Bremen (VBR). In einer richtungsweisenden Diskussion über die Zukunft der Krankenhausfinanzierung in Deutschland hat Christoph Radbruch, Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV), einige dringende Forderungen geäußert. Bei einer öffentlichen Anhörung zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) am 25. September 2024 betonte Radbruch die Notwendigkeit, das Gesamtbudget der Krankenhäuser langfristig von den Fallzahlen zu entkoppeln.
Radbruch erklärte: “Das Gesamtbudget der Krankenhäuser und damit auch die Vorhaltefinanzierung muss langfristig vollständig von den Fallzahlen gelöst werden. Als Grundlage sollte eine kleinräumige, regionale Bedarfsermittlung dienen. Da entsprechende Instrumente noch nicht existieren, muss der Auftrag zu deren Entwicklung schon jetzt im Gesetz verankert werden.”
Besonders im ländlichen Raum müsse die Versorgungssicherheit gewährleistet sein. Hierzu fordert der DEKV eine Öffnung sektorenübergreifender Versorgungseinrichtungen für ambulante ärztliche Tätigkeiten. Radbruch erläuterte weiter, dass die Finanzierung dieser Einrichtungen kompliziert sei, da die Kostenstrukturen in Krankenhäusern höher seien als in ambulanten Einrichtungen. “Im aktuellen Entwurf setzt sich die Finanzierung aus verschiedenen Bausteinen zusammen. Diese komplexe Mischkalkulation ist für die Träger mit einem erheblichen Risiko verbunden. Daher wäre es für die langfristige Sicherung dieser Versorgungsform nötig, eine sektorenübergreifende Vorhaltefinanzierung einzuführen, die von den Fallzahlen unabhängig ist”, so Radbruch.
Freigemeinnützige Krankenhäuser stünden zudem vor besonderen finanziellen Herausforderungen. Radbruch beschrieb die ungleichen Bedingungen, denen diese Einrichtungen gegenüberstehen. Während Uniklinika als Landesbetriebe insolvenzgeschützt sind und kommunale Krankenhäuser oft finanzielle Unterstützung durch ihre Kommunen erhalten, fehlen kirchlichen und freigemeinnützigen Krankenhäusern solche Mittel. “Der sogenannte ‘kalte Strukturwandel’, den wir beobachten, ist kein Wettbewerb um Qualität und Wirtschaftlichkeit, sondern oft eine Folge ungleicher Wettbewerbsbedingungen,” machte Radbruch deutlich.
Die Aussagen von Christoph Radbruch werfen ein Schlaglicht auf die zentralen Probleme und Herausforderungen im deutschen Gesundheitssystem. Besonders betroffen sind dabei die freigemeinnützigen Krankenhäuser, die ohne staatliche Gelder oder kommunale Unterstützung auskommen müssen. Um dem entgegenzuwirken, scheint eine baldige Gesetzesänderung unverzichtbar.
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Krankenhausreform: DEKV fordert Finanzierung und Fallzahlen zu entkoppeln
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Herausforderungen und Perspektiven der Krankenhausfinanzierung im ländlichen Raum
Die Forderungen des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV) werfen ein Schlaglicht auf kritische Aspekte und notwendige Reformen in der deutschen Krankenhauslandschaft. Insbesondere die langfristige Entkopplung der Budgetierung von Fallzahlen und die Einführung sektorenübergreifender Vorhaltefinanzierungen zielen darauf ab, strukturelle Ungleichheiten zu beseitigen und die Gesundheitsversorgung auch in entlegenen Regionen sicherzustellen.
In der jüngeren Vergangenheit haben mehrere Studien und Berichte ähnliche Probleme in der Krankenhausfinanzierung beleuchtet. Beispielsweise zeigte eine Untersuchung des Bundesrechnungshofs, dass das bestehende DRG-System (Diagnosis Related Groups) nicht ausreichend berücksichtigt, dass einige Krankenhäuser aufgrund ihrer Lage und Struktur höhere Kosten tragen müssen. Insbesondere Einrichtungen im ländlichen Raum sind dabei besonders betroffen, da sie oft auf eine diversifizierte medizinische Infrastruktur angewiesen sind, um eine umfassende Versorgung vor Ort bieten zu können.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat ebenfalls wiederholt auf diese Disparitäten hingewiesen und drängt seit Jahren auf spezifische Anpassungen im Finanzierungssystem. Die DKG betont, dass ohne zielgerichtete Investitionen und strukturelle Änderungen viele kleinere Krankenhäuser ihre wirtschaftliche Existenz aufs Spiel setzen und damit die gesundheitliche Grundversorgung der Bevölkerung gefährden könnten.
Ein Vergleich mit anderen europäischen Ländern zeigt unterschiedliche Ansätze zur Lösung ähnlicher Problematiken. In Schweden und Norwegen beispielsweise wird die Finanzierung von Krankenhäusern stärker zentralisiert und erfolgt unter Einbeziehung regionaler Bedürfnisse, was zumindest teilweise die existierenden Ungleichheiten mildert.
Prognosen zur zukünftigen Entwicklung der Krankenhausfinanzierung in Deutschland zeichnen ein ambivalentes Bild. Einerseits könnte eine gesetzliche Verankerung neuer Finanzierungsmodelle, wie sie vom DEKV gefordert werden, dazu beitragen, die Versorgungssicherheit zu verbessern und regionale Unterschiede auszugleichen. Andererseits bestehen erhebliche Herausforderungen in der Umsetzung dieser Modelle, insbesondere hinsichtlich der Schaffung der notwendigen Instrumente für eine kleinräumige, regionale Bedarfsermittlung.
Darüber hinaus müssen mögliche Entwicklungen in der Digitalisierung des Gesundheitssektors berücksichtigt werden. Telemedizinische Lösungen und digitale Gesundheitsplattformen könnten die Versorgungsstrukturen entlasten und somit mittelfristig eine synergistische Wirkung zur finanziellen Stabilität der Krankenhäuser entfalten. Diese Innovationen erfordern jedoch initiale Investitionen und einen klaren politischen Fahrplan, der die Integration neuer Technologien in bestehende Systeme unterstützt.
Im Licht dieser Analysen und Prognosen erscheint es unerlässlich, dass sowohl die Politik als auch die beteiligten Akteure im Gesundheitswesen rasch handeln und die notwendigen Reformen angehen. Nur so kann eine belastbare und gerechte Grundlage für die Zukunft der Krankenhausfinanzierung geschaffen werden, die den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird und keine Region zurücklässt.
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