– BUND kritisiert CCS-Gesetz als Bremse für die Energiewende.
– Gesetz fördert fossile Industrien und riskiert Milliardensubventionen.
– CCS-Technologie gilt als teuer, unsicher und klimaschädlich.
BUND warnt: CCS-Gesetz bremst Energiewende
Am Montag steht im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages eine brisante Sachverständigen-Anhörung an: Es geht um die Novelle des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes (KSpG), besser bekannt als CCS-Gesetz. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) positioniert sich dabei mit deutlicher Kritik und warnt vor energiepolitischen Fehlentwicklungen.
Kerstin Meyer, Leiterin Wirtschaft und Finanzen beim BUND, bringt die Bedenken auf den Punkt: „Mit dem CCS-Gesetz bremst die Bundesregierung die Energiewende aus. Sie setzt auf eine wirkungslose Technik, die in anderen Ländern bereits gescheitert ist, und wird damit Milliarden versenken.“ Diese fundamentale Kritik richtet sich gegen den aktuellen Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, der im Eilverfahren beschlossen werden soll.
Der BUND sieht in der geplanten CCS-Regelung eine gefährliche Weichenstellung: Milliarden werden versenkt in eine Technologie, die nach Ansicht des Umweltverbandes keine Zukunft hat. Konkret kritisiert Meyer: „Das wirft Deutschland energie- und industriepolitisch um Jahrzehnte zurück und öffnet neuen, fossilen Projekten Tür und Tor.“
Besonders problematisch erscheint dem Verband die geplante Infrastruktur. Die Gasindustrie soll 5000 Kilometer lange Kohlendioxidleitungsnetze errichten und betreiben dürfen – Stand: 13. Oktober 2025 (PM BUND). Statt Emissionen zu reduzieren, könnten Kraftwerke, chemische Industrie und Müllverbrenner ihre Abgase einfach unter die Nordsee leiten oder vor Ort im Boden versenken.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die geplanten Subventionen für Gaskraftwerke mit dem Etikett „CCS ready“ – Stand: 13. Oktober 2025 (PM BUND). Der BUND warnt, dass einmal gebaute Gaskraftwerke Jahrzehnte laufen müssen und damit die Abhängigkeit von Gas zementiert wird. Dies behindere wiederum den Ausbau erneuerbarer Energien.
Als Alternative fordert der BUND einen klaren Kurs: „Für eine sichere und unabhängige Energieversorgung braucht es keine CO2-Endlager-Fantasien, sondern einen geordneten, verbindlichen Gasausstieg möglichst vor 2040 und den naturverträglichen Ausbau auf 100 Prozent erneuerbare Energien.“
Was die Novelle vorsieht
Während Umweltverbände wie der BUND die geplante CCS-Gesetznovelle als klimapolitische Fehlentwicklung kritisieren, setzt die Bundesregierung mit konkreten Schutzvorgaben rechtliche Rahmenbedingungen für künftige Offshore-Speicher. Die im August 2025 vorgelegten Pläne des Bundesumweltministeriums sehen explizite Schutzmechanismen für sensible Meeresökosysteme vor.
Schutzauflagen in Nord- und Ostsee
Das Kernstück der Schutzbestimmungen bildet das Verbot von CO₂-Injektionen unter Natur- und Meeresschutzgebieten (Stand: August 2025, Quelle: Bundesumweltministerium). Dieser Ausschluss wird durch 8‑km-Pufferzonen um die geschützten Areale erweitert, die ebenfalls von der Einlagerung von Kohlendioxid ausgenommen sind. Zusätzlich regelt die Novelle lärmintensive Arbeiten im zentralen Schweinswalgebiet: Dort sind entsprechende Tätigkeiten während der Sommermonate untersagt (Stand: August 2025, Quelle: Bundesumweltministerium).
Diese Schutzauflagen stehen im Kontrast zur Fundamentalkritik des BUND, der in der Gesetzesnovelle eine Bremse für die Energiewende und eine milliardenschwere Fehlinvestition sieht. Die regulatorischen Vorgaben zeigen jedoch, dass die Bundesregierung trotz der technologieoffenen Ausrichtung des CCS-Gesetzes ökologische Mindeststandards für marine Räume definiert hat. Die spezifischen Ge- und Verbote adressieren direkt die vulnerabelsten Meeresbereiche in Nord- und Ostsee und schaffen damit klare rote Linien für künftige Speicherprojekte.
CCS in Zahlen: Hohe Kosten, geringe Effizienz, viele Fehlschläge
Die Diskussion um Carbon Capture and Storage wird durch handfeste ökonomische und technische Kennzahlen versachlicht. Aktuelle Studien zeigen ein klares Bild: CCS schneidet bei Kosten, Effizienz und Erfolgsquote deutlich schlechter ab als erneuerbare Alternativen.
Die CO2-Vermeidungskosten liegen für CCS-Anlagen bei 120–180 Euro pro Tonne (Stand: 2024, Quelle: Greenpeace-Studie). Im Vergleich dazu kostet die Vermeidung einer Tonne CO2 durch Photovoltaik nur 40–80 Euro (Stand: 2023, Quelle: Greenpeace-Studie), bei Onshore-Windkraft sogar nur 50–70 Euro (Stand: 2023, Quelle: Greenpeace-Studie).
Technische und wirtschaftliche Hürden
Der Mehrverbrauch von Energie in CCS-Anlagen beträgt 24–40 Prozent (Stand: 2025, Quelle: Bundesregierung/Wikipedia). Diese Effizienzeinbußen resultieren aus dem hohen Energieaufwand für Abscheidung, Transport und Speicherung des CO2.
