EPRD-Studie 2024: Warum Fallzahlen allein kein Qualitätsmerkmal für Endoprothetik sind

Das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) warnt davor, Fallzahlen allein als Qualitätskriterium für Krankenhäuser zu nutzen. Für 2024 verzeichnete das Register 410.333 Eingriffe an Hüfte oder Knie, darunter 199.052 Hüft- und 173.252 Knie-Erstimplantationen. Das EPRD fordert, neben Fallzahlen auch die systematische Überwachung der Ergebnisqualität zu berücksichtigen.
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Inhaltsübersicht

– Jahresbericht 2025 des Endoprothesenregisters Deutschland veröffentlicht
– Fallzahl allein reicht nicht zur Bewertung der Ergebnisqualität aus
– Anzahl der Kniegelenksersatz-Operationen steigt deutlich an

Fallzahlen allein sind kein Qualitätsmaßstab

Das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) stellt mit seinem aktuellen Jahresbericht eine zentrale These auf: Die Qualität endoprothetischer Versorgung lässt sich nicht allein durch Fallzahlen beurteilen. Obwohl die Anzahl der dokumentierten Eingriffe weiter steigt, zeigt die Analyse, dass auch kleinere Kliniken exzellente Ergebnisse erzielen können. Professor Carsten Perka, Wissenschaftlicher Leiter des EPRD, betont: „Um zu vermeiden, dass mit einem generellen Ausschluss von Einrichtungen mit kleinen Fallzahlen auch diejenigen Kliniken von der Versorgung ausgeschlossen werden, die gute Qualität liefern, ist neben der Fallzahl eine systematische Überwachung der Ergebnisqualität wichtig und sollte perspektivisch in die Kriterien des Leistungsgruppenkatalogs integriert werden.“

Die aktuellen Zahlen unterstreichen die Bedeutung des Registers für die Versorgungsforschung. Für 2024 erfasste das EPRD 410.333 endoprothetische Eingriffe, darunter 199.052 primäre Hüftimplantationen und 173.252 Knie-Erstimplantationen* (jeweils EPRD, Stand: 2024). Besonders deutlich fällt der Anstieg bei Ersteingriffen aus: Von 2022 auf 2024 wuchsen die dokumentierten Hüftversorgungen um 18.237, die Knieversorgungen sogar um 36.413 (EPRD, Stand: 2024). Trotz rückläufiger Klinikzahlen stieg die Anzahl der Dokumentationen gegenüber dem Vorjahr um vier Prozent* (EPRD, Vergleich 2023→2024). EPRD-Geschäftsführer Timo Stehn kommentiert: „Diese Entwicklung freut uns sehr. Sie zeigt, dass das EPRD sich als wissenschaftliches Register in der endoprothetischen Versorgung etabliert hat.“ Mit mehr als drei Millionen erfassten OP-Dokumentationen* (EPRD, Stand: 2025) ist das freiwillige Register heute das zweitgrößte endoprothetische Register Europas.

Kennzahl Wert Einheit Quelle/Stand
Gesamtzahl endoprothetischer Eingriffe 410.333 Fälle EPRD, Stand: 2024*
Primäre Hüftimplantationen 199.052 Fälle EPRD, Stand: 2024*
Knie-Erstimplantationen 173.252 Fälle EPRD, Stand: 2024*

Warum die Krankenhausreform die Debatte befeuert

Die aktuelle Krankenhausreform verändert die Spielregeln für Krankenhäuser grundlegend. Statt ausschließlich über Fallpauschalen sollen Kliniken künftig teilweise durch Vorhaltepauschalen finanziert werden – eine feste Vergütung für das Bereithalten von Kapazitäten und Kompetenzen. Für spezialisierte Leistungsgruppen wie die Endoprothetik bedeutet dies konkret: Wer diese Eingriffe weiterhin anbieten möchte, muss explizite Qualitätskriterien nachweisen. Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz definiert hierfür neben Mindestmengen auch verpflichtende Qualitätssicherungsmaßnahmen als entscheidende Indikatoren (Stand: 2024)*.

