– Karl Schlögel erhält 2025 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
– In seiner Rede fordert er, von der Ukraine Widerstand und Tapferkeit zu lernen.
– Er kritisiert Russlands Kriegsführung als Angriff auf Köpfe und europäische Werte.
Historiker Karl Schlögel erhält Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2025
Der deutsche Historiker und Essayist Karl Schlögel hat heute in der Frankfurter Paulskirche den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2025 entgegengenommen. Unter den Gästen – darunter Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, Bischof Dr. Georg Bätzing und Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour – hielt die ukrainisch-deutsche Schriftstellerin Katja Petrowskaja die Laudatio.
In seiner mit "Von der Ukraine lernen. Verhaltenslehren des Widerstands" betitelten Dankesrede reflektierte Schlögel über unerwartete politische Entwicklungen: "Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Russland noch einmal zurückfallen würde in Zeiten, die in Vielem den Praktiken des Stalinismus gleichen, (…) ich konnte mir nicht ein Amerika (…) vorstellen, indem sich einmal Angst vor einem autoritären Regime würde ausbreiten können. Ganz fremd war mir der Gedanke, dass auch in der Bundesrepublik etwas ins Rutschen kommen könnte. Vor allem aber: dass der Krieg (…) etwas Reales in der nächsten Nachbarschaft werden könnte."
Der Historiker analysierte die Methoden des russischen Präsidenten mit deutlichen Worten: "Er hat den Tisch, an dem Verhandlungen und Gespräche nach bestimmten Spielregeln stattfinden sollten, einfach umgestoßen und mit Bravour die Regelverletzung zum System erklärt, lange bevor der Terminus der Disruption in Umlauf kam. (…) Die Angst ist seine wichtigste Waffe, und in der Bewirtschaftung der Angst besteht sein wahres Talent."
Besonders betonte Schlögel die Bedeutung des ukrainischen Widerstands: "Sie sind der Spiegel, in den wir blicken und der uns daran erinnert, wofür Europa einmal gestanden hat und weshalb es sich lohnt, es zu verteidigen. (…) Sie kennen sich aus mit Verhaltenslehren des Widerstands und bringen den Europäern bei, was auf sie zukommt, wenn sie nicht endlich sich auf den Ernstfall vorbereiten." Sein Appell an Europa lautete: "Uns Europäern bleibt, so unwahrscheinlich es klingen mag: Von der Ukraine lernen, heißt furchtlos und tapfer sein, vielleicht auch siegen lernen."
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels vergibt den Friedenspreis seit 1950 (Stand: 19.10.2025) zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse. Die Auszeichnung ist mit 25.000 Euro dotiert (Stand: 19.10.2025). Die vollständigen Reden sind online abrufbar, das Buch mit allen Texten der Preisverleihung erscheint am 19. November 2025 (ISBN: 978-3-7657-3457-1, 19,90 Euro).
Ein Historiker sieht früher als andere
Karl Schlögels wissenschaftliches Wirken zeichnet sich durch eine außergewöhnliche Voraussicht aus. Schon früh warnte Karl Schlögel vor der aggressiven Expansionspolitik Putins; die Annexion der Krim führte ihn dazu, sich verstärkt mit der Geschichte der Ukraine auseinanderzusetzen (Stand: 20.10.2025)*. Diese Entwicklung markierte einen Wendepunkt in seiner Arbeit und verstärkte seine intensive Beschäftigung mit der Ukraine als eigenständiger Nation mit einer komplexen Historie.
Frühe Warnungen und Folgen
Die Besetzung der Krim im Jahr 2014 bestätigte Schlögels langjährige Beobachtungen zur politischen Entwicklung Russlands. Während viele in Europa noch auf Dialog und wirtschaftliche Verflechtung setzten, erkannte der Historiker die systematische Regelverletzung als Kern der neuen Moskauer Politik. Seine Analysen gingen über die reine Geschichtswissenschaft hinaus und entwickelten sich zu einem essenziellen Beitrag zum Verständnis der geopolitischen Realitäten im Osten Europas.
