EU-Klimaziel 2040: VKU warnt vor Überforderung und kritisiert mögliche ETS2-Verschiebung auf 2028

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßt grundsätzlich ambitionierte EU-Klimaziele, warnt jedoch vor Überforderung ohne realistische Umsetzungsbedingungen. Kritisch sieht der VKU eine mögliche Verschiebung des europäischen Emissionshandels für Gebäude und Verkehr (ETS2) auf 2028, da dies Planungssicherheit gefährdet. Statt langfristige Ziele zu verschärfen, sollte der Fokus auf der kosteneffizienten Erreichung des bereits beschlossenen 2030-Ziels liegen.
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Inhaltsübersicht

– VKU begrüßt Entwicklungsklausel zur regelmäßigen Überprüfung des EU-Klimaziels 2040
– Kritik an Verschiebung des EU-Emissionshandels ETS2 für Gebäude und Verkehr auf 2028
– Fokus sollte auf kosteneffizienter Umsetzung des bestehenden EU-Klimaziels für 2030 liegen

VKU zu EU-Klimazielen: Realismus statt reiner Ambition

Brüssel/Berlin, 5.11.2025 – Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) positioniert sich differenziert zur aktuellen Einigung der EU-Umweltminister zum Klimaziel 2040. Während der Verband die geplante Entwicklungsklausel begrüßt, übt er scharfe Kritik an einer möglichen Verschiebung des europäischen Emissionshandels für Gebäude und Verkehr.

„Als VKU unterstützen wir ambitionierte Klimaziele ausdrücklich. Ambitionierte EU-Klimaziele sind jedoch nur dann glaubwürdig und erfolgreich, wenn sie realistisch, planbar und sozial ausgewogen umgesetzt werden können“, betont VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing in der aktuellen Stellungnahme.

Die Zustimmung gilt insbesondere der Entwicklungsklausel, die eine regelmäßige Überprüfung des Zwischenziels vorsieht.

Gleichzeitig warnt der Verband vor den Konsequenzen einer möglichen Verschiebung des ETS2.

Die Debatte gewinnt vor dem Hintergrund einer gemeinsamen Studie von VKU und DIHK aus dem Vorjahr an Brisanz. Diese zeigt, dass die Erreichung einer Emissionsreduktion in der EU von sehr optimistischen Szenarien abhängt – insbesondere bei Schlüsseltechnologien wie CO2-Abscheidung, Wasserstoff und erneuerbaren Energien.*

Der VKU mahnt daher zu mehr Pragmatismus: „Es ist kontraproduktiv, langfristige Ziele zu verschärfen, wenn man kurzfristigere nicht erreicht. Der Fokus sollte darauf liegen, wie das gesetzlich bereits verankerte EU-Klimaziel für 2030 (-55 Prozent THG-Emissionen gegenüber 1990) in der EU kosteneffizient und wirtschaftlich tragbar angestrebt wird.“

Was bedeutet das EU-Klimaziel 2040?

Die Europäische Kommission hat am 2. Juli 2025 einen Vorschlag für das nächste große EU-Klimaziel vorgelegt: eine Netto-Reduktion der Treibhausgasemissionen um 90 Prozent gegenüber 1990 bis zum Jahr 2040.*

Was heißt “-90 Prozent bis 2040”?

Das formulierte Ziel stellt eine erhebliche Steigerung der Ambitionen dar.* Allerdings zeigen aktuelle Analysen, dass die reale Minderungslast für die europäische Wirtschaft geringer ausfallen könnte. Laut einer Einschätzung des Öko-Instituts vom Juli 2025 könnte sich das effektive Minderungsziel durch die Nutzung internationaler Emissionsgutschriften auf etwa 80 Prozent reduzieren. Dabei handelt es sich um Zertifikate für Klimaschutzprojekte außerhalb der EU, die auf die eigene Bilanz angerechnet werden können.*

Um den Pfad bis 2040 zu strukturieren, haben sich die EU-Umweltminister im Juli 2025 auf ein indikatives Zwischenziel für das Jahr 2035 verständigt. Dieses sieht eine Emissionsminderung zwischen 66,25 Prozent und 72,5 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 vor. Diese Spanne soll Flexibilität bieten, um auf unvorhergesehene technische oder wirtschaftliche Entwicklungen reagieren zu können.*

