EnWG-Novelle 2025: BDEW warnt vor Bürokratie und Netzrisiken beim Energy Sharing

Anlässlich der Anhörung zur EnWG-Novelle im Bundestag am 15. Oktober 2025 fordert der BDEW eine schlanke Umsetzung ohne zusätzliche Bürokratie. Die Novelle schaffe grundsätzlich Planungssicherheit, doch beim Energy Sharing müsse die Regelung auf ein Verteilnetzgebiet beschränkt bleiben, um Netzrisiken zu vermeiden. Der Verband schlägt eine zentrale Beratungsstelle für Bürger nach österreichischem Vorbild vor.
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Inhaltsübersicht

– BDEW unterstützt grundsätzlich die EnWG-Novelle für mehr Planungssicherheit
– Kritik an möglichem Bürokratieaufwand durch Energy Sharing und Netzrisiken
– Forderung nach dauerhafter Begrenzung von Energy Sharing auf ein Verteilnetzgebiet

BDEW fordert schlanke Umsetzung der EnWG-Novelle

Anlässlich der Anhörung zur Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes im Deutschen Bundestag am 15. Okt. 2025 positioniert sich der BDEW grundsätzlich positiv zum Gesetzesvorhaben, mahnt jedoch entscheidende Vereinfachungen an. Besonderes Augenmerk legt der Verband auf das strittige Thema Energy Sharing.

Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, betont: „Die meisten auf nationaler Ebene zusätzlich vorgeschlagenen Inhalte sind sinnvoll und greifen auch Anliegen der Branche auf, schließen bestehende Rechtslücken und beseitigen Unsicherheiten.“ Zugleich warnt sie vor übermäßigem Verwaltungsaufwand: „Die Novelle darf jedoch nicht zu unnötiger, zusätzlicher Bürokratie führen.“

Besondere Aufmerksamkeit richtet der Verband auf zwei zentrale Punkte:

  • Energy Sharing muss auf Verteilnetzgebiete beschränkt bleiben, um Netzengpässe zu vermeiden
  • Eine staatlich finanzierte Beratungsstelle nach österreichischem Vorbild soll Bürgern bei Energy Sharing-Fragen helfen

Andreae unterstreicht: „Die Unternehmen brauchen mehr Zeit, sich auf ihre Kernaufgabe ‚Versorgung‘ zu konzentrieren und gleichzeitig die Transformation hin zur Klimaneutralität effizient zu gestalten.“

Energy Sharing: Chance oder bürokratische Hürde?

Die geplante Einführung von Energy Sharing nach § 42c EnWG soll Bürgerenergiegemeinschaften ermöglichen, lokal erzeugten Ökostrom untereinander zu teilen. Doch der konkrete Regierungsentwurf vom 06.08.2025 sorgt für kontroverse Diskussionen in der Branche.

Was § 42c EnWG regeln will

Energy Sharing ermöglicht es Privatpersonen, Landwirten und kleinen Unternehmen, sich zu Energiegemeinschaften zusammenzuschließen. Sie können dann Solar- oder Windstrom aus eigener Erzeugung über das öffentliche Netz mit anderen Mitgliedern teilen – auch wenn diese nicht direkt neben der Erzeugungsanlage wohnen. Die Bundesregierung sieht darin einen wichtigen Baustein für die Verbraucherbeteiligung am Energiesystem der Zukunft.

Strittige Einschränkungen: Radius und Ausschlüsse

Kritik entzündet sich vor allem an den im Entwurf vorgesehenen räumlichen Beschränkungen. Demnach soll Energy Sharing auf ein Verteilnetzgebiet begrenzt bleiben und über Direktleitungen maximal 5 Kilometer umfassen. Diese Einschränkung begründet die Regierung mit netztechnischen Erwägungen und dem Ziel, zusätzlichen Bürokratieaufwand zu vermeiden.

Branchenverbände und Rechtsexperten kritisieren diese engen Grenzen jedoch als innovationsfeindlich. Sie argumentieren, dass die physikalischen Restriktionen praxisfern seien und das Potenzial von Energy Sharing unnötig beschneiden würden. Besonders in ländlichen Regionen, wo Erzeugungsanlagen und Verbraucher oft weiter voneinander entfernt liegen, würden die 5-Kilometer-Begrenzungen viele potenzielle Energiegemeinschaften unmöglich machen.

