Tiefkühltemperatur-Revolution: Warum -18°C bald Geschichte sein könnte

Das internationale Forschungsprojekt FROSTEQ untersucht ab 2025, ob eine Erhöhung der gesetzlichen Tiefkühltemperatur von minus 18 Grad Celsius Energie und CO₂ einsparen kann, ohne die Produktsicherheit zu gefährden. Das vierjährige Projekt wird von der niederländischen Regierung gefördert und soll klären, ob ein neuer Temperaturstandard für die gesamte internationale Lieferkette möglich ist.
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Inhaltsübersicht

– Internationales Forschungsprojekt FROSTEQ prüft höhere Tiefkühltemperatur als minus 18 °C.
– Ziel ist Senkung von Energieverbrauch und CO2-Emissionen bei gleichbleibender Produktqualität.
– Projekt läuft von 2025 bis 2029 mit Unterstützung durch Industrie und Forschungsorganisationen.

FROSTEQ: Internationales Forschungsprojekt prüft Tiefkühltemperaturen für mehr Klimaschutz

Am 30. Oktober 2025 startete das internationale Forschungsprojekt FROSTEQ mit dem Ziel, die seit über hundert Jahren geltende Tiefkühltemperatur von minus 18 Grad Celsius wissenschaftlich zu überprüfen. Die vierjährige Initiative (2025–2029) untersucht, ob eine moderate Temperaturerhöhung Energieverbrauch und CO₂-Emissionen in der Tiefkühlkette signifikant reduzieren kann – ohne Einbußen bei Produktqualität und Lebensmittelsicherheit. Dieser Ansatz betrifft direkt Klimaschutz, Energieeffizienz und die Versorgungssicherheit mit tiefgekühlten Lebensmitteln.

Das Projekt gewinnt vor dem Hintergrund wachsender Tiefkühlmärkte zusätzliche Relevanz: 2024 erreichte der Pro-Kopf-Verbrauch von Tiefkühlprodukten in Deutschland einen Rekordwert von 50 kg, bei einem Gesamtabsatz von über vier Millionen Tonnen.* Die deutsche Tiefkühlwirtschaft erzielt einen Gesamtumsatz von über 22 Milliarden Euro* und versorgt täglich rund 83 Millionen Menschen* in Deutschland mit tiefgekühlten Lebensmitteln.

Sabine Eichner, Geschäftsführerin des Deutschen Tiefkühlinstituts (dti), betont: „Eine nachhaltigere Lebensmittelwirtschaft ist eine große, weltweite Zukunftsherausforderung. Die Tiefkühlwirtschaft optimiert ihre Wertschöpfungskette bereits seit vielen Jahren auf allen Ebenen hin zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Aber angesichts des Klimawandels müssen althergebrachte Praktiken hinterfragt werden. Eine mögliche Erhöhung der gesetzlich vorgeschriebenen Tiefkühltemperatur könnte die große Chance bieten, Energieverbrauch und Kohlenstoffemissionen signifikant zu reduzieren. Klar ist: Ein möglicher neuer Temperaturstandard muss für die gesamte internationale Lieferkette gelten.“

dti-Projektleiter Andreas Bosselmann ergänzt: „Das Projekt FROSTEQ bietet uns die einmalige Möglichkeit, die gesetzlich vorgeschriebene TK-Temperatur von minus 18 Grad Celsius in der gesamten Tiefkühlkette unter Produktqualitäts- und Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zu überprüfen. Die Auswirkungen einer Erhöhung der Tiefkühltemperatur unter realen Bedingungen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg im Rahmen der Studie zu testen, sehen wir als Chance. Dabei hat für uns oberste Priorität: die hohe Qualität und Sicherheit unserer Tiefkühlprodukte.“