Vorhaltepauschalen und Qualitätsanforderungen

Diese Neuausrichtung macht die Forderung des Endoprothesenregister Deutschland nach systematischer Überwachung der Ergebnisqualität besonders relevant. Während die Reform Qualitätskriterien für Leistungsgruppen vorschreibt, zeigt das EPRD mit seinen Daten, dass reine Fallzahlen allein keine verlässliche Qualitätsaussage bieten. Die Registerdaten belegen, dass auch kleinere Kliniken exzellente Ergebnisse erzielen können, während größere Häuser teilweise schwächere Behandlungsergebnisse aufweisen. Damit positioniert sich das EPRD genau im Kern der Reformdebatte: Es liefert den geforderten objektiven Nachweis von Ergebnisqualität, der über reine Mengenkriterien hinausgeht.

Regionale Umsetzungsbeispiele (NRW)

Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen setzen die Vorgaben bereits um. Diese Entwicklung unterstreicht die Dringlichkeit der EPRD-Forderung: Nur durch kontinuierliche, datenbasierte Qualitätsmessung können Kliniken mit tatsächlich guten Behandlungsergebnissen identifiziert und von der Versorgung nicht ausgeschlossen werden – unabhängig von ihrer Größe oder Fallzahl.

Volume‑Outcome‑Effekt: Was die Forschung wirklich zeigt

Die wissenschaftliche Evidenz zum Zusammenhang zwischen Fallzahlen und Behandlungsergebnissen hat sich über Jahre hinweg entwickelt und zeigt ein differenziertes Bild. Frühere Studien zwischen 2014 und 2017 lieferten bereits deutliche Hinweise auf diesen Effekt. Eine Übersicht zu Revisionsraten nach Hüft- und Knie-Totalendoprothesen zeigte, dass diese bei Kliniken mit bis zu 250 Operationen jährlich bei 3,9 Prozent lagen, während sie bei Einrichtungen mit 251–500 Eingriffen auf 3,3 Prozent und bei Kliniken mit über 500 Operationen auf 3,0 Prozent sanken (Datenzeitraum: 2014–2017)*.

Aktuelle Auswertungen (2023–2024)

Neuere Untersuchungen bestätigen und präzisieren diese Befunde. Eine aktuelle regionale Analyse aus Schleswig-Holstein vom Mai 2024 unterstreicht jedoch, dass die Beziehung zwischen Fallzahl und Qualität nicht uniform verläuft: Von 26 untersuchten Kliniken erreichten nur fünf eine überdurchschnittliche Ergebnisqualität, während die durchschnittliche Komplikationsrate aller Häuser bei 7,2 Prozent lag.

Die Forschungsergebnisse belegen somit belastbare Hinweise darauf, dass höhere Fallzahlen tendenziell mit besseren Behandlungsergebnissen einhergehen. Gleichzeitig existieren regionale und klinikspezifische Abweichungen, die zeigen, dass Fallzahlen allein keine absolute Qualitätsgarantie darstellen.

Patientenmerkmale und Versorgungsfolgen

Die Zusammensetzung der Patientengruppen zeigt charakteristische Muster, die für die Versorgungsplanung bedeutsam sind. Hüft-TEP-Patienten wiesen ein Durchschnittsalter von etwa 72 Jahren mit einem BMI im Bereich von 28 auf, während Knie-TEP-Patienten im Schnitt etwas jünger waren und einen höheren BMI aufwiesen.* Diese Differenz im Body-Mass-Index ist medizinisch relevant: Höhere BMI-Werte bei Kniepatienten können das Operationsrisiko erhöhen und erfordern spezielle Expertise in der Behandlung adipöser Patienten, da Gewichtsbelastung und technische Herausforderungen bei der Implantation komplexer werden.*

Alters- und BMI-Differenzen

Die demografischen Unterschiede zwischen Hüft- und Kniepatienten verdeutlichen, dass Versorgungskonzepte differenziert betrachtet werden müssen. Während beide Gruppen ein ähnliches Durchschnittsalter aufweisen, zeigt der deutlich höhere BMI bei Kniepatienten, dass hier andere gesundheitliche Voraussetzungen und Risikoprofile vorliegen.* Diese patientenspezifischen Merkmale beeinflussen nicht nur die unmittelbare Operation, sondern auch den Heilungsverlauf und die Langzeitergebnisse.*

Folgen für Patienten (Zugang, Wegezeiten)

Die durch die Krankenhausreform vorangetriebene Zentralisierung der Endoprothetik-Versorgung hat konkrete Auswirkungen auf die Patientinnen und Patienten.* Einerseits kann die Konzentration von Expertise in spezialisierten Zentrien die Behandlungsqualität für komplexe Fälle verbessern. Andererseits bedeutet dies für viele Betroffene längere Anfahrtswege, insbesondere für ältere Patienten mit Mobilitätseinschränkungen. Die Schließung kleinerer Einrichtungen in ländlichen Regionen verschärft diese Situation zusätzlich und wirft die Frage auf, wie flächendeckende Versorgung bei steigenden Fallzahlen gewährleistet werden kann.

