– BVMed fordert „Zero-for-Zero“-Zollabkommen zur Zollbefreiung von Medizintechnologien.
– Zölle gefährden komplexe Lieferketten und Patientenzugang zu lebenswichtigen Medizintechnologien.
– EU-Konsultation beendet, zweites Vergeltungspaket gegen US-Zölle möglich.
EU und USA: BVMed fordert Verzicht auf Zölle für Medizintechnologien
Die Diskussion um mögliche Handelszölle zwischen der EU und den USA trifft auch die Medizintechnikbranche. Nach Abschluss einer öffentlichen Konsultation der EU-Kommission zu Gegenmaßnahmen gegen US-Zölle fordert der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed), dass Medizintechnologien vollständig von solchen Handelshemmnissen ausgenommen werden. BVMed-Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll fordert ein umfassendes „Zero for Zero“-Zollabkommen, das sämtliche Handelszölle auf beiden Seiten des Atlantiks abschafft und so den Zugang zu lebenswichtigen Gesundheitslösungen sichert.
Der EU-Maßnahmenentwurf sieht vor, Zölle auf über 800 Handelscodes zu erheben, von denen nicht nur fertige Medizinprodukte, sondern auch zahlreiche wesentliche Komponenten betroffen wären. „Wir sind zutiefst besorgt darüber, dass der EU-Maßnahmenentwurf ein breites Spektrum an Medizinprodukten und eine Vielzahl von wesentlichen Komponenten für deren Herstellung betrifft“, erklärt Möll.
Der Hintergrund ist komplex: Medizintechnologien sind auf international verzweigte Lieferketten angewiesen – Geräte wie Dialysesysteme oder Magnetresonanztomographen bestehen aus bis zu tausend Einzelteilen, die aus unterschiedlichen Regionen weltweit stammen. „Die Einführung von Zöllen oder Beschränkungen würde diese komplexen Prozesse stören und der Medizintechnikbranche in vielerlei Hinsicht schaden“, warnt der BVMed-Chef. Austauschbare Komponenten oder Ersatz sind oft nicht verfügbar, und wenn, sind sie mit hohem Aufwand neu zu validieren. Solche Verzögerungen gefährden letztlich den Zugang der Patient:innen zu lebensrettenden Technologien.
Die wirtschaftliche Bedeutung der Branche unterstreichen die Zahlen: In Deutschland beschäftigt die Medizintechnik rund 212.100 Menschen und erwirtschaftet eine Bruttowertschöpfung von 19,7 Milliarden Euro im Jahr 2024. Über zwei Drittel des Umsatzes stammen aus dem Auslandsgeschäft. Mit 93 Prozent kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ist die Medizintechnik auch ein Rückgrat der europäischen Wirtschaft.
Für Dr. Möll steht klar fest: „Wir fordern die politischen Entscheidungsträger nachdrücklich auf, die realen Auswirkungen von Zöllen auf lebensrettende Medizintechnologien zu berücksichtigen. Patient:innen dürfen nicht zu Kollateralschäden in einem Handelsstreit werden. Die Sicherung ihres Zugangs zu den Technologien, auf die sie angewiesen sind, muss eine gemeinsame Priorität bleiben.“ Die Zeit für politische Entscheidungen ist knapp, denn ein Verhandlungsstopp oder Handelshemmnisse können den Gesundheitsschutz erheblich beeinträchtigen.
Wie Handelsstreit und Zölle die Gesundheitsversorgung gefährden
Die Gesundheitsversorgung ist längst kein rein national geordnetes System mehr. Moderne Medizintechnologien, von Diagnosegeräten bis zu Therapiesystemen, entstehen in einem komplexen Netzwerk globaler Lieferketten. Bauteile, Rohstoffe und Hightech-Komponenten werden über Kontinente hinweg beschafft, verarbeitet und montiert. Diese internationale Verzahnung macht die Versorgung mit lebenswichtigen Produkten ausgesprochen empfindlich gegenüber Handelsbarrieren wie Zöllen.
Zölle auf Medizintechnik-Bauteile oder fertige Geräte wirken sich deshalb weit über reine Mehrkosten hinaus aus. Sie können Herstellungsprozesse verzögern, die Kosten erhöhen und die Innovationsfähigkeit europäischer Unternehmen beeinträchtigen. Dadurch steigt das Risiko, dass Patient:innen verzögerten oder eingeschränkten Zugang zu wichtigen Gesundheitslösungen haben.
Medizintechnologien als kritische Infrastruktur
Medizintechnologien sind ein unverzichtbarer Teil der medizinischen Versorgung. Von der präzisen Diagnostik bis zur kontinuierlichen Überwachung und wirksamen Behandlung hängen Patient:innen in hohem Maße von funktionsfähigen Geräten ab. Viele dieser Technologien bestehen aus bis zu tausend Einzelteilen, die oft nur von wenigen spezialisierten Zulieferern weltweit produziert werden.