Erste Untersuchungen des Lebensmittelkonzerns Nomad Foods zeigten 2024 bereits vielversprechende Ergebnisse: Neun getestete TK-Produkte wiesen bei minus 15 Grad Celsius keine signifikanten Qualitätseinbußen auf, bei gleichzeitiger Energieeinsparung von zehn Prozent. FROSTEQ baut auf diesen Erkenntnissen auf und untersucht nun systematisch die Auswirkungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Forschungslage: Was Studien zu Temperaturänderungen sagen

Die wissenschaftliche Debatte über mögliche Temperaturanpassungen in der Tiefkühlkette wird durch unterschiedliche Forschungsergebnisse geprägt. Während das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) vor Qualitätseinbußen bei höheren Temperaturen warnt, sehen andere Studien Potenzial für Energieeinsparungen ohne Sicherheitsrisiken.

Studienlage: -15 °C vs. -18 °C

Eine britische Untersuchung aus dem Jahr 2022 analysierte Lagertemperaturen zwischen -18 °C und -9 °C. Die Forscher fanden signifikante Qualitätsunterschiede erst ab -12 °C und wärmer (Stand: 2022)*. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass moderate Temperaturerhöhungen möglicherweise weniger kritisch sind als bisher angenommen.

Im Juni 2024 veröffentlichte das Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) einen Signal Report, der zu einer ähnlichen Einschätzung kommt. Die Behörde bewertet eine Anhebung von -18 °C auf -15 °C als unbedenklich für die Lebensmittelsicherheit. Gleichzeitig weist der Report auf ein erhebliches Energiesparpotenzial hin: Eine Temperaturerhöhung um 3 °C kann den Energieverbrauch um mehr als 10 % senken (Stand: Juni 2024)*.

Dagegen positioniert sich das BfR mit einer Warnung speziell für den Haushaltsbereich. Das Institut weist darauf hin, dass bereits eine Erhöhung auf -12 °C die Qualität und Haltbarkeit beeinträchtigen kann (Stand: August 2023)*. Diese unterschiedlichen Bewertungen zeigen, dass der Kontext – ob industrielle Kühlkette oder Privathaushalt – eine entscheidende Rolle spielt.

Jahr Studie/Behörde Getestete Temperatur(en) Kernergebnis Stand
2022 Britische Studie -18 °C bis -9 °C Signifikante Qualitätsunterschiede erst ab -12 °C und wärmer 2022
2023 BfR -12 °C Kann Qualität/Haltbarkeit im Haushalt beeinträchtigen August 2023
2024 BLV Signal Report -18 °C → -15 °C Lebensmittelsicherheit nicht gefährdet; Energieeinsparung >10 % Juni 2024

Sicherheitswarnungen und Monitoring

Die unterschiedlichen Forschungsergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit umfassender Temperaturüberwachung. Als Reaktion darauf haben Branchenverbände 2024 eine globale Monitoring-Initiative gestartet. Das American Frozen Food Institute (AFFI) und die Global Cold Chain Alliance (GCCA) führten ein internationales Temperatur-Monitoring-Protokoll ein, das Transparenz und Effizienz in der Kühlkette erhöhen soll (Stand: 2024).

Diese Monitoring-Maßnahmen zielen darauf ab, die Lücke zwischen theoretischen Forschungsergebnissen und praktischen Anwendungen zu schließen. Während Laborstudien unter kontrollierten Bedingungen durchgeführt werden, muss die Temperaturstabilität entlang der gesamten Lieferkette – vom Hersteller bis zum Verbraucher – gewährleistet bleiben.

Die wissenschaftliche Diskussion zeigt deutlich: Die Frage nach der optimalen Tiefkühltemperatur ist komplexer als eine simple Gradzahl. Sie verbindet Aspekte der Lebensmittelsicherheit, Qualitätserhaltung und Energieeffizienz – Faktoren, die in aktuellen Forschungsprojekten nun ganzheitlich betrachtet werden.

