– 44 % der DEVAP-Einrichtungen haben 20–50 % ausländische Mitarbeitende, 80 % BeB knapp 20 %.
– 66 % der Träger sehen bürokratische Hindernisse, 71 % mangelnde Abschlussanerkennung, 63 % Visaprobleme.
– 60 % der Träger bieten Behördengänge-Hilfen, 52 % Wohnungsunterstützung, 49 % Sprachkurse an.
Vielfalt und Integration in der Sozialwirtschaft: Engagement und Herausforderungen
Die Sozialwirtschaft in Deutschland steht vor großen Herausforderungen – und gleichzeitig zeigt sie hohe Einsatzbereitschaft, Vielfalt und Integrationsarbeit aktiv zu gestalten. Eine aktuelle Blitzumfrage des Evangelischen Bundesfachverbands für Teilhabe (BeB) und des Deutschen Evangelischen Verbands für Altenarbeit und Pflege e.V. (DEVAP) verdeutlicht: Fachkräfte aus dem Ausland sind heute schon eine unverzichtbare Säule für soziale Teilhabe und Langzeitpflege.
Bei 44 % der DEVAP-Mitgliedseinrichtungen liegt der Anteil ausländischer Mitarbeitender zwischen 20 % und 50 %. Bei 80 % der BeB-Mitglieder liegt der Anteil bei knapp 20 % – und der Bedarf an internationalem Personal wächst deutlich. Europa ist dabei die Haupt-Herkunftsregion mit rund 80 %, gefolgt von Afrika und Asien. Die demografische Entwicklung zwingt die Sozialwirtschaft zum Blick über die Grenzen.
Doch die Gewinnung dieses Personals wird von vielen Trägern als massiv erschwert erlebt: Die Blitzumfrage zeigt, dass bei zwei Dritteln der befragten Träger bürokratische Hürden den Zugang zu ausländischem Personal erschweren. Fehlende Anerkennung von Abschlüssen (71 %), Probleme mit Aufenthaltsstatus (63 %) und aufwendige Verfahren (66 %) werden als zentrale Hindernisse genannt. 76 % der 191 teilnehmenden Träger berichten, dass Visa-Prozesse deutlich länger als drei Monate dauern.
Die Träger leisten aber zugleich erheblichen Einsatz, um Integration zu fördern und zu gestalten. Besonders häufig bieten sie Hilfestellung bei Behördengängen (60 %), Unterstützung bei der Wohnungssuche (52 %) sowie Sprachkurse (49 %) an. Ergänzend organisieren viele Orientierungstage und Schulungen, um das Team für die Integration zu sensibilisieren.
Vorsitzender des DEVAP, Wilfried Wesemann, erläutert:
„Die Umfrageergebnisse zeigen deutlich, dass bei den Trägern ein hohes Maß an Engagement für eine gute Integration vorhanden ist. Die strukturierten Integrationsmaßnahmen sind jedoch oft unterfinanziert und es wird dringend Unterstützung von Seiten der zuständigen Stellen für die Anerkennungsverfahren gefordert. Als konkrete Unterstützungsmaßnahmen werden die Schaffung von zentralen Integrationsstellen, die Beschleunigung von Visa- und Anerkennungsverfahren, der systematische Ausbau von Sprachförderung, die Förderung von Austauschplattformen für die Träger sowie die Refinanzierung von Integrationsarbeit genannt.“
Auch der BeB-Vorsitzende Pfarrer Frank Stefan unterstreicht die Bedeutung passgenauer Lösungen, insbesondere in der Eingliederungshilfe:
„Vielfalt gehört längst zum Alltag in vielen Einrichtungen der Eingliederungshilfe und Sozialpsychiatrie. Unsere Mitglieder beschäftigen bereits seit Jahren Mitarbeitende mit internationalen Biografien und gestalten Integration mit viel Engagement – oft unter schwierigen Bedingungen. Gerade in der Eingliederungshilfe brauchen wir endlich passgenaue Lösungen: Der Beruf der Heilerziehungspflege ist international kaum bekannt, so dass Lösungen für Quereinsteiger notwendig sind. Wir fordern daher modulare und praxisnahe Anerkennungsverfahren, zielgerichtete Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote sowie eine bundesweite Anlaufstelle, die auf die besonderen Anforderungen der Eingliederungshilfe zugeschnitten ist. Wenn Integration gelingen soll, müssen die politischen Rahmenbedingungen die Realität vor Ort abbilden – nicht umgekehrt.“
Die Sozialwirtschaft steht somit in der Pflicht und ist zugleich auf ein wirksames Handeln der Politik angewiesen. Der Koalitionsvertrag betont, dass Deutschland ein einwanderungsfreundliches Land bleiben und qualifizierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt weiter gefördert werden soll. Doch dafür sei „ein spürbarer Bürokratieabbau unabdingbar“, damit insbesondere Visa- und Anerkennungsverfahren alltagsgerecht und zügig ablaufen können. Vorgesehen sind Maßnahmen wie die Etablierung einer digitalen „Work-and-stay-Agentur“, einheitliche Anerkennungsverfahren innerhalb von acht Wochen und der dauerhafte Ausbau von Berufssprachkursen. Die Verbände BeB und DEVAP bringen hierbei ihre Expertise ein, um die Umsetzung zeitnah zu begleiten.
