Bankenverband fordert bessere Finanzbildung: Aktuelle Zahlen, Kritik und Forderungen im Überblick

Der Bankenverband fordert eine Stärkung der Finanzbildung in Deutschland und hat dazu ein Positionspapier mit konkreten Handlungsempfehlungen vorgelegt. Anlass ist die ungeklärte Weiterentwicklung der Finanzbildungsstrategie seit dem Ende der Ampelkoalition im November 2024. Hauptgeschäftsführer Heiner Herkenhoff betont: "Finanzbildung ist mehr als ein individuelles Anliegen - sie ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag."
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Inhaltsübersicht

– Bankenverband fordert mehr Finanzbildung in Deutschland mit konkreten Maßnahmen
– Positionspapier enthält Handlungsempfehlungen wie Pflichtfach und Koordinationsstelle
– Ziel ist Stärkung wirtschaftlicher Selbstbestimmung bei Rentenunsicherheiten

Bankenverband fordert nationale Finanzbildungsstrategie

Der Bankenverband hat ein Positionspapier mit konkreten Handlungsempfehlungen vorgelegt, das eine Stärkung der Finanzbildung in Deutschland fordert. Anlass ist die ungeklärte Weiterentwicklung der Finanzbildungsstrategie seit dem Ende der Ampelkoalition am 6. November 2024*. Bisher bleibt offen, wie die aktuelle Bundesregierung die Strategie weiterführen wird. Das jetzt vorgestellte Papier zeigt konkrete Schritte auf, um die Umsetzung zeitnah voranzubringen.

Laut dem Verband stärkt Finanzbildung die wirtschaftliche Selbstbestimmung und gesellschaftliche Teilhabe. Sie befähigt Bürgerinnen und Bürger, kluge finanzielle Entscheidungen zu treffen und langfristig vorzusorgen. Angesichts wachsender wirtschaftlicher Unsicherheiten und der Belastung des Rentensystems sei es wichtiger denn je, die Finanzbildung in Deutschland auszubauen und zu stärken.

„Finanzbildung ist mehr als ein individuelles Anliegen – sie ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag“, sagt Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes.

Finanzbildung in Zahlen: Wo Deutschland steht

Die Forderungen des Bankenverbandes nach einer Stärkung der Finanzbildung basieren auf konkreten Daten, die teils überraschende Entwicklungen zeigen. Während die Kompetenz der Bevölkerung international zurückfällt, sinken gleichzeitig die Bundesmittel – obwohl die Nachfrage nach Fortbildungen bei Lehrkräften deutlich zunimmt.

Erwachsene: OECD-Bewertung

Die internationale Vergleichsstudie der OECD zur finanziellen Allgemeinbildung von Erwachsenen zeigt: Deutsche erreichen durchschnittlich 12,5 von 21 möglichen Punkten. Dieser Wert liegt unter dem OECD-Durchschnitt und verdeutlicht den Nachholbedarf bei der Vermittlung finanzieller Grundkompetenzen.

Haushalt & Fortbildung

Die Haushaltsmittel des Bundes für Finanzbildungsprojekte entwickeln sich gegenläufig zum gestiegenen Bedarf. Während 2023 noch 12 Millionen Euro bereitstanden, sind im aktuellen Bundeshaushalt nur noch 8 Millionen Euro veranschlagt (Stand: 16. August 2025)*. Diese Kürzung von einem Drittel erfolgt genau zu dem Zeitpunkt, an dem das Interesse an Qualifizierungsmaßnahmen spürbar wächst.

Die Entwicklung bei Lehrkräftefortbildungen zeigt einen klaren Aufwärtstrend: Von 2.100 teilnehmenden Lehrkräften im Jahr 2022 stieg die Zahl auf 2.600 im Jahr 2023 (Stand: Februar 2024)*. Dieser Anstieg um 500 Personen innerhalb eines Jahres unterstreicht die wachsende Bedeutung, die Pädagogen dem Thema beimessen.

