EU-Klimaziele 2035 und 2040: Chemieindustrie warnt vor Wettbewerbsnachteilen und fordert bezahlbare Energie

Die EU-Umweltminister beraten am 4. November 2025 über die Klimaziele für 2035 und 2040. Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) warnt: "Europa verliert sich in Zieldebatten, statt endlich zu liefern." Klimaneutralität erfordere bezahlbare Energie und verlässliche Infrastruktur – davon sei man jedoch weit entfernt.
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Inhaltsübersicht

– EU-Umweltminister beraten über gemeinsame Position zum Klimaziel 2040
– Kritik an Zieldebatten statt konkreter Umsetzung bezahlbarer Energie
– Forderung nach verlässlicher Infrastruktur statt zusätzlicher Belastungen für Industrie

EU-Umweltministerrat: Chemieverband fordert Ergebnisse statt Zieldebatten

Am morgigen Dienstag beraten die EU-Umweltminister über ihre gemeinsame Position zum EU-Klimaziel 2040. Zudem wollen sie sich vor der Weltklimakonferenz auf das Klimaziel verständigen, das die EU bis 2035 erreichen soll. Die Diskussionen finden vor dem Hintergrund kontroverser Debatten über die Ausrichtung der europäischen Klimapolitik statt.

Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie, positioniert sich klar: "Europa verliert sich in Zieldebatten, statt endlich zu liefern. Klimaneutralität erreicht man nicht mit Sonntagsreden, sondern mit bezahlbarer Energie und verlässlicher Infrastruktur. Davon sind wir weit entfernt. Strom und Wasserstoff bleiben teuer und knapp. Das bremst Investitionen und gefährdet den Standort."

Der VCI-Chef fordert konkrete Maßnahmen: "Solange die Politik ihre Hausaufgaben nicht macht, darf sie der Industrie keine zusätzlichen Lasten aufbürden. Wer Klimaschutz will, muss die Voraussetzungen schaffen. Nicht die Daumenschrauben weiter anziehen."

Der Verband der Chemischen Industrie vertritt als Europas größter Chemie- und Pharmaverband die Interessen von rund 2.300 Unternehmen. Die Branche erzielte im Jahr 2024 mit 240 Milliarden Euro Umsatz* und beschäftigt mehr als 560.000 Beschäftigte* in Deutschland.

Stand: 3. November 2025

Klimaziele der EU: Die Meilensteine bis 2040

Die europäische Klimapolitik folgt einem klar abgesteckten Zeitplan mit verbindlichen Vorgaben für die kommenden Jahrzehnte. Aktuell stehen drei zentrale Zielmarken im Fokus der politischen Diskussion, die den Weg zur Klimaneutralität 2050 vorgeben.

Das bereits beschlossene Klimaziel sieht eine Treibhausgasreduktion von 55 Prozent bis 2030 gegenüber dem Basisjahr 1990 vor* (Stand: 2025)*.

Was die Ziele praktisch bedeuten

Für die Zwischenetappe 2035 hat die EU-Kommission einen Zielkorridor vorgeschlagen* (Stand: 2025)*. Anders als das verbindliche 2030-Ziel handelt es sich hier um eine politische Absichtserklärung, die noch nicht rechtlich bindend ist. Diese Unterscheidung ist entscheidend: Während verbindliche Ziele rechtlich durchgesetzt werden müssen, dienen Zielkorridore als politische Richtgrößen für die weitere Gesetzgebung.

Prozess: EU, Ministerrat und COP30

Die zeitliche Abfolge der Entscheidungen folgt einem festgelegten Verfahren. Nach der Vorlage des Kommissionsvorschlags müssen sich die EU-Umweltminister auf eine gemeinsame Position einigen, bevor die endgültigen Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament beginnen können.

Parallel zu den internen EU-Verhandlungen läuft der internationale Prozess im Rahmen der UN-Klimakonferenzen. Bis zur COP30 im November 2025 sind alle Vertragsstaaten – einschließlich der EU – verpflichtet, aktualisierte nationale Klimabeiträge vorzulegen* (Stand: 2025)*. Diese doppelte Verpflichtung unterstreicht die Bedeutung der aktuellen EU-Entscheidungen für die internationale Klimadiplomatie.