Die Umfrage fand im April 2025 statt und hat mit 191 teilnehmenden Trägern aus allen Bundesländern ein breites Bild zur Vielfalt und Integration in der Diakonie gezeichnet. Am stärksten vertreten sind Nordrhein-Westfalen (30 %), Niedersachsen (12 %) und Bayern (13 %). Diese Daten untermauern die zentrale Rolle, die Fachkräfte aus dem Ausland bereits heute im sozialen Sektor spielen – und wie wichtig es ist, die Rahmenbedingungen für ihre Gewinnung und Integration zu verbessern.
Vielfalt in der Sozialwirtschaft ist kein bloßer Trend, sondern gelebte Realität – doch sie fordert Anpassungen bei Anerkennung, Qualifikation und Verwaltung, um die Potenziale der internationalen Beschäftigten voll zu nutzen und langfristig zu sichern.
Integrationshürden und Zukunftsperspektiven für die Sozialwirtschaft
Die Sozialwirtschaft steht vor einer grundlegenden Herausforderung: Die demografische Entwicklung führt zu einem zunehmenden Fachkräftemangel, der ohne die Integration internationaler Arbeitskräfte nicht zu bewältigen ist. Bereits heute liegt der Anteil ausländischer Mitarbeitender in vielen Einrichtungen zwischen 20 % und 50 %, insbesondere in der Pflege und Teilhabe ist ihr Beitrag unverzichtbar. Im gesellschaftlichen und politischen Kontext hat die Fachkräftesicherung durch Zuwanderung hohe Priorität, wie auch der aktuelle Koalitionsvertrag bestätigt, der Deutschland als ein einwanderungsfreundliches Land beschreibt und die Förderung der qualifizierten Zuwanderung vorsieht.
Der Weg zu einer erfolgreichen Integration dieser Fachkräfte ist jedoch durch mehrere strukturelle Hürden erschwert. Hauptprobleme sind die fehlende Anerkennung von ausländischen Qualifikationen, langwierige Visa- und Aufenthaltsverfahren sowie bürokratische Hemmnisse. 71 % der Einrichtungen nennen unzureichende Anerkennungsprozesse als zentrales Hindernis, 63 % berichten von Schwierigkeiten mit dem Aufenthaltsstatus, und 66 % beklagen den hohen Verwaltungsaufwand. Visa-Prozesse dauern oft mehrere Monate, was die Besetzung offener Stellen verzögert. Diese Verzögerungen erschweren nicht nur die Gewinnung neuer Fachkräfte, sondern belasten auch die Trägerorganisationen stark.
Gleichzeitig zeigen die Trägerorganisationen ein hohes Engagement bei der praktischen Integration. Zu den häufigsten Maßnahmen zählen die Hilfestellung bei Behördengängen, Unterstützung bei der Wohnungssuche und Sprachförderung. Dennoch mangelt es an ausreichender Finanzierung für diese Integrationsarbeit. Um die sozialwirtschaftliche Versorgung zukunftsfähig zu gestalten, sind deshalb zügigere, transparentere und alltagstaugliche Strukturen notwendig.
Wie Integration gelingen kann: Erfolgsfaktoren und Stolpersteine
Eine erfolgreiche Integration internationaler Fachkräfte in der Sozialwirtschaft hängt von mehreren Faktoren ab. Zentrale Gelingensbedingungen sind:
- Beschleunigte Anerkennungsverfahren: Modulare und praxisnahe Verfahren, die branchenspezifische Besonderheiten berücksichtigen, wie etwa bei der Heilerziehungspflege.
- Effiziente Visa- und Aufenthaltsprozesse: Um lange Wartezeiten zu vermeiden und den Fachkräften Sicherheit zu geben.
- Ausbau von Sprachförderung: Berufssprachkurse und kontinuierliche Sprachentwicklung ermöglichen bessere Verständigung und Arbeitsqualität.
