GOGEL 2025: Öl- und Gasindustrie expandiert trotz Klimaziele – USA, Brasilien und Europa im Fokus

Eine Woche vor der Weltklimakonferenz COP30 veröffentlicht die Umweltorganisation urgewald die Global Oil & Gas Exit List (GOGEL 2025). Die Datenbank zeigt: Trotz des COP28-Beschlusses zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen liegen die kurzfristigen Expansionspläne der Öl- und Gasindustrie heute 33 Prozent höher als 2021. Besonders Brasilien, die USA und Europa treiben den Ausbau voran.
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Inhaltsübersicht

– Veröffentlichung der Global Oil & Gas Exit List vor der Weltklimakonferenz COP30
– Expansionspläne der Öl- und Gasförderer liegen 33 Prozent höher als 2021
– Brasilien und USA treiben fossile Expansion trotz COP28-Vereinbarungen voran

Öl- und Gasindustrie trotz Klimaabkommen auf Expansionskurs

Eine Woche vor Beginn der Weltklimakonferenz (COP30) in Brasilien legt die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald mit der Global Oil & Gas Exit List (GOGEL 2025) die umfangreichste öffentliche Datenbank zur Öl- und Gasindustrie vor. Die Analyse zeigt: Trotz internationaler Klimaverpflichtungen setzt die Branche weltweit auf massive Expansion.

Die aktuellen Daten belegen einen deutlichen Widerspruch zwischen politischen Bekenntnissen und unternehmerischer Realität.

Besonders im Fokus steht das Gastgeberland der anstehenden Klimakonferenz: „Unternehmen im COP-Gastgeberland Brasilien – allen voran der Staatskonzern Petrobras – investieren laut aktuellem Investitionsplan insgesamt mehrere Milliarden US-Dollar in die Exploration bis 2027“ (Stand: 2025)*.

Auch in anderen Weltregionen setzen Unternehmen auf fossile Expansion. In den USA treibt die Digitalisierung den Gasbedarf.

Europa verfolgt parallel dazu ehrgeizige LNG-Pläne. Diese Entwicklungen stehen im krassen Gegensatz zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens und werfen Fragen zur Umsetzbarkeit der auf der COP30 zu verhandelnden Klimaziele auf.

Expansion trotz Klimaziele: Die fossile Produktionslücke

Die aktuellen Geschäftsstrategien der Öl- und Gasindustrie stehen in eklatantem Widerspruch zu den international vereinbarten Klimazielen. Während das 1,5-Grad-Limit des Pariser Abkommens einen rapiden Ausstieg aus fossilen Energien erfordert, verfolgen Konzerne weltweit weiterhin Expansionspläne, die diesen Pfad unmöglich machen.

Production Gap Report 2025 — Kernergebnis

Der jüngste Production Gap Report zeigt das Ausmaß der Diskrepanz: Regierungen planen global 80 % mehr Öl und über 100 % mehr Gas zu fördern, als mit dem 1,5-Grad-Ziel vereinbar wäre* Diese Produktionslücke verdeutlicht, wie weit sich die tatsächliche Energiepolitik von den klimawissenschaftlichen Notwendigkeiten entfernt hat.

Oil Change International: Projekte und CO₂-Lebensdauer

Bereits frühere Untersuchungen wiesen auf diesen Trend hin. Laut Oil Change International verfolgten führende Öl- und Gaskonzerne zwischen 2022 und 2025 mehr als 200 neue Expansionsprojekte, deren gesamte Lebensdauer schätzungsweise 8,6 Milliarden Tonnen CO₂ verursachen würden (Veröffentlichungsdatum: 24.05.2023)*

Die zeitliche Abfolge der Studien von 2023 bis 2024 zeigt eine konsistente Entwicklung: Trotz wiederholter Klimaabkommen setzt die fossile Industrie weiter auf Wachstum statt auf Rückbau. Diese geplanten Investitionen in neue Infrastruktur zementieren die Abhängigkeit von Öl und Gas für Jahrzehnte und machen die Einhaltung der Klimaziele praktisch unmöglich.