Die Diskussion zeigt den grundsätzlichen Konflikt zwischen regulatorischer Vereinfachung und der möglichst barrierearmen Umsetzung neuer Energiebeteiligungsmodelle. Während Netzbetreiber auf die Begrenzung eines Bilanzierungsgebietes pochen, fordern Verbraucherschützer und Erneuerbare-Energien-Verbände mehr Flexibilität, um die Energiewende bürgernah zu gestalten.

Negative Strompreise und Bürokratieabbau im Fokus

Die Energiewende zeigt in den Strommärkten konkrete Auswirkungen: Im Jahr 2023 verzeichnete der deutsche Strommarkt ca. 300 Stunden mit negativen Preisen (Quelle: Memodo; Stand: 2023). Diese Entwicklung setzte sich 2024 deutlich fort – hier lag die Zahl der Stunden mit negativen Strompreisen bei über 450 (Quelle: Memodo; Stand: 2024). Diese Werte verdeutlichen eine zunehmende Volatilität, die neue regulatorische Antworten erfordert.

Jahr Negative-Preis-Stunden Quelle / Stand
2023 ca. 300 h Memodo; Stand: 2023
2024 über 450 h Memodo; Stand: 2024

Bürokratieabbau und Digitalchecks

Vor diesem Markthintergrund gewinnen Entbürokratisierungsbemühungen zusätzliche Bedeutung. Der BDEW betont in seiner Stellungnahme zur EnWG-Novelle: „Die Novelle darf jedoch nicht zu unnötiger, zusätzlicher Bürokratie führen.“ Stattdessen solle der Leitgedanke sein, „Bürokratielasten nicht nur zu vermeiden, sondern abzubauen“.

Ein Instrument hierfür sind Digitalchecks, die bereits im Gesetzgebungsprozess verankert sind. Sie prüfen die Digitaltauglichkeit neuer Regelungen und sollen Berichtspflichten auf ein notwendiges Mindestmaß reduzieren (Quelle: Bundesministerium der Justiz; Stand: August 2023). Diese Prüfverfahren sollen sicherstellen, dass zusätzliche Verwaltungslasten für Energieunternehmen vermieden werden, damit sich diese auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können.

Energy Sharing: Wer gewinnt, wer verliert?

Die EnWG-Novelle bringt klare Gewinner und Verlierer hervor. Während Bürgerenergiegesellschaften und kleine Unternehmen von erweiterten Beteiligungsmöglichkeiten profitieren, sehen größere Projektentwickler sich durch räumliche Beschränkungen benachteiligt. Die Debatte zeigt tiefe Gräben zwischen verschiedenen Akteuren der Energiewirtschaft.

Befürworter vs. Kritiker: Marktzugang und Akzeptanz

Die Bundesregierung betont die fördernde Wirkung der Novelle auf Akzeptanz und Rechtssicherheit.

Doch diese Öffnung hat ihre Grenzen. Der Regierungsentwurf sieht räumliche Restriktionen vor, inklusive einer Direktleitungsbegrenzung von 5 Kilometern (Quelle: gunnercookede.com, Stand: Regierungsentwurf 06.08.2025). Diese Radius-Beschränkung stößt auf scharfe Kritik, da sie größere Projektentwickler praktisch ausschließt und den Marktzugang begrenzt (Quelle: neueenergie.net, Stand: Juli/August 2025).

Netzrisiken und Bürokratiefragen

Aus Sicht der etablierten Energiewirtschaft birgt die Ausweitung des Energy Sharing erhebliche Risiken. Die Befürchtung: Transporte von Kleinstmengen über Netzebenen und Netzbetreibergrenzen hinweg könnten Netzengpässe verschärfen statt sie zu verbessern. Die Physik des Netzes setze hier klare Grenzen.

Zudem warnen Verbände vor neuem Bürokratieaufwand. Statt bei jedem Netzbetreiber aufwendige Strukturen aufzubauen, fordern sie eine zentrale, staatlich finanzierte Anlauf- und Beratungsstelle für Bürgerinnen und Bürger nach österreichischem Vorbild. Dies würde Aufgabenlast und Systemkosten sinnvoller zuordnen.

