– EU-Kommission legt am 2. Juli 2025 Vorschlag für EU-Klimaziel 2040 mit 90-Prozent-Reduktion vor.
– Gutschriften nur für Reduktionen oberhalb EU-Ziel; Integrität gewährleisten; fair zwischen EU, Partnern, UN-Fonds teilen.
EU-Klimaziel 2040: Zentrale Fakten und Bedingungen für den Kommissionsvorschlag
Am 2. Juli 2025 wird die EU-Kommission ihren lang erwarteten Vorschlag zum EU-Klimaziel für 2040 präsentieren. Im Mittelpunkt steht die Reduktion der Treibhausgasemissionen um 90 Prozent im Vergleich zu 1990. Dieses ambitionierte Ziel stellt einen bedeutenden Schritt im europäischen Klimaschutz dar und ist auch Thema einer umfassenden Überarbeitung des EU-Klimagesetzes. Ein wichtiger Diskussionspunkt ist die mögliche Anrechnung von Emissionsminderungen, die außerhalb der EU entstehen, konkret jene, die gemäß Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens im Ausland erzielt werden.
Vor diesem Hintergrund legt das Öko-Institut mit seinem Policy Brief „Conditions for Using International Carbon Credits towards the EU’s 2040 Climate Target“ klare Bedingungen für die Nutzung internationaler Emissionsgutschriften dar. Demnach sollen solche Gutschriften nur dann eingesetzt werden, wenn sie dazu dienen, das vom Europäischen Wissenschaftlichen Beirat zum Klimawandel (European Scientific Advisory Board on Climate Change) empfohlene Ziel einer Minderung von 90 bis 95 Prozent innerhalb der EU übertroffen werden. Damit wird klargestellt, dass internationale Emissionsgutschriften kein Ersatz für Klimaschutzmaßnahmen in Europa sein dürfen, sondern eine Ergänzung darstellen müssen.
Das Öko-Institut fordert eine faire Aufteilung der durch Artikel 6 erwirtschafteten Emissionsminderungen. Diese sollten zum Teil bei der EU verbleiben, zum Teil an das Partnerland gehen, außerdem ist ein Beitrag an den Internationalen Anpassungsfonds der Vereinten Nationen sowie ein Anteil für den globalen Atmosphäre-Schutz vorgesehen. Zudem müssen die Emissionsgutschriften mit dem neuen Paris Agreement Crediting Mechanism (PACM) oder mit anderen Standards mit mindestens gleichwertiger Integrität erzeugt werden. Besonders wichtig ist, dass keine temporären Minderungen – etwa durch Waldprojekte – genutzt werden dürfen, um fossile Emissionen zu kompensieren.
In den Worten von Dr. Lambert Schneider, Forschungskoordinator für internationale Klimapolitik am Öko-Institut: „Internationale Emissionsgutschriften dürfen kein Ersatz für wirksamen Klimaschutz in der EU sein – sie sollten nur dann zum Einsatz kommen, wenn sie über ambitionierte Reduktionsziele hinausgehen, höchsten Qualitätsstandards entsprechen und fair mit Partnerländern geteilt werden.“
Parallel zum Vorschlag der EU-Kommission lädt das Öko-Institut zu einem Webinar ein: „The Commission proposal on an EU 2040 climate target – An initial assessment of key issues“ findet am Freitag, 4. Juli 2025, von 11.00 bis 12.00 Uhr MEZ statt. Dort wird eine erste Analyse zu den wichtigsten Punkten des EU-Klimaziels präsentiert, mit besonderem Fokus auf die Rolle der internationalen Emissionsgutschriften, den Landnutzungssektor sowie die Berücksichtigung von internationaler Luft- und Schifffahrt. Die Teilnahme ist kostenlos, die Anmeldung erfolgt über: https://lets-meet.org/reg/a68a7111e7cb571243
Dieser Vorschlag und der begleitende Policy Brief markieren einen wesentlichen Meilenstein auf dem Weg zu einem klimaneutralen Europa und zeigen, wie komplexe internationale Mechanismen und nationale Klimapolitik ineinandergreifen müssen, um die ambitionierten Ziele zu erreichen.
