessern, sondern auch das Gesundheitssystem entlasten kann.
Die Forderung der Fachverbände richtet sich nun an den Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV-Spitzenverband), notwendige Änderungen in den Begutachtungsrichtlinien vorzunehmen, um die Zugangshürden zur Soziotherapie abzubauen. Dies würde den Weg für eine effektivere und bedarfsgerechte Unterstützung von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen ebnen und einen wichtigen Beitrag zur Schließung der Versorgungslücke im ambulanten Bereich leisten.
Angesichts dieser Herausforderungen bleibt klar: Es besteht dringender Handlungsbedarf, um die bürokratischen Hindernisse abzubauen, die einer zeitnahen und effektiven Versorgung psychisch erkrankter Menschen im Weg stehen. Der Aufruf der Fachverbände an die Verantwortlichen im Gesundheitssystem ist ein wichtiger Schritt, um auf diese Missstände aufmerksam zu machen und eine grundlegende Verbesserung der Situation herbeizuführen.
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Pressemitteilung: Dringend benötigte Hilfe für psychisch Erkrankte droht am …
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