- Strukturelle Unterstützung der Träger: Aufbau zentraler Integrationsstellen und Förderprogramme, die finanzielle und organisatorische Ressourcen bereitstellen.
- Team- und Organisationskultur: Offenheit für Vielfalt und Förderung interkultureller Kompetenzen schaffen ein unterstützendes Arbeitsumfeld.
- Wohnungs- und Alltagsintegration: Praktische Hilfe bei der Wohnungssuche und Behördenkontakten erleichtert den Neustart und fördert das Zugehörigkeitsgefühl.
Fehlende Anerkennung, bürokratische Hemmnisse und unzureichende finanzielle Mittel sind die größten Stolpersteine, die die Integration erschweren. Deshalb fordern die Sozialverbände konkrete politische Unterstützung und eine Realitätsanpassung der Rahmenbedingungen: „Wenn Integration gelingen soll, müssen die politischen Rahmenbedingungen die Realität vor Ort abbilden – nicht umgekehrt.“
Ausblick: Chancen und Risiken einer internationalen Sozialwirtschaft
Die fortschreitende Internationalisierung des Fachkräftepotenzials bietet enorme Chancen für die Sozialwirtschaft. Sie ermöglicht die Sicherung der Versorgung, bringt kulturelle Vielfalt in die Einrichtungen und unterstützt inklusives Denken und Handeln. Insbesondere Pflege, Teilhabe und Sozialpsychiatrie profitieren von der Vielfalt der Mitarbeitenden, die oft mit großem Engagement und Erfahrung zur Alltagspraxis beitragen.
Gleichzeitig bergen die bestehenden strukturellen Hürden Risiken: Langwierige Anerkennungsverfahren und komplizierte Auflagen können dazu führen, dass Fachkräfte verloren gehen oder nicht in vollem Umfang eingesetzt werden können. Ohne gezielte Reformen droht eine Unterversorgung vor allem in Bereichen, die auf spezialisierte und qualifizierte Zuwanderung angewiesen sind.
Die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Maßnahmen wie eine „Work-and-stay-Agentur“, einheitliche Anerkennungsverfahren innerhalb von acht Wochen und der Ausbau von Berufssprachkursen bieten eine solide Grundlage für Verbesserungen. Die Verbände DEVAP und BeB unterstreichen ihre Bereitschaft, bei der Gestaltung der Umsetzung mit Expertise zu unterstützen.
Eine sozialwirtschaftliche Zukunft mit internationalem Fachkräftepotenzial ist nicht nur eine Reaktion auf den Fachkräftemangel, sondern auch eine Chance für eine dynamische, integrative und nachhaltige Entwicklung des gesamten sozialen Sektors. Schnellere und transparentere Integrationsprozesse sind daher essenziell, um die Versorgungssicherheit in Pflege, Teilhabe und darüber hinaus zu gewährleisten.
Die im Beitrag aufgeführten Informationen und Zitate basieren auf einer Pressemitteilung des Deutschen Evangelischen Verbands für Altenarbeit und Pflege e.V. (DEVAP).
7 Antworten
„Vielfalt gehört längst zum Alltag“ – das finde ich super! Die Frage ist aber: Wie schaffen wir es wirklich, dass alle Mitarbeitenden sich wohlfühlen und integriert werden? Offene Gespräche könnten ein Anfang sein.
Ich finde die Informationen sehr aufschlussreich! Aber was genau wird getan, um den Fachkräftemangel langfristig zu bekämpfen? Sind neue Strategien in Planung?
Das ist wirklich ein großes Thema! Vielleicht könnten auch Partnerschaften mit Bildungseinrichtungen helfen, um gezielt Fachkräfte auszubilden und ihnen einen Weg nach Deutschland zu ebnen.
Die Zahlen sind erschreckend und zeigen klar, wie viel Verbesserungen nötig sind. Ich frage mich, wie die Träger konkret unterstützt werden können? Gibt es bereits Initiativen dafür?
Das ist eine wichtige Frage! Ich denke, dass mehr finanzielle Mittel bereitgestellt werden müssen. Außerdem sollten auch Schulungen für bestehende Mitarbeiter angeboten werden.
Ich finde es gut, das die Integration von internationalen Fachkräften so wichtig ist. Aber was sind die konkreten Schritte, die unternommen werden, um diese bürokratischen Hürden abzubauen? Es wäre interessant zu wissen, wie andere Länder das lösen.
Ja, ich stimme zu. Es gibt sicher viele Beispiele aus anderen Ländern. Vielleicht sollten wir mehr darüber lesen und lernen, wie die Integration besser gefördert werden kann.