EU-Klimaziel 2040: BDEW fordert Planungssicherheit und Verzahnung mit ETS und CBAM

Anlässlich des EU-Gipfels unterstützt der BDEW grundsätzlich ein verbindliches EU-Klimaziel für 2040. Entscheidend sei jedoch, dass die Umsetzung Unternehmen Planungssicherheit bietet und Investitionen in klimafreundliche Technologien ermöglicht. Die Vorgabe müsse zudem eng mit zentralen Instrumenten wie dem Emissionshandel und dem CO2-Grenzausgleich verzahnt werden.
Modernes blau beleuchtetes News-Studio mit runden LED-Podesten und großem Bildschirm mit Schriftzug ‚Verbands‑Monitor eins zu eins‘.
Inhaltsübersicht

– Unterstützt verbindliches EU-Klimaziel für 2040 mit Planungssicherheit für Unternehmen
– Umsetzung muss eng mit EU-Klimainstrumenten wie ETS verzahnt werden
– Klimaschutz stärkt strategische Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit Europas

EU-Klimaziel 2040: BDEW fordert Planungssicherheit für Unternehmen

Anlässlich des EU-Gipfels am 23. Oktober 2025 positioniert sich der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) klar zur Debatte um ein verbindliches EU-Klimaziel für 2040*. Der Verband unterstützt die europäischen Klimaschutzziele grundsätzlich und befürwortet die Einführung eines verbindlichen EU-Ziels für 2040. Allerdings mahnt der BDEW eine sorgfältige Ausgestaltung der Umsetzung an, die Unternehmen Planungs- und Investitionssicherheit garantieren muss.

„Entscheidend ist, dass die Umsetzung so ausgestaltet wird, dass Unternehmen Planungssicherheit haben und Investitionen in klimafreundliche Technologien ermöglicht werden,“ betont Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Der Verband pocht darauf, dass die Klimazielvorgabe eng mit bestehenden Instrumenten der EU-Klimapolitik verzahnt werden muss. „Die EU-Klimazielvorgabe muss mit zentralen Instrumenten der EU-Klimapolitik, etwa dem Emissionshandelssystem (ETS 1 und ETS 2) sowie dem CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM), eng verzahnt werden. Nur wenn diese Instrumente wirksam ineinandergreifen, kann sichergestellt werden, dass die Zielvorgabe erreicht werden kann,“ unterstreicht Andreae.

Für Deutschland stellt der BDEW klar: „Für Deutschland darf die Lastenverteilung im Rahmen des EU-Ziels nicht über das hinausgehen, was bereits im nationalen Klimaschutzgesetz vorgesehen ist.“ Zudem warnt der Verband davor, dass die Diskussion um das Zwischenziel 2040 nicht zu Nachlässigkeiten bei der Umsetzung des Fit for 55-Pakets führen darf. Angesichts der geopolitischen Lage müssten Wettbewerbsfähigkeit, Standortsicherheit und strategische Resilienz gewährleistet bleiben.

*Stand: Oktober 2025

Einordnung: Was genau wird diskutiert?

Die Debatte um das EU-Klimaziel 2040 dreht sich um konkrete Zahlenvorschläge und deren Umsetzungsmodalitäten. Der Europäische Klima-Beirat (ESABCC) empfahl bereits 2023 eine Reduktion der Netto-Emissionen um 90–95 Prozent bis 2040*. Auf dieser Basis legte die EU-Kommission im Oktober 2025 einen konkreten Vorschlag vor: Netto-Treibhausgasemissionen bis 2040 um 90 Prozent senken.

Warum 2040?

Das Jahr 2040 markiert eine entscheidende Zwischenetappe auf dem Weg zur EU-Klimaneutralität 2050. Vor dem Hintergrund des bestehenden 2030-Ziels von minus 55 Prozent THG gegenüber 1990 (Stand: 1.10.2025) sollen die Weichen frühzeitig für die nächste Transformationsphase gestellt werden. Allerdings zeigen aktuelle Emissionsprognosen der Mitgliedstaaten, dass bereits die Erreichung des 2030-Ziels herausfordernd bleibt.

