– Auf 29. Plattform Gesundheit in Berlin betonte Experten dringenden Strukturwandel im Gesundheitswesen.
– Studien prognostizieren bis 2035 rund 1,8 Mio. unbesetzte Stellen wegen Fachkräftemangel.
– Gesetzesreformen, Digitalisierung und interprofessionelle Zusammenarbeit als zentrale Lösungsansätze.
Gesundheitssystem im Wandel: Große Herausforderungen und drängende Lösungen
Deutschlands Gesundheitswesen steht vor großen Umbrüchen: Auf der 29. Plattform Gesundheit des IKK e.V. in Berlin kristallisierten sich die dringenden Bedarfe nach tiefgreifenden Strukturänderungen heraus. Die Lage ist ernst, denn aktuelle Studien prognostizieren, dass bis zum Jahr 2035 nahezu 1,8 Millionen Stellen im Gesundheitssystem unbesetzt bleiben könnten, was die Notwendigkeit unterschiedlichster Lösungsansätze unterstreicht.
Angesichts dieses Fachkräftemangels weist Prof. Dr. Boris Augurzky vom RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung darauf hin: „Den Fachkräftemangel von allen Seiten anzugehen: von der Erhöhung der verfügbaren Arbeitszeit im Gesundheitsbereich bis hin zur Zuwanderung und dem verstärkten Einsatz moderner Technologien.“ Einen umfassenden Lösungsweg zeichnete Michael Weller aus dem Bundesministerium für Gesundheit nach, der sechs Ansätze skizzierte, darunter Gesetzesvorhaben wie das Pflegekompetenzgesetz. Dieses soll den Handlungsrahmen für Pflegekräfte erweitern. Ebenso betont er „die Rolle der Digitalisierung und der Krankenhausreform für die Zukunft des Gesundheitswesens.“
Auch die Verbesserung der Aus- und Weiterbildung sowie die Aufwertung der Pflegeberufe fordert Michaela Evans-Borchers von der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen nachdrücklich ein. Die Debatte um Kompetenzen und deren Verteilung im Gesundheitssystem gehört zu den zentralen Punkten: Stephan Pilsinger, MdB, hebt die Fachkräftezuwanderung als entscheidenden Schlüssel hervor, um dem Fachkräftemangel wirksam zu begegnen. Die Präsidentin des Deutschen Pflegerats, Christine Vogler, fordert eine „Kompetenzneuaufstellung in den Gesundheitsberufen und eine stärkere gesellschaftliche Wertschätzung der Pflege.“
Neben personellen Maßnahmen kommen auch strategische Ansätze zum Tragen: Hans Peter Wollseifer vom IKK e.V. schlägt vor, besonders auf Prävention und eine Stärkung der hausarztzentrierten Versorgung zu setzen, um das System langfristig zu entlasten. Übergreifend formuliert Jürgen Hohnl, Geschäftsführer des IKK e.V., die Notwendigkeit einer engen Kooperation aller Gesundheitsberufe sowie grundlegender Strukturänderungen, „um den künftigen Herausforderungen gerecht zu werden.“ Bereits initiierte Schritte zur Bewältigung dieser Herausforderungen veranschaulichen die von Petra Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt vorgestellten Maßnahmen.
Gesundheitssystem unter Druck: Ursachen, Herausforderungen und internationale Perspektiven
Das Gesundheitssystem steht derzeit vor erheblichen Herausforderungen, die sich aus einem langanhaltenden Reformstau und strukturellen Engpässen ergeben. Eine der zentralen Ursachen ist die deutliche Lücke an Fachkräften, die durch demografische Veränderungen und steigende Anforderungen an die Versorgung noch verschärft wird. Diese Personallücke birgt erhebliche Risiken für die medizinische Versorgung der Bevölkerung und wirkt sich zugleich nachteilig auf die Wirtschaft aus. Die fehlenden Kapazitäten führen zu längeren Wartezeiten, einer erhöhten Belastung des vorhandenen Personals und erschweren den Zugang zu notwendigen Behandlungen.
Gleichzeitig zeigen sich deutliche Wechselwirkungen zwischen gesellschaftlichen Entwicklungen und wirtschaftlichen Konsequenzen. Ein ineffizientes Gesundheitssystem kann die Produktivität mindern und verursacht hohe Kosten, sowohl unmittelbar durch ineffiziente Abläufe als auch mittelbar durch Ausfälle in anderen Bereichen. Der Druck auf die Strukturen ist groß, sodass umfassende Reformen dringend notwendig sind, um die Versorgung nachhaltig zu sichern und den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden.
Warum eine Reform jetzt unumgänglich ist
Die Diskussion um Strukturreformen, Digitalisierung und die gezielte Zuwanderung von Fachkräften zeigt, dass ohne entschlossene Maßnahmen keine nachhaltige Entspannung zu erwarten ist. Digitalisierung kann administrative Prozesse vereinfachen und Behandlungsabläufe optimieren, birgt aber zugleich die Herausforderung, gut ausgebildetes Personal für die technische Umsetzung und Betreuung zur Verfügung zu stellen. Die Fachkräftezuwanderung bietet Chancen, kann aber angesichts internationaler Konkurrenz und komplexer Integrationsprozesse keine kurzfristige Lösung sein.
Ebenso fordern veraltete Strukturen und starre Regularien eine Überarbeitung, um mehr Flexibilität und Effizienz zu ermöglichen. Die Verzögerungen bei notwendigen Reformprozessen verschärfen die Probleme und verhindern, dass Potenziale voll ausgeschöpft werden. Das Gesundheitssystem steht damit an einem kritischen Punkt, an dem Entscheider:innen und Politik gefordert sind, die Weichen für eine zukunftsfähige Versorgung zu stellen.
Vergleichbare Entwicklungen in Europa
Andere europäische Länder erleben ähnliche Herausforderungen und bieten wertvolle Orientierungspunkte für den Reformbedarf. Nationen wie Dänemark oder die Niederlande setzen verstärkt auf digitale Technologien und integrierte Versorgungsmodelle, die Prozesse verschlanken und die Patientenzufriedenheit erhöhen. Zudem werden Fachkräfte durch gezielte Anwerbungsprogramme und bessere Arbeitsbedingungen erfolgreich gewonnen und gehalten.
Diese Beispiele verdeutlichen, dass Reformen Chancen bieten, um Innovationen zu fördern und das Gesundheitssystem zukunftssicher zu machen. Gleichzeitig müssen Risiken wie soziale Ungleichheiten, Datenschutz und mögliche Überforderungen im Alltag der Beschäftigten berücksichtigt werden, um eine nachhaltige Verbesserung zu erzielen. Der Blick über die Grenzen zeigt somit sowohl Optionen als auch die Komplexität der anstehenden Herausforderungen auf.
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Fachkräftemangel: Von der Delegation hin zur Interprofessionalität
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