Voraussetzungen: Technologien und Netze

Die Erreichung des 90-Prozent-Ziels hängt maßgeblich von der Verfügbarkeit und dem großflächigen Einsatz bestimmter Schlüsseltechnologien ab. Eine im Vorjahr vom VKU und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in Auftrag gegebene Studie identifiziert folgende entscheidende Voraussetzungen für die Realisierbarkeit:

  • Die breite Markteinführung von CO₂-Abscheidungs- und Speicherlösungen
  • Ein funktionierender und leistungsfähiger Wasserstoffmarkt
  • Massive Ausbaukapazitäten für erneuerbare Energien
  • Ausreichende Stromspeicherkapazitäten zur Sicherung der Versorgung

Ohne diese technologischen Grundpfeiler und den parallelen, beschleunigten Ausbau der Energie- und Transportnetze droht das Ziel, die Emissionen bis 2040 um 90 Prozent zu senken, laut Studie kaum erreichbar zu sein.*

ETS2: Zeitplan, Streitpunkte und Unsicherheiten

Der geplante EU-Emissionshandel für Gebäude und Verkehr (ETS2) bewegt sich in einem Spannungsfeld widersprüchlicher Zeitpläne und politischer Positionen. Der ETS2 startet nach aktuellem EU-Gesetzentwurf frühestens am 1. Januar 2027 (Stand: August 2025). Stimmen für eine Verschiebung mehren sich. Bereits im November 2024 plädierten Polen und Tschechien für eine Verzögerung um bis zu drei Jahre, während die Bundesregierung einen fließenden Übergang ab 2027 anstrebt (Stand: November 2024).

Aktuell verdichten sich die Hinweise auf eine Terminverschiebung. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) spricht in einer Pressemitteilung vom 5. November 2025 von der möglichen Verschiebung auf 2028. Diese aktuelle Einschätzung steht im Kontrast zum ursprünglichen Gesetzentwurf und unterstreicht die wachsenden politischen Unsicherheiten. Mehrere europäische Regierungen fordern inzwischen eine Abschwächung oder Verschiebung des ETS2, während die EU-Kommission Reformen und eine Marktstabilitätsreserve prüft (Stand: Oktober 2025)*.

Chronologie der Entwicklungen

Datum Ereignis Quelle / Stand
November 2024 Polen und Tschechien fordern Verschiebung um bis zu drei Jahre Focus (Stand: November 2024)
August 2025 ETS2-Start frühestens 1. Januar 2027 im Gesetzentwurf verankert Deutschlandfunk (Stand: August 2025)
5. November 2025 VKU warnt vor möglicher Verschiebung auf 2028 VKU-Pressemitteilung (Stand: 5. November 2025)

Die fehlende Planungssicherheit wird von Experten kritisch gesehen. Agora Energiewende stellt fest, dass der Übergang zum ETS2 ab 2027 bislang nicht durch ein politisches Konzept untersetzt sei (Stand: September 2025). Diese Unsicherheit hat konkrete Folgen: Sollte der ETS2 tatsächlich verschoben werden, könnte der CO₂-Preis in Deutschland kurzfristig weiter steigen und einkommensschwache Haushalte stärker belasten (Stand: September/Oktober 2025).

Der VKU warnt in seiner Stellungnahme vom 5. November 2025 deutlich vor den Konsequenzen: „Mit dem späteren Start des europäischen Emissionshandels für Wärme und Verkehr wird ein reibungsloser Übergang zwischen nationalem und europäischem Preisniveau jedoch zunehmend unwahrscheinlich.“ Diese Entwicklung gefährdet nicht nur die Planungssicherheit der Energiewirtschaft, sondern erschwert letztlich das Erreichen der Klimaziele.

Auswirkungen für Kommunen, Haushalte und die Umsetzung

Die zeitliche Unsicherheit beim Start des europäischen Emissionshandels für Gebäude und Verkehr (ETS2) wirkt sich unmittelbar auf kommunale Unternehmen, private Haushalte und die praktische Umsetzung der Dekarbonisierung aus. Ohne klaren zeitlichen Rahmen fehlt es an Planungssicherheit – sowohl für Unternehmen als auch für Bürger:innen*.