Brasilien: Milliardeninvestitionen in fossile Expansion

Brasilien verfolgt ambitionierte Pläne zur Ausweitung fossiler Energien. Die Daten der Global Oil & Gas Exit List 2025 zeigen: Unternehmen im COP-Gastgeberland Brasilien – allen voran der Staatskonzern Petrobras – haben ihre Investitionen in Exploration in dem Land zuletzt mehr als verdoppelt.

Explorationsinvestitionen in Brasilien

Die Suche nach neuen Ölquellen in Brasilien erlebt einen kontinuierlichen Investitionsschub. Nach Angaben von Brazil Energy Insight flossen 2023 rund 1,5 Mrd. US-Dollar in die Exploration neuer Ölvorkommen (Stand: 2023). Für 2024 erwarteten Experten ebenfalls Investitionen von etwa 1,5 Mrd. US-Dollar, während für 2025 ein leicht reduzierter Betrag von 1,4 Mrd. US-Dollar prognostiziert wurde (Stand: 2023).

Diese konsistent hohen Explorationsausgaben unterstreichen Brasiliens strategische Bedeutung für die globale Öl- und Gasindustrie. Die Mittel fließen vor allem in die Erschließung der vielversprechenden Offshore-Vorkommen, die das Land zu einem der wichtigsten aufstrebenden Produzenten weltweit machen.

Petrobras: Entwicklungs- und Investitionspläne

Der staatliche Ölkonzern Petrobras treibt die fossile Expansion mit einem massiven Investitionsprogramm voran. Ursprünglich hatte das Unternehmen für den Fünfjahreszeitraum 2024–2028 ein Budget von 102 Mrd. US-Dollar vorgesehen*. Davon waren 7,5 Mrd. US-Dollar für Explorationsaktivitäten und 11,5 Mrd. US-Dollar für emissionsarme Technologien eingeplant.

Im November 2024 passte Petrobras diesen Plan deutlich nach oben an: Das Investitionsbudget stieg auf 111 Mrd. US-Dollar – eine Steigerung von 9 Mrd. gegenüber der ursprünglichen Planung (Stand: November 2024). Besonders bemerkenswert: Während weiterhin 70 Prozent der Mittel in Öl- und Gasprojekte fließen, erhöhten sich die Investitionen in emissionsarme Technologien um 40 Prozent auf 16,3 Mrd. US-Dollar (Stand: November 2024).

Jahr Maßnahme Betrag (US$) Einheit/Kommentar Quelle/Stand
2023 Exploration neuer Ölquellen 1,5 Mrd. jährlich Brazil Energy Insight (2023)*
2024 Exploration neuer Ölquellen 1,5 Mrd. erwartet Brazil Energy Insight (2023)*
2025 Exploration neuer Ölquellen 1,4 Mrd. prognostiziert Brazil Energy Insight (2023)*
2024-2028 Petrobras Fünfjahresplan 102 Mrd. ursprüngliche Planung Offshore Energy (2024)*
2024-2028 Petrobras aktualisierter Plan 111 Mrd. November 2024 Update Consulting Magazin (2024)*

Diese Investitionsoffensive verdeutlicht Brasiliens Doppelstrategie: Einerseits will das Land seine Rolle als Gastgeber der Weltklimakonferenz wahrnehmen, andererseits setzt es weiterhin stark auf fossile Energieträger zur wirtschaftlichen Entwicklung. Die kontinuierlich hohen Explorationsausgaben kombiniert mit den milliardenschweren Investitionsplänen von Petrobras zeigen, dass Brasilien seine Öl- und Gasproduktion mittelfristig deutlich ausbauen will.

USA & Infrastruktur: Gas als Folge der KI‑Welle

Der massive Ausbau von Rechenzentren und KI-Infrastruktur in den USA treibt einen unerwarteten Energietrend voran: den Bau neuer Gaskraftwerke. Künstliche Intelligenz und Cloud-Computing benötigen enorme Mengen an zuverlässiger Stromversorgung rund um die Uhr. Da erneuerbare Energien allein diese konstante Grundlast nicht immer garantieren können, setzen Energieversorger zunehmend auf Erdgas als flexible und schnell verfügbare Lösung.