Dadurch wird deutlich, dass die Medizintechnikbranche keine einfache Zulieferkette ist, sondern eine kritische Infrastruktur mit hoher systemischer Bedeutung für Gesundheit und Gesellschaft. Wenn Zollschranken eingeführt werden, drohen Störungen in der gesamten Versorgungskette. Ersatzlieferanten sind oft nicht verfügbar oder der Wechsel erfordert aufwendige und zeitintensive Prüfverfahren, die den Zugang zu neuen oder bewährten Produkten verzögern können.
Globale Lieferketten und politische Risiken
Die politische Dimension spielt eine zentrale Rolle. Handelsstreitigkeiten zwischen großen Wirtschaftsräumen, etwa der EU und den USA, können gezielt oder versehentlich zu Zöllen auf Medizintechnik führen. Solche Maßnahmen beeinflussen nicht nur die Preise, sondern auch die Verteilung von Ressourcen und lassen die Produktion weniger flexibel werden.
Die globalen Lieferketten sind dadurch anfällig für politische Risiken:
- Unterbrechungen bei der Beschaffung wichtiger Komponenten erschweren die Herstellung und erhöhen die Produktionskosten.
- Verzögerungen bei der Markteinführung neuer Technologien behindern den medizinischen Fortschritt.
- Wettbewerbsnachteile für europäische Unternehmen entstehen, wenn zusätzliche Zölle Produkte verteuern und internationale Märkte erschweren.
- Gefährdung der Versorgungssicherheit, da alternative Lieferquellen langfristig nicht einfach erschlossen werden können.
Diese Auswirkungen sind keine Randerscheinung. Sie treffen direkt Patient:innen, die auf zeitnahe und kostengünstige Medizintechnik angewiesen sind, und bergen zugleich Risiken für den Wirtschaftsstandort Europa.
Politische Entscheidungen müssen daher über die kurzfristige Handelspolitik hinausdenken und die gesellschaftlichen Konsequenzen für die Gesundheitsversorgung in den Mittelpunkt rücken. Diskutiert wird unter anderem ein “Zero for Zero”-Zollabkommen, bei dem Medizintechnologien von Zöllen ausgenommen werden, um den freien und sicheren Zugang zu gewährleisten.
Welche Optionen es neben Zollausnahmen gibt, bleibt Teil der aktuellen politischen Debatte. Im Fokus steht, den globalen Handel so zu gestalten, dass lebenswichtige Gesundheitsprodukte nicht zu Kollateralschäden in Handelskonflikten werden.
Die kommenden Jahre werden zeigen, wie flexibel und widerstandsfähig sich die internationalen Lieferketten in der Medizintechnik an neue politische und wirtschaftliche Herausforderungen anpassen können und welche Handelsabkommen dazu beitragen, die Gesundheitsversorgung verlässlich abzusichern.
Die Informationen und Zitate in diesem Beitrag basieren auf einer Pressemitteilung des Bundesverbands Medizintechnologie (BVMed).
7 Antworten
Die wirtschaftliche Bedeutung der Medizintechnik kann nicht unterschätzt werden! Die Zahlen sind beeindruckend! Habt ihr Ideen, wie wir als Gesellschaft sicherstellen können, dass diese Branche unterstützt wird?
Ich stimme zu, dass Medizintechnologien essenziell sind für unsere Gesundheitsversorgung. Wenn Zölle erhoben werden, könnten wir alle verlieren! Wie denkt ihr über alternative Lösungen?
Genau! Es gibt so viele mögliche Lösungen wie Zollausnahmen oder andere Handelsabkommen. Welche Option würdet ihr bevorzugen und warum?
Das Thema ist sehr komplex und betrifft viele Menschen. Ich hoffe, dass Politiker schnell handeln, um solche Zölle zu vermeiden. Welche Maßnahmen haltet ihr für sinnvoll? Ist ein „Zero for Zero“-Abkommen realistisch?
Zölle können wirklich schädlich sein für die Medizintechnik und die damit verbundenen Lieferketten. Ich frage mich, ob andere Länder ähnliche Probleme haben und wie sie damit umgehen? Hat jemand Informationen dazu?
Ich finde es sehr wichtig, dass BVMed sich für die Zollbefreiung von Medizintechnologien einsetzt. Die Gesundheit der Menschen sollte immer Priorität haben! Wie denkt ihr über die möglichen Auswirkungen auf die Patientenversorgung?
Ja, das stimmt! Es ist echt besorgniserregend zu sehen, wie Zölle den Zugang zu wichtigen Technologien einschränken können. Was könnte man eurer Meinung nach tun, um das zu verhindern?