Kontroverse um Gutschriften und Lastenverteilung

Die mögliche Anrechnung internationaler Klimagutschriften entwickelt sich zum politischen Zankapfel. Befürworter argumentieren mit Flexibilität und Kostenoptimierung, Kritiker warnen vor Buchhaltungstricks und mangelnder heimischer Transformation. Die Diskussion konzentriert sich auf zwei Aspekte:

  • Qualitätssicherung: Unter welchen Bedingungen Kompensationen akzeptabel sind
  • Verteilungsgerechtigkeit: Wie nationale Beiträge fair bemessen werden

Der BDEW positioniert internationale Gutschriften als "Ultima Ratio" – also als letztes Mittel zur Absicherung der Klimaziele. Die politische Sensibilität erklärt sich aus der Sorge, dass umfangreiche Kompensationen den Druck zu heimischen Emissionsminderungen verringern könnten. Gleichzeitig besteht Einigkeit, dass strenge Kriterien für Transparenz und ökologische Integrität unverzichtbar sind.

Zahlen, Instrumente, Fakten

Die europäische Klimapolitik stützt sich auf ein komplexes Geflecht aus Zielvorgaben und marktbasierten Instrumenten. Emissionshandelssysteme und Grenzausgleichsmechanismen bilden dabei das technische Rückgrat für die Erreichung der Klimaziele. Das etablierte Emissionshandelssystem ETS 1 deckt bereits etwa 40 Prozent der EU-Emissionen aus den Sektoren Stromerzeugung und energieintensive Industrie ab (Stand: 2024/2025). Parallel dazu wird mit ETS 2 ein separates System für Gebäude und Verkehr schrittweise bis 2030/2040 ausgebaut. Ergänzend dazu soll der neu eingeführte CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) Carbon Leakage verhindern, umfasst derzeit jedoch weniger als 10 Prozent der Gesamtemissionen (Stand: 2024/2025).

ETS & CBAM: Was erfassen sie?

Die verschiedenen Instrumente unterscheiden sich nicht nur in ihrer Abdeckung, sondern auch in ihrer zeitlichen Entwicklung und ihrem regulatorischen Ansatz. Während ETS 1 als etablierter Mechanismus fungiert, befinden sich ETS 2 und CBAM in unterschiedlichen Phasen der Implementierung. Diese Staffelung soll sicherstellen, dass die Klimapolitik sowohl bestehende Industrien als auch neue Sektoren schrittweise in die Transformation einbezieht.

Jahr/Begriff Wert Einheit/Anmerkung Quelle/Stand
ETS 1 Abdeckung ca. 40 % EU-Emissionen (Strom, Industrie) Umweltbundesamt, 2024/2025*
ETS 2 Ausbau schrittweise Gebäude, Verkehr bis 2030/2040 Umweltbundesamt, 2024/2025*
CBAM Abdeckung < 10 % Anteil an Gesamtemissionen Umweltbundesamt, 2024/2025*
Flexibilitätsmechanismen max. 3 % Anrechnung hochwertiger Klimagutschriften ab 2036 Focus, Juli 2025*

Rolle des Clean Industrial Deal

Neben diesen marktlichen Instrumenten gewinnt die industriepolitische Flankierung an Bedeutung. Die EU-Kommission betrachtet die Umsetzung des Clean Industrial Deal als entscheidenden Hebel (Stand: Juli 2025)*. Dieser zielt insbesondere auf Investitionsförderung, Industrieinnovation und die Sicherung der Energieversorgung ab. Er soll die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen während der Transformation stärken und die planerische Unsicherheit verringern.

Als weiteres Element der Flexibilisierung können nach 2036 internationale Klimagutschriften in begrenztem Umfang angerechnet werden. Hochwertige Gutschriften dürfen maximal 3 Prozentpunkte der Zielerreichung beitragen (Stand: Juli 2025)*. Diese Regelung fungiert als Sicherheitsnetz, soll jedoch nur als letztes Mittel zur Absicherung der Klimaziele dienen.

Widerstände und wirtschaftliche Folgen des 2040-Klimaziels

Die Diskussion um das europäische Klimaziel für 2040 verläuft entlang klarer Konfliktlinien. Während wissenschaftliche Gremien ambitionierte Vorgaben empfehlen, formiert sich politischer Widerstand und die Wirtschaft äußert praktische Bedenken zur Umsetzbarkeit.

Wer opponiert – warum?

Polen, Tschechien, Italien und Ungarn lehnen die aktuellen Vorschläge zur Reduktion der Treibhausgase ab. Ihre Position verdeutlicht die unterschiedlichen Ausgangslagen und wirtschaftlichen Interessen innerhalb der Europäischen Union.