EIA‑Beobachtung zum Ausbau bis 2025

Die US-Energiebehörde EIA beobachtet ein anhaltend hohes Investitionstempo in neue Gaskraftwerke bis 2025.* Diese Entwicklung steht im Kontrast zu globalen Klimazielen, gewinnt aber vor dem Hintergrund der technologischen Expansion an Dynamik. Die Dimensionen dieser Investitionen werden deutlich, wenn man sie in einen globalen Kontext stellt: Die Öl- und Gasindustrie investiert weltweit weiterhin erheblich in Exploration, während gleichzeitig der Energiebedarf durch digitale Technologien exponentiell wächst.*

Auswirkungen und Ausblick

Die aktuelle Entwicklung der fossilen Industrie stellt die international vereinbarten Klimaziele grundlegend in Frage. Trotz der Vereinbarung auf der COP28, die Nutzung fossiler Brennstoffe schrittweise zu beenden, liegen die kurzfristigen Expansionspläne der Öl- und Gasförderer heute 33 Prozent höher als im Jahr 2021.*

Was jetzt auf der Agenda stehen muss:

  • Die Kluft zwischen Klimazielen und industrieller Realität erfordert klare politische Regulierungen
  • Investitionsströme müssen konsequent in erneuerbare Energien umgelenkt werden
  • Die anstehende Weltklimakonferenz wird zeigen, ob die Staatengemeinschaft wirksame Maßnahmen beschließt

Die unterschiedlichen Perspektiven könnten kaum weiter auseinanderliegen: Klimaforschende verweisen auf die Dringlichkeit des fossilen Ausstiegs, während Teile der Industrie wirtschaftliche Notwendigkeiten und Versorgungssicherheit betonen. Dieser Interessenkonflikt wird die energiepolitische Debatte in den kommenden Jahren prägen und direkten Einfluss auf die Ausgestaltung nationaler Klimastrategien haben.

Vor diesem Hintergrund gewinnt die anstehende Weltklimakonferenz besondere Bedeutung.

Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung von urgewald e.V., die umfassende Einblicke in die fossilen Geschäftsstrategien der Öl- und Gasindustrie bietet.

Weiterführende Quellen:

8 Antworten

  1. Die Zahlen zur fossilen Expansion sind alarmierend! Wie können Unternehmen weiterhin so viel investieren und gleichzeitig behaupten, sie kümmern sich um das Klima? Wir müssen mehr Aufklärung leisten!

    1. Auf jeden Fall! Bildung ist der Schlüssel. Wenn mehr Leute verstehen würden, was auf dem Spiel steht, könnten wir vielleicht eine Veränderung bewirken.

  2. Dieser Artikel macht deutlich, dass es einen großen Widerspruch zwischen Worten und Taten gibt. Ich frage mich, ob die COP30 tatsächlich etwas bewirken kann oder ob es nur ein weiteres Treffen ohne echte Konsequenzen sein wird.

    1. Ich habe ähnliche Bedenken! Es scheint oft so zu sein, dass diese Konferenzen nur Lippenbekenntnisse sind. Was wäre denn ein effektiver Weg für echte Veränderungen?

    2. Ja genau! Ich hoffe wirklich auf eine ernsthafte Diskussion bei der Konferenz. Vielleicht sollten wir auch mehr Druck auf unsere Regierungen ausüben!

  3. Es ist frustrierend zu sehen, wie viel Geld in fossile Brennstoffe fließt. Das zeigt nur, wie wenig ernst es den Ländern mit den Klimazielen ist. Was können wir als Gesellschaft tun, um das zu ändern?

  4. Die Tatsache, dass die Öl- und Gasindustrie weiterhin wächst, während wir wissen, dass das Klima leidet, ist einfach nicht nachvollziehbar. Gibt es denn keine Alternativen? Ich denke, wir brauchen dringend neue Lösungen.

  5. Ich finde es erschreckend, wie Brasilien trotz der Klimaziele weiter in fossile Brennstoffe investiert. Warum ignorieren die Regierungen die Wissenschaft? Was müssen wir tun, um sie zum Umdenken zu bewegen?

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