Energie sparen oder Lebensmittelsicherheit? Die gesellschaftliche Debatte um Tiefkühltemperaturen

Die Diskussion über eine mögliche Anhebung der Tiefkühltemperatur von -18 °C berührt fundamentale gesellschaftliche Fragen: Wie lassen sich Klimaschutz und Verbraucherschutz in Einklang bringen? Welche Risiken sind vertretbar, um Energie zu sparen? Die Debatte zeigt deutlich, dass technische Normänderungen stets auch Abwägungen zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Interessen erfordern.

Aus klimapolitischer Perspektive sprechen gewichtige Argumente für eine Temperaturanhebung. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) kommt in einer Studie vom Juni 2024 zu dem Ergebnis: Eine Erhöhung um 3 °C kann den Energieverbrauch von Gefrierschränken um mehr als 10 % senken. In Zeiten steigender Energiepreise und ambitionierter Klimaziele stellt dies ein beachtliches Einsparpotenzial dar, das sowohl private Haushalte als auch die gesamte Lieferkette entlasten könnte.*

Gleichzeitig mahnt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zur Vorsicht. Es weist allgemein auf Qualitäts- und Haltbarkeitsprobleme bei höheren Tiefkühltemperaturen hin.* Die Lebensmittelsicherheit muss oberste Priorität behalten – besonders bei sensiblen Produkten wie Fleisch, Fisch oder Convenience-Produkten.

Interessanterweise sieht das BLV in seiner Einschätzung vom Juni 2024 bei einer moderaten Anhebung auf -15 °C keine Gefährdung der Lebensmittelsicherheit. Diese Differenz zwischen verschiedenen wissenschaftlichen Positionen unterstreicht die Komplexität der Materie und die Notwendigkeit weiterer Forschung.

Die Lebensmittelindustrie reagiert bereits auf die sich verändernden Rahmenbedingungen. Branchenorganisationen wie AFFI und GCCA haben 2024 neue Monitoring-Standards zur besseren Überwachung der Tiefkühlkette entwickelt. Diese sollen Transparenz entlang der gesamten Lieferkette erhöhen und damit sowohl Verbraucherinteressen als auch Nachhaltigkeitsziele unterstützen.

Worauf Verbraucher achten sollten

  • Temperaturkontrolle im eigenen Haushalt: Regelmäßig die Anzeige und Dichtung des Gefrierschranks prüfen; bei Unsicherheit Beratung durch Verbraucherzentralen suchen (Bezug: BfR – Stand: 2023)*
  • Informiert bleiben: Bei möglichen Regeländerungen auf offizielle Hinweise von Behörden achten; neue Monitoring-Standards könnten die Transparenz erhöhen (AFFI/GCCA – Stand: 2024)

Die gesellschaftliche Relevanz dieser Debatte geht weit über technische Temperaturfragen hinaus. Sie berührt grundlegende Werteabwägungen zwischen ökologischer Verantwortung und gesundheitlicher Vorsorge. Letztlich wird eine evidenzbasierte Lösung nötig sein, die sowohl dem Klimaschutz als auch dem Verbraucherschutz gerecht wird.

Von der Forschung in die Praxis: Wege zu einer neuen Tiefkühltemperatur

Die wissenschaftliche Diskussion um eine mögliche Temperaturanhebung bei Tiefkühlprodukten gewinnt an Fahrt. Doch zwischen ersten Forschungsergebnissen und tatsächlichen regulatorischen Änderungen liegt ein komplexer Prozess, der verschiedene Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette einbezieht. Entscheidend wird sein, wie wissenschaftliche Evidenz in praktikable politische Entscheidungen übersetzt werden kann.

Forschung → Politik: Prüf- und Entscheidungswege

Bevor eine Änderung der seit über hundert Jahren etablierten Minus-18-Grad-Regelung in Betracht gezogen werden kann, müssen umfassende wissenschaftliche Grundlagen geschaffen werden. Die Untersuchungen müssen nach strengen wissenschaftlichen Kriterien erfolgen und die komplette Produktkategorie entlang der gesamten Wertschöpfungskette abdecken.