Zahlen zur Wettbewerbsfähigkeit und Energieversorgung

Die energieintensiven Branchen in Deutschland stehen im Frühjahr 2025 vor erheblichen Herausforderungen. Besonders die Chemieindustrie leidet unter den hohen Energiepreisen, was zu Produktionsstilllegungen und Verlagerungen ins Ausland führt (Stand: Frühjahr 2025)*.

Die Wettbewerbsnachteile für europäische Unternehmen verschärfen sich weiter. Während in den USA Strom- und Gaspreise gesunken sind, bleiben die Industriestrompreise in Deutschland erheblich höher als in Nordamerika. Diese Diskrepanz vergrößert den Wettbewerbsabstand zwischen Europa und den USA kontinuierlich (Stand: Frühjahr 2025)*.

Industrieproduktion und Energiepreise

Die aktuelle Situation zeigt ein klares Muster: Hohe Energiekosten beeinträchtigen die Produktionsfähigkeit deutscher Unternehmen nachhaltig. Die Chemiebranche als energieintensiver Sektor reagiert besonders sensibel auf Preissignale. Die bestehenden Preisunterschiede zu internationalen Wettbewerbsstandorten führen zu strukturellen Nachteilen, die sich in Produktionsrückgängen und Standortverlagerungen manifestieren.

Transformationskosten und Wasserstoffziele

Der Monitoring-Bericht zur Energiewende 2025 prognostiziert für den Chemiesektor einen deutlich steigenden Strombedarf. Die Transformationsmehrkosten bis 2045 könnten bis zu 475 Milliarden Euro betragen (Stand: 2025)*. Diese Summe unterstreicht die finanziellen Herausforderungen der Klimatransformation.

Gleichzeitig zeigen sich erhebliche Hürden bei der Wasserstoff-Infrastruktur. Das Ziel eines Wasserstoff-Kernnetzes und 10 Gigawatt Elektrolyseleistung bis 2030 wird als kaum erreichbar eingeschätzt. Die Kosten für erneuerbaren Wasserstoff liegen deutlich über der Zahlungsbereitschaft der Industrie (Stand: 2025)*.

Jahr Ziel/Angabe Einheit Quelle/Stand
2030 Wasserstoff-Kernnetz & 10 GW Elektrolyseleistung chemietechnik.de (2025)*
2045 Transformationsmehrkosten Chemiesektor bis zu 475 Mrd. Euro chemietechnik.de (2025)*

Die Diskrepanz zwischen politischen Zielvorgaben und der realen Umsetzbarkeit wird immer deutlicher. Während die EU über Klimaziele für 2040 diskutiert, fehlt es an den grundlegenden Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transformation. Bezahlbare Energie und verlässliche Infrastruktur bleiben die entscheidenden Faktoren für den Erhalt der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in Europa.

Energiekosten als Standortfaktor: Was teurer Strom und knapper Wasserstoff für Industrie und Arbeitsplätze bedeuten

Die Diskussion um Klimaziele bleibt nicht Theorie – sie hat konkrete wirtschaftliche Konsequenzen. Wie die aktuellen Entwicklungen zeigen, wirken sich Energiepreise und Infrastrukturlücken direkt auf Investitionsentscheidungen und Beschäftigung aus. Die chemische Industrie als energieintensiver Sektor steht hier besonders im Fokus.

Welche Branchen sind besonders betroffen?

Bestimmte Wirtschaftszweige reagieren sensibler auf Energiepreisschwankungen als andere. Die Grundstoffindustrie – darunter Chemie, Stahl und Metallverarbeitung – benötigt kontinuierlich große Mengen an Strom und Wärme. Für diese Betriebe machen Energiekosten einen erheblichen Teil der Gesamtausgaben aus. Bereits kleinere Preisanstiege können ihre Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen.

Die pharmazeutische Produktion und spezialisierte Chemieunternehmen sind zwar weniger energieintensiv, aber auf verlässliche Versorgung angewiesen. Unterbrechungen oder volatile Preise gefährden hier komplexe Herstellungsprozesse und Just-in-time-Lieferketten. Der Mittelstand mit seinen oft hochspezialisierten Betrieben verfügt zudem über geringere finanzielle Puffer als Großkonzerne.

Folgen für Standortentscheidungen

Unternehmen treffen Investitionsentscheidungen heute mit Blick auf die nächsten Jahrzehnte. Fehlende Planungssicherheit bei Energiepreisen und unklare Perspektiven für Wasserstoff-Infrastruktur beeinflussen diese Prozesse wesentlich. Wie die Produktionsrückgänge im Frühjahr 2025 zeigten, können kurzfristige Anpassungen notwendig werden.

