Bremen (VBR). Seit Mai 2022 setzt sich die Deutsche Umwelthilfe (DUH) entschlossen gegen irreführende Werbeversprechen rund um “Klimaneutralität” zur Wehr. In insgesamt 92 Verfahren ging die Organisation erfolgreich gegen große Unternehmen wie Eurowings, Netto, Shell, BP, Total, dm und TUI vor. Das Problem: Diese Firmen versprachen in ihrer Werbung Klimaneutralität, ohne dafür ausreichende Maßnahmen zu ergreifen oder setzten auf fragwürdige Kompensationsprojekte.
Die DUH konnte in 48 Fällen erreichen, dass Unternehmen ihre irreführenden Aussagen ändern und strafbewährte Unterlassungserklärungen abgeben. In zwölf weiteren Fällen urteilten Gerichte zugunsten der Umwelthilfe, obwohl in drei dieser Fälle – unter anderem bei dm, Netto und Eurowings – Berufung eingelegt wurde. Insgesamt sind aktuell noch elf Verfahren vor Gericht anhängig.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, macht deutlich: “Klimaneutrale Produkte oder gar klimaneutrales Unternehmen zu versprechen, ist zu einem regelrechten Volkssport verkommen. Doch anstatt Produkte oder das Firmenhandeln wirklich deutlich weniger klimaschädlich zu gestalten, täuschen Unternehmen Verbraucherinnen und Verbraucher mit dem Versprechen einer vermeintlich absoluten Klimaneutralität.” Resch fordert daher von den Unternehmen, ihre Emissionen real zu reduzieren, anstatt sich auf wenig greifbare Kompensationszertifikate zu stützen.
Besonders kritisch sieht die DUH den Einsatz von Kompensationsprojekten, die oft ungeeignet sind, wie Jutta Kill, Biologin und Expertin für Klimaneutralität, erklärt: “Betreiber von Kompensationsprojekten haben millionenfach Phantomgutschriften verkauft, zum Beispiel aus Wasserkraftprojekten, die auch ohne das zusätzliche Einkommen aus dem Kompensationsgeschäft gebaut worden wären.”
Auch Unternehmen, die durch vage Zukunftsversprechen ein grünes Image pflegen, geraten ins Visier der DUH. Oftmals werden große Ziele genannt, konkrete Maßnahmen jedoch verschwiegen. Agnes Sauter, Leiterin der Ökologischen Verbraucherberatung der DUH, betont: “Große Ziele benennen, aber über konkrete Maßnahmen schweigen? Für uns nichts als leere Worte. Deswegen werden wir ab sofort verstärkt Zukunftsversprechen von Unternehmen in den Blick nehmen.”
Die Bedeutung dieser juristischen Schritte geht über bloße Unternehmenswerbung hinaus. Sie zeigt, wie wichtig es ist, Verbraucher vor Greenwashing zu schützen und sicherzustellen, dass Klimaneutralitätsversprechen transparent und nachvollziehbar umgesetzt werden.
Für Resch steht fest: “Wir fordern die Bundesregierung auf, die neue EU-Richtlinie zur ‘Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel’ zum Anlass zu nehmen, Klimaneutralitätsversprechen komplett zu verbieten, wenn diese auf Kompensation beruhen.” Unverbindliche Aussagen und untaugliche Projekte sollten keinen Platz im Markt finden.
Insgesamt erweist sich die Arbeit der DUH als kraftvoller Schritt in Richtung ehrlicher und nachhaltiger Kommunikation im Kontext von Klimaschutz. Die Forderung nach echter Transparenz und Verwirklichung von Reduktionsmaßnahmen wird immer lauter, und es bleibt abzuwarten, wie Unternehmen und Politik darauf reagieren werden.
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Irreführende Werbung zu angeblich klimaneutralen Produkten – Deutsche Umwelthilfe …
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Tieferer Einblick in die Problematik der „Klimaneutralität“: Erfahrungen und Ausblicke
Die Diskussion um irreführende "Klimaneutralitäts"-Versprechen ist nicht neu und gewinnt zunehmend an Brisanz. Schon in der Vergangenheit gerieten mehrfach Unternehmen wegen Greenwashing in die Kritik, weil ihre ausgepriesenen Umweltmaßnahmen meist nur auf dem Papier existierten oder durch problematische Kompensationsprojekte gedeckt waren. Dies illustriert eindrucksvoll die aktuellen juristischen Erfolge der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die eine bedeutende Wegmarke in der Bekämpfung dieser Täuschungen darstellen. Doch was sind die tieferen Hintergründe dieser Problematik, und welche Entwicklungen könnten uns in der Zukunft erwarten?