Internationale Emissionsgutschriften – Brücke für Klimaschutz oder Konfliktquelle?
Internationale Emissionsgutschriften spielen eine zunehmend wichtige Rolle im globalen Klimaregime. Dabei handelt es sich um Zertifikate, die bescheinigen, dass Treibhausgasemissionen an einem Ort der Welt eingespart wurden. Solche Gutschriften können von Industrienationen, die ihre eigenen Klimaziele erreichen wollen, gekauft und angerechnet werden. In der EU steht dieses Instrument im Zentrum der Debatte um das Klimaziel 2040. Die Europäische Kommission erwägt, Emissionsminderungen, die im Ausland erzielt wurden, über Artikel 6 des Pariser Abkommens anrechnen zu lassen. Das Ziel dabei ist, ambitionierte Reduktionsziele innerhalb der EU zu unterstützen, ohne das Kernprinzip des klimapolitischen Eigenschutzes aufzuweichen.
Die Chancen solcher internationaler Kooperationen liegen vor allem in der Effizienz und Skalierbarkeit der Emissionsminderungen. Staaten mit geringeren Kosten für Klimaschutzmaßnahmen können damit einen Beitrag zum globalen Klimaschutz leisten, der über reine nationale Anstrengungen hinausgeht. Gleichzeitig fungieren Emissionsgutschriften als Brücke für den Austausch zwischen Industrienationen und Partnerländern und können so Entwicklungschancen bieten.
Mit Blick auf Europa, die EU-Mitgliedstaaten und ihre Gesellschaft gibt es jedoch erhebliche Herausforderungen. Die Qualität und Glaubwürdigkeit der Gutschriften steht im Fokus: Minderungen müssen tatsächlich, dauerhaft und zusätzlich zu nationalen Verpflichtungen erfolgen. Das Öko-Institut betont in seinem jüngsten Policy Brief, dass internationale Emissionsgutschriften kein Ersatz für wirksamen Klimaschutz in der EU sein dürfen, sondern nur zusätzlich oberhalb ambitionierter Ziele genutzt werden sollten. Zudem fordert es die faire Verteilung der erzielten Minderungen – zwischen der EU, Partnerländern, einem Anpassungsfonds der UN und einem Beitrag für die Atmosphäre.
Diese Aspekte sind ebenso Gegenstand von Kritik aus Wissenschaft und Umweltverbänden. Funktionierende Kontrollmechanismen und Mindeststandards sind unverzichtbar, um etwa der Gefahr einer mehrfachen Anrechnung oder von sogenannten „temporären Minderungen“ aus Waldprojekten entgegenzuwirken. Die neue Mechanik des Pariser Abkommens, der Paris Agreement Crediting Mechanism (PACM), soll diese Qualitätsanforderungen künftig besser garantieren und mehr Transparenz schaffen.
Chancen und Risiken globaler Klimakooperation
Die Nutzung internationaler Emissionsgutschriften steht für ein Spannungsfeld zwischen pragmatischer Klimapolitik und ökologischer Integrität. Hier einige wichtige Wirkungen politischer Entscheidungen dazu:
- Effizienzsteigerung beim Klimaschutz durch Nutzung von Kostenvorteilen in Partnerländern
- Förderung fairer Verteilung, indem Minderungen nicht ausschließlich einer Partei zugerechnet werden
- **Risiko von Doppelzählungen und mangelnder Transparenz **, falls Kontrollsysteme unzureichend sind
- Gefahr der Abschwächung nationaler Ambitionen, wenn Gutschriften statt eigener Maßnahmen genutzt werden
- Stärkung der internationalen Zusammenarbeit und Schaffung neuer Finanzierungsquellen für den Klimaschutz in Entwicklungsländern
Wie ambitioniert ist das EU-Ziel wirklich?