Fazit: Qualitätssicherung braucht mehr als Fallzahlen

Die aktuelle Diskussion zeigt deutlich: Die reine Fallzahl allein bietet keine ausreichende Grundlage für qualitativ hochwertige Krankenhausplanung. Forschungsergebnisse belegen zwar einen Zusammenhang zwischen Operationshäufigkeit und Behandlungsergebnissen – wie in Kapitel 3 dargestellt – doch dieser lässt sich nicht pauschal auf alle Einrichtungen übertragen. Das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) sieht eine ausreichende Evidenz für bessere Behandlungsergebnisse bei höheren Fallzahlen in der Versorgung mit Hüfttotalendoprothesen sowie bei unikondylären Knieprothesen*.

Für die Zukunft wird entscheidend sein, verbindliche Qualitätsindikatoren zu etablieren, transparente Register auszubauen und lokale Begleitforschung zu fördern. Die bereits beschlossenen Regelungen in Nordrhein-Westfalen treten ab 01.04.2025 bzw. 01.01.2026 in Kraft (Stand: Februar 2025), während die bundesweite Reform zum Oktober 2025 umgesetzt werden soll (Stand: Oktober 2025). Diese Schritte markieren den Beginn eines umfassenden Wandels hin zu einer datengestützten, ergebnisorientierten Krankenhausversorgung.

Die in diesem Beitrag enthaltenen Informationen und Aussagen basieren auf einer Pressemitteilung der EPRD Deutsche Endoprothesenregister gGmbH.

Weiterführende Quellen:

11 Antworten

  1. Ich bin gespannt auf die nächsten Schritte der Reform und wie sie umgesetzt werden wird! Was haltet ihr von den geplanten Änderungen? Werden sie uns wirklich helfen?

    1. Ich hoffe schon! Aber ich mache mir Sorgen um ländliche Regionen und ob da alles gut läuft… Wie steht ihr dazu?

  2. „Die reine Fallzahl allein bietet keine ausreichende Grundlage“ – das stimmt absolut! Ich hoffe, dass dies auch in Zukunft von den Verantwortlichen ernst genommen wird und wir mehr Transparenz bekommen.

    1. ‚Transparenz‘ ist hier ein Schlüsselwort! Vielleicht sollten wir mehr Initiativen unterstützen, die sich für Patientenrechte einsetzen und für bessere Informationspolitik kämpfen.

    2. ‚Patientenrechte‘ sind so wichtig! Die sollten auch wissen, welche Kliniken hohe Standards haben und warum das wichtig ist für ihre Gesundheit.

  3. Ich finde die Anhebung der Qualitätsanforderungen durch das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz wichtig. Wie können wir sicherstellen, dass alle Kliniken diese Anforderungen erfüllen? Das Thema ist ja sehr komplex.

    1. Ja, das stimmt! Die Umsetzung könnte schwierig werden. Was denkt ihr über den Einfluss von regionalen Unterschieden auf die Versorgungsqualität?

  4. Der Bericht zeigt klar, dass mehr Fallzahlen nicht gleich bessere Qualität sind. Es ist spannend zu sehen, wie sich das mit der Krankenhausreform entwickelt. Gibt es schon konkrete Beispiele aus anderen Ländern?

  5. Die Diskussion um die Qualität in der Endoprothetik ist sehr wichtig. Ich finde es interessant, dass kleinere Kliniken auch gute Ergebnisse liefern können. Wie sehen die Kriterien aus, die wir für die Qualitätssicherung brauchen?

    1. Ich denke auch, dass Fallzahlen nicht alles sind. Es ist gut zu hören, dass das EPRD das Thema Qualität ernst nimmt. Welche anderen Faktoren könnten noch wichtig sein?

    2. Genau! Man sollte nicht nur nach Zahlen schauen. Ich frage mich, wie man die Patienten besser informieren kann über ihre Optionen und Risiken.

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