Wie es zur umfassenden Nutzung von Kompensation kam
Die Konzeption der Klimaneutralität hängt eng mit dem Kyoto-Protokoll von 1997 zusammen, das erstmals verschiedene Marktmechanismen zur Treibhausgasreduktion in größerem Umfang etablierte. Diese beinhalten auch den Kauf von Emissionszertifikaten für Kompensationsprojekte – ein Ansatz, der mittlerweile zu einem milliardenschweren globalen Markt herangewachsen ist. Kritiker argumentieren jedoch, dass dieser moderne Ablasshandel oft dazu führt, dass Unternehmen notwendige strukturelle Änderungen und echte Reduktionsmaßnahmen vernachlässigen.
Vergleichbare Ereignisse und internationale Perspektiven
Weltweit gibt es ähnliche Initiativen wie jene der DUH, die sich gegen Greenwashing zu Wort melden. In Großbritannien wurde beispielsweise im Jahr 2020 der Energy Performance of Buildings (EPC)-Regelung verstärkt, wodurch Immobilienunternehmen gezwungen wurden, transparente und überprüfbare energieeffiziente Maßnahmen nachzuweisen. In Australien setzte sich die Australian Competition and Consumer Commission (ACCC) ebenfalls vehement gegen irreführende Umweltversprechen ein und legte strenge Richtlinien fest.
Prognosen und mögliche Entwicklungen
Zurzeit befindet sich die Regulierung von Klimaneutralitätsversprechen in einer Übergangsphase. Mit der geplanten EU-Richtlinie zur "Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel", die von der deutschen Bundesregierung ativ unterstützt werden sollte, könnte diese rechtliche Grauzone bald deutlicher abgesteckt werden. Hingegen könnte die wachsende gesellschaftliche Sensibilisierung und größere Transparenz in den Geschäftsprozessen Unternehmen dazu bewegen, authentischere und wirkungsvollere Nachhaltigkeitsansätze zu verfolgen.
Trends und Schlussfolgerungen
Ein klar erkennbarer Trend zeigt, dass Konsumentinnen und Konsumenten zunehmend kritischer gegenüber den Umweltaussagen von Unternehmen werden. Studien belegen, dass insbesondere jüngere Generationen bereit sind, Marken zu boykottieren, die in Greenwashing verwickelt sind. Dies übt zusätzlichen Druck auf Firmen aus, ihre Marketingstrategien zu überdenken.
Die Arbeit der DUH und der damit verbundenen juristischen Klarstellungen stellt sicher, dass Unternehmen, die unhaltbare Versprechen abgeben, zur Rechenschaft gezogen werden. Die Zukunft wird zeigen, ob die Kombination aus gesetzlichem Druck und wachsendem Verbraucherbewusstsein nachhaltige Produkt- und Unternehmenspraktiken tatsächlich fördert oder ob neue Strategien entwickelt werden müssen, um die Klimaziele effektiv zu erreichen.
Insgesamt betont diese komplexe Thematik die Notwendigkeit eines paradigmenhaften Wechsels: Weg von der reinen Kompensation hin zu realen, überprüfbaren und dauerhaft effektiven Maßnahmen zum Klimaschutz. Die aktuelle Vorgehensweise der DUH kann hierbei als wegweisend betrachtet werden.
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7 Antworten
Ich hab mal gelesen dass diese kompensationsprojekten gar nix bringen, man soll lieber direkt weniger CO2 produzieren und nicht so viel drum rum reden.
Stimmt Wfreund, aber viele leute glauben halt was die firmen sagen ohne nachzufragen.
“Emmisionszertifikate” sind doch auch irgendwie komisch… wie kann man seine verschmutzung einfach kaufen? Das sollte verboten sein!
“Klimaneutral” ist für mich eh nur ein Modewort geworden. Wenn die Firmen wirklich was machen wollen, sollen die echte Maßnahmen umsetzen und nicht nur reden.
Ich fines es gut das die DUH so stark gegen das greenwashing vorgeht. viele unternehmen lügen ja nur rum und tun nix für die umwelt.
Ja, Eschulze, stimme ich zu. Das ganze klima neutrallität ist oft nur ein werbemasche.
Die Leute müssen besser aufklären werden, damit sie nicht so einfach getäuscht werden.