Die zentralen Positionen im Überblick:

  • Für Bürger und KMU: Mehr Beteiligungsmöglichkeiten und gesteigerte Akzeptanz durch Energy Sharing (Quelle: Verbandsbuero.de)
  • Gegen größere Entwickler: Ausschluss durch Radius-Beschränkung von 5 km (Quelle: neueenergie.net)
  • Netzbetreiber warnen: Vor Bürokratieaufwand und potenziellen Netzrisiken durch kleinteiligen Transport

Die Novelle zeigt damit deutlich: Die Energiewende verändert nicht nur Technologien, sondern auch Machtverhältnisse und Beteiligungsmodelle. Während sie dezentrale Akteure stärkt, bleiben etablierte Player skeptisch gegenüber den operativen Herausforderungen.

Was jetzt zu tun ist: Leitplanken für die Energiewende

Die beschlossene EnWG-Novelle markiert einen wichtigen Schritt, doch die eigentliche Arbeit beginnt erst mit der Umsetzung. Bereits am 31. Januar 2025 verabschiedete der Gesetzgeber das Gesetz zur Vermeidung temporärer Erzeugungsüberschüsse, das unter anderem die netzdienliche Steuerung großer Photovoltaik-Anlagen regelt. Diese Maßnahmen gewinnen vor dem Hintergrund steigender Negative-Preis-Stunden an Dringlichkeit: Waren es 2023 ca. 300 Stunden, stieg die Zahl 2024 auf über 450 Stunden – ein klares Signal für wachsende Marktungleichgewichte.

Zentrale offene Fragen betreffen die praktische Ausgestaltung des Energy Sharing. Ungeklärt bleibt, wie Netzstabilität bei grenzüberschreitenden Sharing-Modellen gewährleistet werden kann, ohne zusätzliche Engpässe zu provozieren. Ebenso bedarf die Frage nach Zuständigkeiten für Beratungsangebote einer klaren Antwort – hier fordert die Branche eine zentrale, staatlich finanzierte Anlaufstelle nach österreichischem Vorbild. Parallel dazu muss der Bürokratieabbau konsequent fortgesetzt werden; entsprechende Digitalchecks wurden bereits im August 2023 als Instrument im Gesetzgebungsprozess etabliert.

Die erfolgreiche Umsetzung erfordert praktische Leitplanken, die sowohl technische Anforderungen als auch unterstützende Rahmenbedingungen berücksichtigen. Netzausbau, Beratungsstrukturen und bürokratiearme Prozesse bilden dabei die entscheidenden Handlungsfelder. Nur wenn diese Elemente ineinandergreifen, kann die Energiewende ihr volles Potenzial entfalten und gleichzeitig Versorgungssicherheit gewährleisten.

Die nachfolgenden Informationen und Zitate stammen aus einer offiziellen Pressemitteilung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW).

Weiterführende Quellen:

8 Antworten

  1. . Ich finde es wichtig, dass wir darüber diskutieren wie Energy Sharing in der Praxis aussehen kann! Es gibt so viele Möglichkeiten und ich hoffe die Regierung nimmt alle Stimmen ernst.

  2. Es ist ermutigend zu sehen, dass BDEW sich für simplere Prozesse einsetzt. Doch ich frage mich: Was passiert mit den größeren Projektentwicklern? Werden sie benachteiligt durch diese neuen Regelungen?

    1. Das ist ein guter Punkt! Es scheint als ob kleinere Unternehmen profitieren könnten, aber was ist mit den größeren? Brauchen wir nicht eine Balance zwischen beiden?

    2. . Auch ich mache mir darüber Gedanken! Vielleicht sollten wir mehr Input von allen Seiten sammeln, bevor Entscheidungen getroffen werden.

  3. Die Forderung nach einer Beratungsstelle nach österreichischem Vorbild klingt vielversprechend. Aber wie schnell können wir diese umsetzen? Ich hoffe wirklich, dass es nicht nur ein weiterer Plan bleibt!

  4. Ich finde es gut, dass BDEW die EnWG-Novelle unterstützt, aber ich mache mir Sorgen über die Bürokratie, die entstehen könnte. Wie können wir sicherstellen, dass Energy Sharing wirklich funktioniert und nicht zu kompliziert wird?

    1. Ja genau, das ist eine wichtige Frage! Ich denke auch, dass wir darauf achten müssen, dass die Regeln nicht zu restriktiv sind. Was denkt ihr über die 5 Kilometer Begrenzung? Ist das sinnvoll oder eher hinderlich?

    2. Ich stimme zu! Die Idee von Energy Sharing ist spannend, aber ohne klare und einfache Richtlinien könnte es schnell frustrierend werden. Hat jemand Erfahrungen damit gemacht? Würde mich echt interessieren.

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