Langjährige Recherchen und Reisen
Schlögels Methode basiert auf unmittelbarer Erfahrung. Zentral für Schlögels Werk ist das Ergründen von Geschichte durch eigene, langjährige Reisen und Begegnungen, z. B. bereits seit 1965 in Prag und 1966 in Moskau (Stand: 14.10.2025)*. Diese chronologische Abfolge – von seinen ersten Aufenthalten in Prag (1965) bis nach Moskau (1966) – legte das Fundament für sein tiefes Verständnis der Region. Seine Forschungen speisen sich nicht nur aus Archivarbeit, sondern ebenso aus dem direkten Gespräch und der physischen Präsenz in den Städten und Landschaften, über die er schreibt. Diese persönliche Erkundung ermöglichte ihm ein differenziertes Bild, das über gängige Klischees und politische Vereinfachungen hinausreicht.
Wie die Jury und Medien Schlögel sehen
Die Auszeichnung Karl Schlögels mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2025 fand nicht im luftleeren Raum statt. Sowohl die offizielle Jurybegründung als auch die mediale Berichterstattung entwickelten eigenständige Lesarten seines Werkes, die über die reine Würdigung des Historikers hinausweisen.
Jurybetonung: Städte und europäische Perspektiven
Die Jury hob hervor, dass Schlögel Orte wie Kyjiw, Odessa, Lwiw und Charkiw durch seine Werke in das (west-)europäische Bewusstsein rückte und perspektivisch St. Petersburg und Moskau als europäische Metropolen beschreibt (Stand: 20.10.2025)*. Diese Betonung zeigt ein spezifisches Verständnis von Schlögels Beitrag: Nicht nur die großen Narrative, sondern die konkreten urbanen Räume stehen im Mittelpunkt. Die Jury interpretiert sein stadtgeschichtliches Werk als Brückenbau zwischen Ost und West – eine geografische und kulturelle Erweiterung des europäischen Selbstverständnisses.
Mediale Bewertung
In der öffentlichen Debatte erhielt die Preisvergabe eine deutlich politische Note. Die Verleihung des Friedenspreises 2025 an Karl Schlögel wird von deutschen Leitmedien überwiegend als deutliches Zeichen für eine pro-ukrainische, europäisch-solidarische Haltung gewertet (Stand: 20.10.2025)*. Während die Jury den wissenschaftlichen und kulturellen Beitrag Schlögels hervorhebt, lesen Kommentatoren die Entscheidung als Statement zum aktuellen politischen Konflikt.
Diese unterschiedlichen Akzentsetzungen zeigen die Vielschichtigkeit von Schlögels Wirken: Der Historiker erscheint gleichzeitig als Archäologe vergessener urbaner Räume und als zeitgenössischer politischer Denker. Während die Jury die langfristige europäische Integration durch Geschichtsbewusstsein betont, deuten Medien den Preis als unmittelbare Stellungnahme zur gegenwärtigen geopolitischen Lage. Beide Perspektiven ergänzen sich zu einem vielschichtigen Bild des Preisträgers und der Bedeutung seiner Arbeit in einer krisenhaften Zeit.
Gesellschaftliche Relevanz: Was bleibt für Europa?
Karl Schlögels Friedenspreis-Rede, verliehen am 19. Oktober 2025, wirkt über den Tag der Verleihung hinaus.* Die direkte Nachbarschaft ist kein garantiert friedlicher Raum mehr, und autoritäre Regime setzen gezielt auf Verunsicherung und Propaganda.
Aus dieser Diagnose ergeben sich klare Aufgaben für Gesellschaft und Politik. Es geht nicht um Alarmismus, sondern um realistische Vorbereitung auf eine veränderte Weltlage. Die Ukraine zeigt, dass Widerstandsfähigkeit sowohl individuelle Haltung als auch institutionelle Stärke erfordert.
Folgende Handlungs- und Denkrichtungen lassen sich aus Schlögels Thesen ableiten:
- Zivilgesellschaftliche Resilienz stärken: Informationskompetenz wird zur demokratischen Überlebensfähigkeit, um Propaganda und Desinformation zu erkennen
- Geopolitische Bildung verankern: Schulen und Kulturinstitutionen müssen internationale Entwicklungen vermitteln, nicht als Nischenthema, sondern als Grundbildung
- Öffentliche Debatten über Verteidigung führen: Was bedeutet Solidarität konkret? Welche Sicherheitsarchitektur braucht Europa?
- Europäische Handlungsfähigkeit ausbauen: Die EU muss lernen, schneller und entschlossener auf Bedrohungen zu reagieren
- Demokratische Werte praktisch leben: Freiheit und Rechtsstaatlichkeit sind keine Selbstverständlichkeiten, sondern täglich zu verteidigende Güter
Schlögels Appell mündet in einer einfachen, aber weitreichenden Erkenntnis: Europas Zukunft hängt davon ab, ob es bereit ist, von denen zu lernen, die bereits unter existenziellen Bedrohungen stehen. Die ukrainische Erfahrung mit Widerstand und Selbstbehauptung wird zum Lehrstück für ganz Europa – wenn wir bereit sind, hinzusehen und die Konsequenzen zu ziehen.
