EU-Waldmonitoring: Scharfe Kritik an Brüsseler Forstpolitik – AGDW warnt vor Eingriff in nationales Subsidiaritätsprinzip

Der Agrarrat hat sich gestern – trotz des Widerstands Deutschlands – auf eine gemeinsame Position zur geplanten EU-Verordnung für ein europaweites Waldmonitoring verständigt. AGDW und Familienbetriebe Land und Forst kritisieren, das neue Rechtsinstrument überschreite die EU-Kompetenzen, unterlaufe das Subsidiaritätsprinzip und ebne künftigen Eingriffen in nationale Forstzuständigkeiten den Weg. Diese Grundbedenken bleiben laut Verbänden auch nach den vorgenommenen Entschärfungen bestehen, weswegen sie den vollständigen Rückzug des Vorschlags verlangen.
VerbandsMonitor – Themen, Trends und Ticker vom 13.04.2025

– EU-Agrarrat stimmt trotz deutscher Kritik für entschärften Entwurf eines EU-Waldmonitorings
– AGDW und Familienbetriebe kritisieren Verordnung als subsidiaritätswidrigen Eingriff in nationale Forstzuständigkeiten
– Sie fordern Kommissionsrückzug und warnen vor künftiger Ausweitung via delegierter Rechtsakte

EU-Waldmonitoring stößt auf scharfe Kritik wegen Zuständigkeitsverschiebung

Der Agrarrat der EU-Mitgliedstaaten hat sich trotz massiven Widerstands aus Deutschland auf eine gemeinsame Position zur geplanten Verordnung für ein europaweites Waldmonitoring geeinigt. Zwar wurde der Entwurf der EU-Kommission in einigen Punkten abgeschwächt, doch die grundsätzliche Kritik bleibt bestehen: Mit der Verordnung würde ein neues Rechtsinstrument geschaffen, das die Zuständigkeit für die Forstpolitik teilweise von den Mitgliedstaaten auf die EU verlagert. Diese Ausweitung wird mit Blick auf das Subsidiaritätsprinzip als klar abzulehnen erachtet.

Max von Elverfeldt, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst, warnt ausdrücklich vor den Folgen: „Wer ein eigenes europäisches Waldmonitoring einführt, bereitet den Weg für eine künftige Vergemeinschaftung forstpolitischer Entscheidungen.“ Er verweist darauf, dass das bestehende System in Deutschland mit der Bundeswaldinventur und ergänzenden Erhebungen funktioniere – verlässlich und rechtlich abgesichert. Ein zusätzlicher bürokratischer Mehraufwand aus Brüssel sei deshalb nicht notwendig.

Auch Prof. Andreas Bitter, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW), unterstreicht die Bedeutung der nationalen Zuständigkeiten in der Forstpolitik. „Aus guten Gründen liegt die Zuständigkeit für die Forstpolitik in den Händen der EU-Mitgliedstaaten,“ sagt er und betont die vielfältigen regionalen Unterschiede in der Waldbewirtschaftung von den mediterranen Eichenwäldern bis zu den borealen Kiefernwäldern Skandinaviens. Er warnt vor einer Vereinheitlichung durch eine EU-Verordnung, die diese Unterschiede ignorieren würde: „Wer die Vielfalt der Wälder Europas in ein regulatorisches EU-Einheitskorsett zwängen will, wird scheitern.“

Trotz einiger Entschärfungen, wie etwa der Reduzierung der Detailtiefe bei Flächenangaben oder der Anzahl der einzubeziehenden Indikatoren, bleibe das Grundproblem bestehen: Erstmals würde mit der Verordnung ein eigenständiger EU-Rechtsrahmen für das Waldmonitoring etabliert, der künftige Eingriffe in die nationale Forsthoheit erleichtert. Durch delegierte Rechtsakte könnte der Anwendungsbereich der Verordnung später ohne Zustimmung der Mitgliedstaaten erheblich ausgeweitet werden.