Aus Sicht der Industrie- und Handelskammer erscheint selbst das EU-Klimaziel 2030 von minus 55 Prozent THG gegenüber 1990 kaum erreichbar. Laut aktuellen Emissionsprognosen der Mitgliedsstaaten rückt damit das 2040er-Ziel in weite Ferne.*

Einschätzungen aus Wirtschaft und Wissenschaft

Die wissenschaftliche Perspektive fordert klare Maßstäbe: Das European Scientific Advisory Board on Climate Change (ESABCC) empfiehlt eine Reduktion um 90–95 Prozent bis 2040, ohne Rückgriff auf externe Ausgleichsmaßnahmen (Stand: 2023).*

Die wirtschaftliche Umsetzung wirft grundlegende Fragen auf:

  • Wettbewerbsfähigkeit: Unternehmen benötigen Planungssicherheit für Investitionen in klimafreundliche Technologien
  • Versorgungssicherheit: Die Transformation muss die Energieversorgung stabil halten

Diese Bedenken spiegeln sich in der Forderung des BDEW wider, dass Klimaschutzmaßnahmen Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit gewährleisten müssen. Die gesellschaftliche Akzeptanz des Wandels hängt maßgeblich davon ab, ob die Balance zwischen ökologischen Zielen und wirtschaftlicher Stabilität gelingt.

Ausblick: Handlungsräume und offene Entscheidungen

Die europäische Klimapolitik steht vor zentralen Weichenstellungen. Während das übergeordnete Ziel einer Reduktion der Netto-Treibhausgasemissionen bis 2040 um 90 Prozent gegenüber 1990 in Vorschlägen diskutiert wird*, bleiben entscheidende Fragen zur konkreten Umsetzung offen. Die politische Debatte zeigt bereits erste Konfliktlinien – so konnte sich der Umweltrat der EU bislang nicht auf verbindliche Klimaziele für 2040 einigen (Stand: 22. Oktober 2025). Diese Uneinigkeit verdeutlicht, wie komplex die anstehenden Entscheidungen sind.

Nächste Schritte in Brüssel

Der von der EU-Kommission vorgeschlagene Clean Industrial Deal entwickelt sich zum zentralen Hebel für die Klimatransformation. Das im Juli 2025 präsentierte Konzept verbindet Investitionsförderung, Industrieinnovation und Energiesicherheit zu einem kohärenten Gesamtansatz. Parallel dazu konkretisiert sich der Umgang mit Flexibilitätsmechanismen: Hochwertige internationale Klimagutschriften sollen nach 2036 maximal 3 Prozentpunkte zur Zielerreichung beitragen können (Stand: Juli 2025)*. Diese Begrenzung unterstreicht den Primat heimischer Emissionsreduktionen, lässt aber bewusst ein Sicherheitsnetz für unvorhergesehene Entwicklungen.

Was Deutschland beachten sollte

Aus nationaler Perspektive kommt der Lastenverteilung besondere Bedeutung zu. Die deutsche Industrie benötigt klare Rahmenbedingungen, die übermäßige Belastungen vermeiden und Wettbewerbsfähigkeit erhalten. Entscheidend wird sein, wie das europäische Ziel mit existierenden Instrumenten wie dem nationalen Klimaschutzgesetz synchronisiert wird. Zudem muss die Diskussion um das 2040-Ziel die Umsetzung des Fit for 55-Pakets nicht verzögern, sondern vielmehr beschleunigen.

Damit die von Wirtschaftsverbänden geforderte Planungs- und Investitionssicherheit tatsächlich entsteht, müssen verschiedene Politikebenen ineinandergreifen. Der Clean Industrial Deal bietet dafür wichtige Impulse, doch seine Wirkung entfaltet sich nur durch enge Verzahnung mit dem Emissionshandelssystem und dem CO₂-Grenzausgleichsmechanismus. Letztlich entscheidet die Kohärenz dieser Instrumente darüber, ob die Transformation gelingt – sowohl klimapolitisch als auch wirtschaftlich.

Dieser Beitrag stützt sich auf eine Presseinformation des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW).

Weiterführende Quellen:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Über den Autor

Die Redaktion von Verbandsbüro besteht aus vielen unterschiedlichen Experten aus der Verbands- und Vereinswelt. Alle Beiträge beruhen auf eigene Erfahrungen. Damit wollen wir Ihnen unsere professionellen Leistungen für Ihre Organisation präsentieren. Wollen Sie mehr zu diesem Thema erfahren? Nehmen Sie doch einfach mit uns Kontakt auf.​

Teilen

Wenn dir dieser Beitrag gefallen hat, teile ihn gerne weiter.