Wichtige Kennzahlen im Überblick:

  • Internationale Finanzkompetenz: 12,5 von 21 Punkten
  • Bundesmittel 2023: 12 Millionen Euro
  • Bundesmittel 2025: 8 Millionen Euro
  • Fortbildungsteilnahmen 2022: 2.100 Lehrkräfte
  • Fortbildungsteilnahmen 2023: 2.600 Lehrkräfte
Jahr Indikator Wert Einheit Quelle/Stand
2023 OECD-Punkte Erwachsene 12,5 Punkte OECD, Oktober 2023*
2023 Bundesmittel Finanzbildung 12 Mio. Euro Bundesfinanzministerium, 2023*
2025 Bundesmittel Finanzbildung 8 Mio. Euro Bundesfinanzministerium, 16. August 2025*
2022 Lehrkräftefortbildungen 2.100 Personen KMK, Februar 2024*
2023 Lehrkräftefortbildungen 2.600 Personen KMK, Februar 2024*

Die gegenläufige Entwicklung von sinkenden Mitteln bei steigender Nachfrage nach Bildungsangeboten bildet die zentrale Argumentationsgrundlage für die Forderungen des Bankenverbandes. Während sich mehr Lehrkräfte fortbilden wollen, stehen weniger öffentliche Gelder zur Verfügung – eine Situation, die nach Ansicht des Verbandes dringend korrigiert werden muss.

Finanzkompetenz bei Jugendlichen: Wo stehen wir wirklich?

Die aktuelle Datenlage zur finanziellen Bildung junger Menschen zeigt ein differenziertes Bild mit klaren Entwicklungsfeldern. Während deutsche Schülerinnen und Schüler im internationalen Vergleich nahezu durchschnittlich abschneiden, offenbaren junge Erwachsene zwischen 18 und 29 Jahren besondere Wissenslücken in finanziellen Grundlagen.

Schülerinnen und Schüler: OECD-Ergebnis

Die OECD-Studie Financial Literacy of Students 2024 ermittelte für deutsche Schülerinnen und Schüler einen Mittelwert nahe dem OECD-Durchschnitt* . Diese Werte deuten darauf hin, dass die finanzielle Grundbildung in deutschen Schulen zwar international mithalten kann, aber noch nicht zur Spitzengruppe gehört.

Junge Erwachsene: Befunde der Bundesbank

Die Deutsche Bundesbank ermittelte in ihrer Umfrage, dass 45 % der Befragten grundlegende Finanzkenntnisse richtig beantworten konnten; bei den 18- bis 29-Jährigen lag dieser Anteil jedoch nur bei 37 %* . Diese deutliche Abweichung zeigt, dass junge Erwachsene nach Verlassen der Schule besondere Unterstützung benötigen, um ihr Finanzwissen zu festigen und zu erweitern.

Kontroversen um Finanzbildung: Pflichtfach oder Teilintegration?

Die Forderung nach einem eigenständigen Pflichtfach Finanzbildung trifft in der Bildungspolitik auf unterschiedliche Reaktionen. Während der Bankenverband eine flächendeckende Verankerung als separates Fach propagiert, zeigt die Realität in den Bundesländern ein gemischtes Bild und stößt bei Bildungsgewerkschaften auf deutliche Kritik.

Länder-Umsetzung: Flickenteppich Finanzbildung

Aktuell haben lediglich vier von sechzehn Bundesländern Finanzbildung als eigenständiges Pflichtfach in ihren Lehrplänen verankert*. Weitere acht Bundesländer integrieren finanzielle Bildung als Teilbereich in bestehende Fächer wie Wirtschaft oder Sozialkunde*. Diese unterschiedlichen Herangehensweisen führen zu einer uneinheitlichen Situation, die die Vergleichbarkeit der finanziellen Grundbildung zwischen den Bundesländern erschwert*.

Gewerkschaftliche Kritik: Soziale Ungleichheit befürchtet

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) positioniert sich klar gegen die Einführung separater Finanzbildungsfächer. In einer Stellungnahme aus dem Jahr 2024 warnt die Bildungsgewerkschaft vor voreiligen Strukturentscheidungen. Die GEW argumentiert, dass zusätzliche Pflichtfächer soziale Ungleichheiten im Bildungssystem möglicherweise verstärken könnten, statt sie abzubauen. Stattdessen plädiert die Gewerkschaft für eine Integration finanzieller Bildung in bestehende Fächer und für eine stärkere Förderung der Lehrkräftefortbildung.

Die konträren Positionen zeigen grundlegende Differenzen in der bildungspolitischen Strategie auf: Während Befürworter eines Pflichtfachs auf die verbindliche Vermittlung standardisierter Finanzkompetenzen setzen, verweisen Kritiker auf die Gefahr der Überfrachtung von Lehrplänen und die Herausforderungen bei der flächendeckenden Umsetzung. Diese unterschiedlichen Ansätze spiegeln die komplexe Abwägung zwischen verbindlichen Standards und flexiblen Integrationsmodellen wider, die die weitere Diskussion um die Finanzbildungsstrategie prägen wird.