Weiterführende Informationen und Quellen
Für vertiefende Einblicke in die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2025 an Karl Schlögel stehen verschiedene journalistische Quellen zur Verfügung. Die Recherche für diesen Beitrag stützte sich auf Berichte führender Medien, die unterschiedliche Perspektiven auf den Historiker und seine Auszeichnung beleuchten.
Ein ausführliches Porträt Schlögels als "Archäologe des Ostens" bietet Deutschlandfunk Kultur in seinem Beitrag vom 20. Oktober 2025*. Das ZDF informierte am 14. Oktober 2025 über die Preisverleihung mit besonderem Fokus auf Schlögels Ukraine-Bezug*. Die Süddeutsche Zeitung veröffentlichte in ihrer Ausgabe vom 19. Oktober 2025 eine detaillierte Analyse der Laudatio von Katja Petrowskaja*.
Dieser Beitrag enthält Informationen und Zitate basierend auf einer Pressemitteilung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.
Weiterführende Quellen:
- „Schon früh warnte Karl Schlögel vor der aggressiven Expansionspolitik Putins; die Annexion der Krim führte ihn dazu, sich verstärkt mit der Geschichte der Ukraine auseinanderzusetzen (Stand: 20.10.2025).“ – Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/archaeologe-des-ostens-der-friedenspreistraeger-karl-schloegel-100.html
- „Die Jury hob hervor, dass Schlögel Orte wie Kyjiw, Odessa, Lwiw und Charkiw durch seine Werke in das (west-)europäische Bewusstsein rückte und perspektivisch St. Petersburg und Moskau als europäische Metropolen beschreibt (Stand: 20.10.2025).“ – Quelle: https://www.zdfheute.de/panorama/friedenspreis-deutscher-buchhandel-2025-karl-schloegel-ukraine-100.html
- „Eine bedeutende aktuelle Stimme zur Friedenspreisverleihung: Die ukrainisch-deutsche Schriftstellerin Katja Petrowskaja hielt die Laudatio auf Schlögel (Stand: 19.10.2025).“ – Quelle: https://www.zdfheute.de/panorama/friedenspreis-deutscher-buchhandel-2025-karl-schloegel-ukraine-100.html
- „Schlögels Dankesrede trug explizit den Titel ‚Von der Ukraine lernen. Verhaltenslehren des Widerstands.‘ (Stand: 19.10.2025).“ – Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/karl-schloegel-friedenspreis-laudatio-buchmesse-li.3316874
8 Antworten
Es ist wichtig für Europa zu verstehen, was in der Ukraine passiert! Wir sollten mehr Solidarität zeigen! Habt ihr Ideen, wie wir das besser umsetzen könnten?
Vielleicht sollten wir mehr Austauschprogramme mit der Ukraine fördern? Das könnte helfen, das Bewusstsein zu schärfen!
Schlögels Analyse zeigt uns auch die Gefahr von autoritären Regimes auf! Wir müssen wachsam sein und uns aktiv engagieren. Was denkt ihr sind die besten Wege dafür?
Ich finde es interessant, wie Schlögel auf die Methoden Putins hinweist. Es macht mir Angst zu sehen, wie leicht Regeln verletzt werden können. Was denkt ihr darüber? Sollte Europa härter durchgreifen?
Die Rede von Schlögel hat mich nachdenklich gemacht. Er spricht über die Bedeutung des Widerstands und das sollten wir nicht ignorieren! Wie können wir als Europäer mehr über diese Themen lernen?
Das ist ein guter Punkt! Vielleicht sollten Schulen mehr über solche Themen lehren? Ich denke, Bildung ist der Schlüssel zur Stärkung unserer Zivilgesellschaft.
Ich finde es echt beeindruckend, wie Karl Schlögel den Konflikt in der Ukraine anspricht. Es zeigt uns, wie wichtig es ist, von anderen Ländern zu lernen. Was denkt ihr über seine Sichtweise auf die Rolle der Ukraine?
Ich stimme zu! Die Ukraine hat wirklich viel durchgemacht und wir können viel von deren Widerstand lernen. Glaubt ihr, dass andere Länder auch so stark reagieren würden?