Bremen (VBR). Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) übt scharfe Kritik an den aktuellen Gesetzesvorhaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. In der jüngsten Vertreterversammlung wurden in Bonn deutliche Zweifel an der Umsetzbarkeit und Sinnhaftigkeit der geplanten Gesundheitsreformen geäußert. Laut KZBV drohen diese, mehr Schaden als Nutzen zu verursachen. Insbesondere wird bemängelt, dass bewährte Strukturen im Gesundheitswesen unfreiwillig zerstört und die Autonomie der Praxen eingeschränkt werden könnten.
Die Versammlung begrüßt prinzipiell Bemühungen um eine bessere Herz-Kreislauf-Gesundheit in Deutschland, steht jedoch den Vorschlägen des „Gesundes-Herz-Gesetzes“ kritisch gegenüber. „Vorsorge kann nur dann erfolgreich funktionieren, wenn ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt wird, der auch die Mundgesundheit berücksichtigt“, erklärte Martin Hendges, der Vorstandsvorsitzende der KZBV. (Zitat-Quelle: Pressemitteilung)
Auch die Pläne zur Digitalisierung durch die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) ab Februar 2025 stehen auf dem Prüfstand. Kritiker argumentieren, dass die kurz bemessene Testphase von lediglich vier Wochen kaum ausreiche, um die notwendigen Anpassungen und Qualitätskontrollen durchzuführen. Dr. Karl-Georg Pochhammer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KZBV, betonte, dass Qualität vor Geschwindigkeit gehen müsse. „Die ‘ePA für alle’ muss schnell und reibungslos in der Praxissoftware funktionieren“, so Pochhammer. „Die Kosten müssen refinanziert werden.“ (Zitat-Quelle: Pressemitteilung) Der Druck auf die Zahnarztpraxen durch neue Abrechnungsverfahren ohne umfassende Unterstützung wurde hart kritisiert.
Ein weiterer Fokus liegt auf einem inklusiven, barrierefreien Gesundheitssystem. Die derzeitige Strategie werde von der KZBV infrage gestellt. Anstatt verpflichtende Auflagen für Barrierefreiheit zu fordern, schlägt die KZBV positive Anreize vor, die es Praxen ermöglichen, freiwillig und mit Hilfe öffentlicher Mittel barrierefreier zu werden. Solche Maßnahmen könnten die Zukunftsperspektiven vieler Praxisinhaber schützen und die Versorgungssicherheit gewährleisten.
Die zweitägigen Diskussionen in Bonn unterstreichen die besorgniserregenden Entwicklungen, die das Vertrauen in die Gesundheitsreformmaßnahmen gefährden. Die KZBV fordert daher dringlich Verbesserungen und einen Dialog mit politischen Entscheidungsträgern, um für eine zukunftsorientierte, patientengerechte Politik einzutreten.
Die Vorschläge und Ergebnisse der Versammlung werden bald auf der offiziellen KZBV-Website veröffentlicht. Mit ihren über 60 Mitgliedern bildet die Vertreterversammlung das oberste Entscheidungsgremium der rund 63.000 deutschen Vertragszahnärzte, die sich für eine ausgewogene Balance zwischen Reformen und Praktikabilität aussprechen.
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Gesundheitsgesetze benötigen Versorgungsnähe und Augenmaß / …
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Zahnmedizinische Reformen: Herausforderungen und Chancen in der Gesundheitspolitik
Die aktuelle Kritik der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) an den gesundheitspolitischen Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach spiegelt eine breitere Debatte wider, die derzeit im deutschen Gesundheitswesen stattfindet. Im Zentrum steht die Frage, wie ein modernes Gesundheitssystem gefördert werden kann, das sowohl den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten gerecht wird, als auch die Belange der Leistungserbringer berücksichtigt.
Historisch gesehen hat Deutschland eine starke Tradition der Selbstverwaltung im Gesundheitssektor, was oftmals zu einer effizienten und maßgeschneiderten Patientenversorgung geführt hat. Doch mit der zunehmenden Komplexität der medizinischen Versorgung und den rasant fortschreitenden Technologien sehen sich viele Akteure — darunter auch Vertragszahnärzte — neuen Herausforderungen gegenüber. Die digitale Transformation, etwa durch die Einführung der elektronischen Patientenakte, stellt immense Anforderungen an die technische Ausstattung und Qualifizierung der Praxisteams. Während die Vorteile eines digitalisierten Systems auf der Hand liegen, bedarf es klarer Regulierungen und Unterstützungen, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten.
Ein weiterer Diskussionspunkt ist die Regulierung der investorengetragenen Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ). Die wachsende Kommerzialisierung im Gesundheitswesen könnte zwar Effizienzsteigerungen versprechen, jedoch birgt sie gleichzeitig die Gefahr, dass monetäre Interessen über patientenorientierte Entscheidungsprozesse dominieren. Länder wie Großbritannien oder die USA haben ähnliche Herausforderungen erlebt, wo marktorientierte Gesundheitszentren vielfältige Reaktionen hervorriefen.
Prognosen für die Zukunft deuten darauf hin, dass die Einbindung vorsorgender Maßnahmen im Bereich der Mundgesundheit zunehmend als integraler Bestandteil der allgemeinen Gesundheitsvorsorge erkannt wird. Dies hebt die Bedeutung einer präventionsorientierten Zahnheilkunde hervor, die nicht nur zur Vorbeugung von Mundkrankheiten beiträgt, sondern auch Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit haben kann — zum Beispiel durch die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Die Entwicklungen im deutschen Gesundheitssystem zeigen ein Spannungsverhältnis zwischen Innovation und Tradition, zwischen technologischem Fortschritt und bewährten Strukturen. Der Erfolg der geplanten Reformen wird maßgeblich davon abhängen, wie gut es gelingt, diese Kräfte in Einklang zu bringen und tragfähige Lösungen zu entwickeln, die allen Beteiligten gerecht werden. Eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Politik, Selbstverwaltung und der zahnmedizinischen Praxislandschaft wird entscheidend sein, um die Weichen für eine zukunftsfähige und patientenzentrierte Gesundheitsversorgung zu stellen.
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7 Antworten
Die Debatte über iMVZs ist spannend! Effizienz oder Patientenwohl? Hoffentlich finden wir eine Balance!
Ich denke, dass die KZBV mit ihrer Kritik an der ePA recht hat. Vier Wochen sind wirklich zu kurz! Es sollte mehr Zeit für Tests geben.
Stimme dir zu Resi33! Qualität vor Geschwindigkeit ist so wichtig. Vielleicht könnten andere Länder als Vorbild dienen?
Ja genau Gertraud! Wir sollten von den Fehlern anderer lernen und es besser machen.
Ahhh, diese neuen Abrechnungsverfahren klingen wie ein Albtraum für Praxen ohne Unterstützung. Kann jemand erklären, wie genau das funktionieren soll? Es scheint mir sehr komplex zu sein.
Also, ich finde es wichtig, dass die Mundgesundheit bei diesen Reformen nicht vernachlässigt wird. Martin Hendges hat da einen guten Punkt gemacht! Vielleicht sollte man mehr Forschung in diese Richtung fördern.
Mmm, ich frage mich, ob Lauterbach die Auswirkungen seiner Pläne wirklich versteht. Die Digitalisierung könnte gut sein, aber ohne angemessene Testphase? Das klingt nach Problemen. Was denkt ihr darüber?