Die AGDW und die Familienbetriebe Land und Forst fordern deshalb den vollständigen Rückzug des Vorschlags. Elverfeldt und Bitter machen deutlich: „Die Bundesregierung hat den Konstruktionsfehler der Verordnung erkannt und lehnt ihn deshalb zu Recht ab. Die Ratsabstimmung zeigt deutlich: Für die ursprünglichen Pläne der Kommission gibt es keine politische Mehrheit. Ein Rückzug des Vorschlags wäre der folgerichtige Schritt.“

Hintergründe: Zwischen nationaler Souveränität und europäischer Einheit

Die Debatte um das geplante EU-Waldmonitoring steht exemplarisch für das Spannungsfeld zwischen nationaler Zuständigkeit und europäischer Kooperation. Während die EU-Kommission einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Erfassung und Auswertung von Walddaten europaweit schaffen will, sehen viele nationale Verbände darin einen Eingriff in die bewährten und regional zugeschnittenen Forstpolitiken. Das zentrale Streitthema ist die Frage, wie weit die europäische Ebene bei einem so sensiblen Bereich wie der Forstwirtschaft gehen darf – und wo die Grenzen der nationalen Souveränität liegen.

Das geplante Monitoring verfolgt das Ziel, umfangreiche und vergleichbare Daten über den Zustand der Wälder in allen Mitgliedsstaaten zu sammeln. Dies soll den Klimaschutz und die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele unterstützen, indem die EU bessere Grundlagen für koordinierte Maßnahmen erhält. Doch genau hier liegen die Sorgen vieler Akteure: Ein einheitlicher EU-Rechtsrahmen könnte die unterschiedlichen Anforderungen und regionalen Bedingungen nicht ausreichend berücksichtigen. Wälder in verschiedenen Klimazonen und unter variierenden Nutzungsbedingungen benötigen angepasste Bewirtschaftungsformen. So warnt Prof. Andreas Bitter, Präsident der AGDW – Die Waldeigentümer, davor, dass ein "regulatorisches EU-Einheitskorsett" die Vielfalt der europäischen Wälder nicht erfassen könne.

Was steht hinter dem EU-Waldmonitoring?

Die Verordnung soll neuerdings ein eigenständiges Rechtsinstrument auf EU-Ebene etablieren und damit erstmals klare Forstzuständigkeiten über die Mitgliedsstaaten hinaus begründen. Das widerspricht dem Prinzip der Subsidiarität, das besagt, dass Entscheidungen dort getroffen werden sollen, wo sie den größten Nutzen bringen – meist auf nationaler oder regionaler Ebene. Kritiker warnen deshalb, dass das Monitoring der EU Wege für zukünftige Vergemeinschaftungen öffnet, die über reine Datenerhebungen hinausgehen könnten. Die Sorge ist, dass delegierte Rechtsakte später ohne Debatten die Nutzung und Bewirtschaftung der Wälder stärker regulieren könnten.

Dem gegenüber steht die Forderung nach mehr Koordination und Transparenz in der europäischen Forstpolitik. Einheitliche und vergleichbare Daten sollen helfen, die Herausforderungen des Klimawandels effizienter zu bewältigen und gemeinsame Strategien zu entwickeln. Bisher laufen die nationalen Waldinventuren sehr unterschiedlich ab, was die Vergleichbarkeit erschwert. Für die EU ist dies ein Grund, einen verbindlichen Rahmen einzuführen, um gemeinschaftliche Klima- und Nachhaltigkeitsziele besser verfolgen zu können.

Welche Auswirkungen hat die Regelung für Bürger und Umwelt?

Die Folgen der neuen Verordnung wären vielschichtig und betreffen verschiedene Gruppen:

  • Waldbesitzer und Forstwirtschaft: Sie fürchten Einschränkungen ihrer Handlungsspielräume und eine Überregulierung durch Brüssel. Vor allem private und kommunale Waldeigentümer sehen den Verlust der Anpassungsfähigkeit an lokale Waldbedingungen kritisch. Die Familienbetriebe Land und Forst betonen, dass das bisherige System in Deutschland "verlässlich und rechtsstaatlich abgesichert" ist und kein zusätzlicher Regelungsbedarf bestehe.

  • Politik und Verwaltung: Ein einheitliches europäisches Monitoring könnte die Arbeit der Verwaltungen transparenter und koordinierter machen. Gleichzeitig wächst aber der politische Streit über Zuständigkeiten – ein Prozess, der zu Verzögerungen und Konflikten führen kann.

  • Umwelt und Gesellschaft: Bessere Daten können den Schutz der Wälder als wichtige CO₂-Senken verbessern und zur Erreichung von Klimazielen beitragen. Gleichzeitig darf die Vielfalt der Wälder nicht durch eine pauschale Regelung übersehen werden, um negative Effekte durch falsche Steuerungsmaßnahmen zu vermeiden.