Finanzbildung jetzt umsetzen: Was kommt auf Politik und Gesellschaft zu?

Die Forderungen des Bankenverbandes zeigen deutlich: Finanzbildung braucht mehr als nur Absichtserklärungen. Sie benötigt konkrete Strukturen und verbindliche Maßnahmen, die alle Bevölkerungsgruppen erreichen. Die vorgeschlagenen Schritte reichen von kurzfristig umsetzbaren Initiativen bis hin zu langfristigen strukturellen Veränderungen.

Kurzfristige Maßnahmen

Bereits in den kommenden Monaten ließen sich wichtige Weichen stellen. Verschiedene Akteure aus Bildung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft könnten zusammengebracht und bestehende Initiativen gebündelt werden*.

Für Schulen bietet sich die Fortbildung von Lehrkräften an, die bereits jetzt Wirtschaftsthemen unterrichten. Diese niedrigschwelligen Maßnahmen würden die Grundlage für nachhaltigere Reformen schaffen*.

Offene Fragen an die Politik

Trotz der konkreten Vorschläge bleiben entscheidende Fragen unbeantwortet. Wann wird die seit November 2024 ruhende nationale Finanzbildungsstrategie wieder aufgegriffen?

Die Politik steht vor der Aufgabe, nicht nur über Finanzbildung zu sprechen, sondern verbindliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Der Bankenverband betont: „Finanzbildung ist mehr als ein individuelles Anliegen – sie ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag.“ Diese Erkenntnis muss sich nun in Taten niederschlagen. Wer ergreift die Initiative, um die verschiedenen Akteure an einen Tisch zu bringen und die Strategie zügig umzusetzen?

Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung des Bundesverbandes deutscher Banken e.V. mit aktuellen Forderungen zur Stärkung der Finanzkompetenz in Deutschland.

Weiterführende Quellen:

9 Antworten

  1. ‚Finanzbildung als gesamtgesellschaftlicher Auftrag‘ – das klingt gut! Ich frage mich jedoch, wie wir die Finanzierung konkret sicherstellen können? Gibt es Pläne zur Unterstützung von Lehrkräften in diesem Bereich? Es ist so wichtig für unsere Zukunft.

    1. ‚Qhahn‘, ich teile deine Bedenken über die Finanzierung! Wir müssen einen klaren Plan entwickeln und vielleicht auch private Unternehmen in den Prozess einbeziehen. Zusammenarbeit könnte helfen.

    2. Ludwig21 hat recht. Kooperationen könnten zusätzliche Ressourcen schaffen. Finanzbildung sollte nicht nur auf Schultern des Staates liegen. Was haltet ihr von Partnerschaften mit Banken oder anderen Institutionen?

  2. Das Positionspapier des Bankenverbandes scheint mir sehr durchdacht zu sein! Ich schätze die Initiative zur Verbesserung der finanziellen Bildung. Aber wie können wir sicherstellen, dass alle Bundesländer mitziehen? Das Thema braucht Einheitlichkeit!

  3. Ich finde es toll, dass das Thema Finanzbildung jetzt mehr in den Fokus rückt! Aber ich frage mich, ob ein Pflichtfach wirklich der richtige Weg ist? Vielleicht sollten wir lieber in bestehende Fächer integrieren. Was denkt ihr darüber?

    1. Wolfgang66, ich bin da ganz bei dir! Ein Pflichtfach könnte zu viel Druck erzeugen. Stattdessen sollten wir kreative Wege finden, um finanzielle Bildung spannend zu gestalten und nicht nur als Pflicht zu sehen.

  4. Der Rückgang der Bundesmittel für Finanzbildung ist wirklich besorgniserregend! Wie sollen wir die nächsten Generationen aufbauen? Ich hoffe, dass wir bald Lösungen finden und mehr Mittel bereitgestellt werden. Es ist ein gesamtgesellschaftliches Thema!

  5. Ich finde die Idee von mehr Finanzbildung wirklich wichtig, aber frage mich, ob die Vorschläge des Bankenverbandes genug sind? Es gibt so viele Aspekte im Finanzbereich, die man berücksichtigen muss. Wie sieht es mit der praktischen Umsetzung aus?

    1. Ja, das ist ein guter Punkt, Eckard. Ich denke auch, dass wir dringend eine klare Strategie brauchen. Vielleicht sollte die Politik mehr auf die Stimmen der Lehrkräfte hören und wie sie in den Schulen finanzielle Bildung integrieren können.

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