Die EU-Kommission plant, bis 2040 die Treibhausgasemissionen um 90 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Dieses Ziel gilt als sehr ambitioniert, steht jedoch in der Diskussion, ob die mögliche Anrechnung internationaler Minderungen das eigentliche nationale Engagement untergraben könnte. Das Öko-Institut rät eindeutig, dass Emissionsgutschriften nur genutzt werden sollten, wenn sie darüber hinausgehende Reduktionen dokumentieren und höchsten Qualitätsstandards entsprechen.
Diese Debatte hat auch gesellschaftliche Relevanz: Bürgerinnen und Bürger fragen sich, ob der eigene Beitrag zum Klimaschutz greifbar bleibt oder durch Käufe von Emissionsgutschriften nivelliert wird. Die Frage ist außerdem, wie sich die Kosten für den Klimaschutz in der EU verteilen und wie partnerschaftlich mit anderen Staaten zusammengearbeitet wird.
Politisch steht damit die EU vor einer Weichenstellung in den nächsten Jahren. Die Kommission wird in Kürze ihren Vorschlag zur Einbindung internationaler Minderungen vorlegen. Dabei entscheidet sich, wie die Balance zwischen ehrgeizigen Klimazielen, Transparenz, Fairness und internationaler Zusammenarbeit gelingen kann – und wie die EU ihre Vorbildfunktion im globalen Klimaschutz wahrnimmt.
Die in diesem Beitrag verwendeten Informationen und Zitate stammen aus einer Pressemitteilung des Öko-Instituts.
13 Antworten
Die Diskussion um internationale Emissionsgutschriften ist wichtig für unseren Planeten! Ich frage mich aber auch: Wie wird sichergestellt dass diese Gutschriften echt sind und nicht nur eine Ausrede für fehlende Maßnahmen in Europa? Das wäre schade.
Ein guter Punkt! Es muss klare Standards geben und auch regelmäßige Überprüfungen!
Würde mich interessieren ob das Öko-Institut Vorschläge macht wie man solche Standards definieren könnte?
Ich finde den Ansatz des Öko-Instituts sehr sinnvoll. Der Schutz unserer Umwelt sollte an erster Stelle stehen! Wie könnten wir als Bürgerinnen und Bürger dazu beitragen? Gibt es Möglichkeiten zur Mitgestaltung?
Ich hoffe auf mehr Bildung und Information über diese Themen! Nur wenn wir wissen, was passiert, können wir aktiv teilnehmen!
Ja genau! Vielleicht sollten mehr Webinare oder Informationsveranstaltungen organisiert werden.
Das Ziel von 90 Prozent Reduktion klingt ambitioniert und notwendig für den Klimaschutz. Aber wie sieht es mit der Umsetzung in den Mitgliedstaaten aus? Werden alle Länder gleich viel beitragen müssen?
Gute Frage! Ich denke, die Verteilung der Lasten wird entscheidend sein. Es wäre interessant zu erfahren, wie man sicherstellt, dass alle Länder ihren fairen Anteil leisten.
Das stimmt! Vielleicht könnte eine Art Anreizsystem helfen, damit alle Länder motiviert sind, aktiv zu werden.
Die Idee, internationale Emissionsgutschriften zu nutzen, klingt gut. Aber was ist mit der Qualität der Gutschriften? Wie wird überprüft, dass sie wirklich einen Unterschied machen?
Ja, das ist ein wichtiger Punkt! Ich mache mir Sorgen um die Transparenz. Wenn wir nicht wissen, woher die Gutschriften kommen, können wir ihnen nicht vertrauen.
Ich bin auch skeptisch. Es wäre hilfreich zu wissen, welche Mechanismen eingesetzt werden sollen, um Missbrauch zu verhindern.
Ich finde es super, dass die EU-Kommission ein so ehrgeiziges Ziel hat. Aber wie können wir sicherstellen, dass die Emissionsgutschriften tatsächlich fair verteilt werden? Gibt es dazu schon konkrete Pläne?