Ein BLV-Signal Report bewertet eine Anhebung auf -15 °C grundsätzlich als unproblematisch und verweist auf Energieeinsparpotenziale*. Solche wissenschaftlichen Bewertungen bilden die Basis für politische Entscheidungsprozesse. Allerdings erfordern Standardänderungen internationale Abstimmung, da die Tiefkühlkette global operiert. Eine isolierte nationale Lösung wäre wirkungslos, wie Sabine Eichner, Geschäftsführerin des Deutschen Tiefkühlinstituts, betont: „Ein möglicher neuer Temperaturstandard muss für die gesamte internationale Lieferkette gelten.“

Technik & Monitoring als Voraussetzung

Die technische Umsetzbarkeit und kontinuierliche Überwachung gelten als zentrale Voraussetzungen für eine mögliche Temperaturanpassung. Ohne zuverlässige Monitoring-Systeme wäre weder Transparenz noch Qualitätssicherung gewährleistet. Diese Art von standardisierten Verfahren könnte Entscheidungsprozesse unterstützen, indem sie valide Daten entlang der gesamten Kühlkette liefert*.

Kontrollierte Feldtests unter realen Bedingungen sind notwendig, um die Auswirkungen einer Temperaturerhöhung in der Praxis zu verstehen. Dabei hat die Qualität und Sicherheit von Tiefkühlprodukten oberste Priorität, wie dti-Projektleiter Andreas Bosselmann deutlich macht: „Die hohe Qualität und Sicherheit unserer Tiefkühlprodukte“ steht im Mittelpunkt aller Überlegungen.

Die Politik und Verwaltung sind nun aufgefordert, Entscheidungen auf Basis der laufenden und zukünftigen wissenschaftlichen Ergebnisse zu treffen. Der Prozess erfordert Geduld und sorgfältige Abwägung aller relevanten Faktoren – von der Lebensmittelsicherheit über Energieeffizienz bis hin zu praktischer Umsetzbarkeit im globalen Maßstab.

Die im Beitrag enthaltenen Informationen und Zitate stammen aus einer Pressemitteilung des Deutschen Tiefkühlinstituts e. V.

Weiterführende Quellen:

8 Antworten

  1. -18 °C ist ja schon lange der Standard, aber wenn das BfR vor Qualitätseinbußen warnt, was machen wir dann? Ist es wirklich so einfach mit den neuen Temperaturen? Ich finde es spannend und würde gerne mehr dazu erfahren.

    1. @Karen98 Ich verstehe deine Sorgen! Aber vielleicht hilft ja eine genaue Überwachung dabei? So können wir sicher sein, dass alles in Ordnung bleibt.

    2. @Edgar Herrmann Das Monitoring ist wichtig! Ohne gute Systeme wird’s schwer sein, Vertrauen in neue Standards zu haben.

  2. Das Projekt FROSTEQ scheint echt notwendig zu sein! Ich habe Bedenken, dass höhere Temperaturen die Haltbarkeit beeinträchtigen könnten. Gibt es irgendwelche Studien, die das belegen? Vielleicht könnte man das Thema mal tiefer diskutieren.

    1. Ich bin mir nicht sicher über all diese Studien. Vielleicht sollte man mehr auf das BfR hören? Die sagen doch, dass schon -12 Grad problematisch sein könnten.

    2. -15 Grad klingt doch eigentlich gut für Energieeinsparungen! Wir sollten aber aufpassen und uns informieren, bevor wir unsere Gefriergeräte umstellen.

  3. Ich finde die Idee von einer höheren Tiefkühltemperatur wirklich spannend. Es wäre interessant zu erfahren, wie genau diese Temperaturerhöhung die Qualität der Produkte beeinflusst. Hat jemand schon Erfahrungen mit tiefgekühlten Lebensmitteln bei -15 Grad gemacht?

    1. Ja, ich habe auch gehört, dass die Qualität nicht wirklich leidet. Aber was ist mit der Sicherheit? Kann man darauf vertrauen, dass alles gut bleibt bei höheren Temperaturen?

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