Langfristig stehen Standortverlagerungen im Raum. Investitionen fließen dorthin, wo bezahlbare Energie und verlässliche Rahmenbedingungen vorhanden sind. Dies betrifft nicht nur Neuanlagen, sondern auch die Erweiterung bestehender Produktionsstätten. Die Diskussion um zusätzliche regulatorische Lasten verschärft diese Überlegungen weiter.

Gegensteuern ließe sich durch gezielten Infrastrukturausbau und Preisstabilisierungsmechanismen. Der Aufbau von Wasserstoffnetzen und die Absicherung gegen extreme Preisspitzen könnten Investitionshemmnisse abbauen. Entscheidend ist, dass politische Zielvorgaben und infrastrukturelle Realität im Einklang stehen – nur so bleiben Industriearbeitsplätze und Wertschöpfung langfristig gesichert.

Politische Weichenstellungen: Was jetzt auf dem Spiel steht

Die Klimapolitik der Europäischen Union steht vor entscheidenden Monaten. Während die Umweltminister am 4. November 2025 über die gemeinsame Position zum EU-Klimaziel 2040 beraten, zeichnen sich bereits die nächsten wichtigen Etappen ab. Bis November 2025 müssen die Mitgliedstaaten ihre aktualisierten Klimabeiträge vorlegen – ein Termin mit erheblicher politischer Sprengkraft. Die Diskussionen kreisen dabei um grundlegende Fragen der Verbindlichkeit und Umsetzbarkeit klimapolitischer Vorgaben.

Drei zentrale Streitpunkte prägen die aktuelle Debatte:

  • Die Frage nach der rechtlichen Verbindlichkeit des 2035-Ziels steht im Raum. Soll es verbindliche Vorgaben geben oder bleiben indikative Korridore?
  • Investitionsentscheidungen der Industrie hängen maßgeblich von drei Faktoren ab: Energiepreisen, der Verfügbarkeit von Wasserstoff und der Infrastrukturentwicklung.
  • Als nächster konkreter Meilenstein steht die Vorlage aktualisierter Klimabeiträge bis November 2025 an.

Die unterschiedlichen Erwartungen zwischen Industrie und Klimaschutzbewegung könnten sich an diesen Punkten entzünden. Während die einen auf planbare Rahmenbedingungen und wettbewerbsfähige Energiepreise drängen, fordern andere verbindliche Reduktionsziele und beschleunigte Transformationsprozesse. Die anstehenden Entscheidungen im EU-Ministerrat und bei der COP30 werden zeigen, welcher Kurs sich durchsetzt – und wie die Balance zwischen ökologischen Zielen und wirtschaftlichen Realitäten ausfällt.

Dieser Beitrag basiert auf Informationen und Zitaten aus einer Pressemitteilung des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI).

Weiterführende Quellen:

7 Antworten

  1. Es ist erschreckend zu sehen, wie viel Druck auf der Chemieindustrie lastet wegen der hohen Energiekosten. Was können wir tun, um diese Industrien zu unterstützen?

  2. Die Forderung nach bezahlbarer Energie ist sehr wichtig. Ich mache mir Sorgen über die Zukunft meiner Branche. Wird es für kleine Unternehmen einfacher oder schwieriger werden?

    1. Das stimmt! Kleine Unternehmen leiden oft am meisten unter hohen Energiekosten und unsicherer Infrastruktur. Wir müssen gemeinsam für Veränderungen kämpfen.

  3. Ich finde es gut, dass über konkrete Maßnahmen gesprochen wird. Aber es fehlt oft an der Umsetzung. Was können wir als Bürger tun, um den Druck auf die Politik zu erhöhen?

    1. Das ist ein guter Punkt! Vielleicht sollten wir mehr Petitionen starten oder uns an lokalen Initiativen beteiligen, um unsere Stimmen hörbar zu machen.

  4. Die Diskussion um das Klimaziel 2040 ist sehr wichtig, aber ich frage mich, ob die Politiker wirklich verstehen, wie teuer Energie für Unternehmen ist. Gibt es Lösungen, um die Preise zu senken?

    1. Ich denke auch, dass die Energiepreise ein großes Problem sind. Warum wird nicht mehr in erneuerbare Energien investiert? Das würde uns langfristig helfen.

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