Kommunale Energieversorger stehen vor der Herausforderung, Investitionen in klimaneutrale Wärmeerzeugung und energetische Gebäudesanierung zu planen. Die Verzögerung des ETS2 erschwert langfristige Kalkulationen und verzögert notwendige Modernisierungsprozesse. Gleichzeitig wächst der Druck, alternative Lösungen zu entwickeln, um die lokale Wärmewende dennoch voranzutreiben.

Vor diesem Hintergrund prüft die zuständige EU-Kommission bereits Reformoptionen. Dazu gehört die Einrichtung einer Marktstabilitätsreserve, die extreme Preisschwankungen abfedern und soziale Härten mindern soll*.

Die erwartbaren Effekte der aktuellen Unsicherheiten lassen sich in drei Bereichen zusammenfassen:

  • Preiswirkung: Volatilere CO₂-Preise könnten die Kalkulation von Sanierungsvorhaben und Energieverträgen erschweren
  • Planungslücke: Kommunale Unternehmen müssen Übergangslösungen entwickeln, bis der europäische Rahmen vollständig greift
  • Soziale Abfederung: Notwendige Unterstützungsmechanismen für vulnerable Haushalte gewinnen an Dringlichkeit

Um die Transformation dennoch kontinuierlich voranzutreiben, bleiben kommunalen Unternehmen mehrere Handlungsspielräume. Dazu zählt die verstärkte Fokussierung auf energetische Quartierssanierungen, die Bündelung von Effizienzmaßnahmen sowie der Ausbau lokaler Wärmenetze mit erneuerbaren Energien. Diese Ansätze können unabhängig von der konkreten Ausgestaltung des europäischen Emissionshandels verfolgt werden und schaffen zugleich die Grundlage für eine sozialverträgliche Dekarbonisierung.

Ausblick: Was jetzt politisch nötig ist

Die Debatte um den europäischen Emissionshandel für Gebäude und Verkehr (ETS2) hat konkrete politische Handlungserfordernisse offengelegt. Bereits im November 2024 forderten einzelne Regierungen eine Abschwächung oder Verschiebung des Systems, während die EU-Kommission bis Oktober 2025 Reformoptionen prüfte. Experten der Agora Energiewende kritisieren in einer Analyse vom September 2025 die mangelnde politische Konzeption für den Übergangszeitraum zwischen nationalen und europäischen Regelwerken.

Drei zentrale Fragen bestimmen die nächste politische Phase: Wie lässt sich ein sozial verträglicher CO₂-Preis gewährleisten, der Haushalte nicht überfordert? Welche Mechanismen synchronisieren nationale und europäische Emissionshandelssysteme reibungslos? Und welche Maßnahmen beschleunigen Schlüsseltechnologien wie Wärmepumpen, erneuerbare Energien und Energieeffizienz, um die Klimaziele praktisch erreichbar zu machen?

Die Inhalte und Aussagen in diesem Artikel basieren auf einer Pressemitteilung des Verbandes kommunaler Unternehmen e. V. (VKU).

Weiterführende Quellen:

9 Antworten

  1. Die Zahlen sind schockierend! 90% Reduktion bis 2040 klingt utopisch ohne klare Maßnahmen und Technologien! Wie können wir sicherstellen, dass dies nicht nur leere Versprechungen sind?

  2. Ich finde den Fokus auf kosteneffiziente Umsetzung wichtig! Wir müssen sicherstellen, dass niemand zurückgelassen wird in dieser Übergangszeit.

  3. Es ist besorgniserregend zu hören, dass der ETS2 vielleicht verschoben wird. Das könnte viele Menschen betreffen! Gibt es Ideen zur Lösung?

  4. Die Diskussion um den ETS2 scheint echt kompliziert zu sein. Ich hoffe nur, dass das nicht zu höheren Preisen für uns führt. Wer hat mehr Infos darüber?

  5. Ich finde es sehr interessant, dass der VKU die Entwicklungsklausel begrüßt. Ich frage mich jedoch, wie realistisch die Ziele sind, wenn wir die Technologien nicht rechtzeitig haben. Was denkt ihr?

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