Aktuell hat sich der Agrarrat der EU-Mitgliedstaaten auf eine abgeschwächte Version des Vorschlags geeinigt, die etwa die Detailtiefe der Flächenangaben und die Anzahl der Indikatoren reduziert. Die grundsätzlichen Bedenken bleiben jedoch bestehen. Max von Elverfeldt, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst, warnt: "Wer ein eigenes europäisches Waldmonitoring einführt, bereitet den Weg für eine künftige Vergemeinschaftung forstpolitischer Entscheidungen."

Der Umgang mit diesem Thema spiegelt eine generelle Herausforderung der Europäischen Union wider: Wie schafft man einen engen europäischen Schulterschluss bei gleichzeitigem Respekt vor den Besonderheiten und Eigenverantwortlichkeiten der Mitgliedstaaten? Ähnliche Debatten gab es etwa beim Umgang mit Wasser- oder Luftqualitätsstandards, wo Kompromisse zwischen einheitlichen Vorgaben und lokaler Umsetzung gefunden werden mussten.

Der politische Entscheidungsprozess bleibt offen. Die Bundesregierung lehnt das Vorhaben in seiner jetzigen Form ab, sehr wahrscheinlich wird die Verordnung weiterhin Gegenstand intensiver Verhandlungen sein. Ob und wie die EU künftig in forstpolitische Belange eingreifen wird, ist ein Balanceakt, der sowohl die europäischen Klima- und Naturschutzziele als auch die Interessen regionaler Waldbewirtschafter berücksichtigen muss.

Die Informationen und Zitate in diesem Beitrag basieren auf einer gemeinsamen Pressemitteilung von AGDW – Die Waldeigentümer und Familienbetriebe Land und Forst.

11 Antworten

  1. Die aktuellen Diskussionen zeigen klar, wie wichtig es ist, lokale Stimmen zu hören! Ich hoffe wirklich, dass diese Bedenken ernst genommen werden.

    1. @Dunja05: Das hoffe ich auch! Vielleicht könnten Initiativen ins Leben gerufen werden, die sich für regionale Bedürfnisse einsetzen.

    2. @Hiller Gernot: Gute Idee! Wir sollten unbedingt versuchen uns zusammenzuschließen und unsere Anliegen an die Entscheidungsträger weiterzuleiten!

  2. @Zbeckmann: Du hast recht! Die Bedenken sind ernst zu nehmen und sollten nicht ignoriert werden. Es wäre hilfreich, wenn mehr Informationen über den Einfluss solcher Verordnungen auf lokale Waldbewirtschafter bereitgestellt würden.

    1. @Pjacob: Absolut! Wir brauchen klare Daten und Transparenz darüber, wie diese Entscheidungen uns direkt betreffen könnten.

  3. Die Sorgen um eine Überregulierung durch Brüssel sind berechtigt. Der bestehende Rahmen in Deutschland scheint gut zu funktionieren. Was denkt ihr über die Balance zwischen nationaler Souveränität und EU-Kooperation?

    1. Ich stimme Andy77 zu! Ein einheitliches System könnte die Vielfalt unserer Wälder nicht erfassen. Wie sollten wir als Bürger darauf reagieren, um unsere Interessen zu wahren?

    2. @Andy77: Eine gute Frage! Vielleicht sollten wir uns stärker vernetzen und unsere Stimmen laut erheben, um auf die Bedeutung lokaler Anpassungsfähigkeit hinzuweisen.

  4. Die Kritik an der Verordnung ist verständlich. Es wäre interessant zu wissen, wie andere Länder mit ähnlichen Herausforderungen umgehen. Gibt es Beispiele für erfolgreiche nationale Forstpolitiken in Europa?

  5. Es ist bedauerlich, dass der Agrarrat trotz der Bedenken aus Deutschland einen Entwurf verabschiedet hat, der die nationale Forstpolitik gefährden könnte. Wie können wir sicherstellen, dass regionale Unterschiede in der Waldbewirtschaftung weiterhin respektiert werden?

    1. Ich finde es auch besorgniserregend. Ein einheitlicher Ansatz könnte tatsächlich mehr schaden als nützen. Gibt es Alternativen, die sowohl europäische als auch nationale Interessen berücksichtigen?

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