Die historische Scheiterquote spricht eine deutliche Sprache: 88 Prozent der weltweit geplanten CCS-Projekte wurden nicht realisiert (Stand: 2024, Quelle: Greenpeace-Studie). Diese hohe Ausfallrate unterstreicht die praktischen Umsetzungsprobleme der Technologie.
Bereits die EU-Pilotförderung zeigte ähnliche Muster: Von 1 Milliarde Euro zugesagter Fördermittel wurden bis 2017 nur 420 Millionen Euro tatsächlich abgerufen (Stand: 2017, Quelle: WWF-Analyse). Diese Diskrepanz deutet auf grundlegende Akzeptanz- und Machbarkeitsprobleme hin.
Zentrale Kennzahlen im Überblick:
- 88 % der weltweit geplanten CCS-Projekte nicht realisiert — Stand: 2024 (Quelle: Greenpeace-Studie)
- 120–180 €/t CO2-Vermeidungskosten für CCS — Stand: 2024 (Quelle: Greenpeace-Studie)
- 24–40 % Mehrverbrauch an Energie — Stand: 2025 (Quelle: Bundesregierung/Wikipedia)
- Nur 420 Mio. € von 1 Mrd. € EU-Pilotmitteln abgerufen — Stand: 2017 (Quelle: WWF-Analyse)
Diese Zahlen untermauern die Einschätzung des BUND: „Der Weltklimarat hält CCS für den teuersten Versuch, den CO2-Ausstoß zu reduzieren.“ Die wirtschaftlichen und technischen Kennwerte zeigen, dass Investitionen in CCS verglichen mit erneuerbaren Energien deutlich ineffizienter sind.
Wer betroffen ist – und wie
Die Diskussion um Carbon Capture and Storage berührt verschiedene gesellschaftliche Bereiche mit konkreten Auswirkungen. Während die Technologie primär für Industrie und Energieerzeugung entwickelt wird, zeigen sich die Effekte weit darüber hinaus – bei Verbraucherpreisen, regionalen Entwicklungsplänen und der Akzeptanz in betroffenen Gebieten.
Besonders betroffen sind:
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Energieintensive Industrien: Für Branchen wie Stahl, Chemie oder Zement steht viel auf dem Spiel. Investitionsentscheidungen über Jahrzehnte hängen davon ab, ob CCS als Brückentechnologie oder als langfristige Lösung betrachtet wird. Die Technologie könnte Umbauprozesse beschleunigen – oder Unternehmen dazu verleiten, notwendige Transformationen hinauszuzögern.
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Private Haushalte: Über Stromrechnungen und mögliche Umlagen finanzieren Verbraucherinnen und Verbraucher indirekt die Entwicklung neuer Infrastruktur. Die milliardenschwere Förderung von CCS-Anlagen und Pipelines könnte sich in höheren Energiepreisen niederschlagen, während gleichzeitig der Ausbau erneuerbarer Energien Priorität beansprucht.
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Küsten- und Binnenregionen: Ob Offshore-Speicher unter der Nordsee oder Onshore-Anlagen an Land – betroffene Regionen stehen vor komplexen Abwägungen zwischen Wirtschaftsförderung und Naturschutz. Genehmigungsverfahren, Sicherheitsfragen und Umweltauflagen bestimmen maßgeblich, wo und wie CCS realisiert werden kann.
Die Akzeptanzfrage stellt eine besondere Hürde dar. Bereits Stand: 2017 scheiterten frühere EU-Programme zur CO₂-Speicherung teilweise „mangels Akzeptanz“, wie der WWF in seinen Leitlinien dokumentierte. Diese Erfahrung zeigt: Selbst technisch machbare Projekte stoßen an Grenzen, wenn die Bevölkerung Bedenken hat – etwa zur Langzeitsicherheit von CO₂-Lagern oder zu Eingriffen in sensible Ökosysteme.
Ausblick: Zeitplan und Geldflüsse
Die Bundesregierung rechnet für den Aufbau einer CCS-Infrastruktur mit einer Planungs- und Bauzeit von 7–10 Jahren. Ziel ist es, betriebsbereite Anlagen ab Anfang der 2030er-Jahre in Betrieb zu nehmen (Stand: August 2025). Parallel ziehen die Fördermittel deutlich an: Während 2024 noch 25 Millionen Euro bereitstanden, sind für 2025 bereits bis zu 100 Millionen Euro für zwei konkrete Projekte vorgesehen (Stand: 2025). Diese beschleunigte Finanzierung unterstreicht den politischen Willen, die Technologie zügig voranzutreiben. Die zeitliche Abfolge zeigt eine deutliche Dynamik – von ersten Förderbeträgen hin zu substanziellen Investitionen und einem konkreten Zeithorizont für die betriebsbereite Infrastruktur.
Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).
Weiterführende Quellen:
- „Im Zeitraum 2009 bis 2017 stellte die EU eine Milliarde Euro für sechs CCS-Pilotprojekte bereit, doch mangels Akzeptanz und wegen verschiedener Hürden wurden tatsächlich nur 420 Millionen Euro ausgezahlt; mehrere Projekte wurden vorzeitig abgebrochen (Stand: 2017).“ – Quelle: https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Meere/WWF-Leitlinien-zur-Anwendung-von-CCS-in-DE.pdf
- „Im mittleren Szenario liegen die kumulierten Kosten für CCS-Anwendungen in Deutschland zwischen 39,2 und 81,5 Milliarden Euro bis 2045; Unfälle und gescheiterte Projekte können diese Kosten weiter erhöhen (Stand: 2024).“ – Quelle: https://www.greenpeace.de/publikationen/CCS_in_Deutschland.pdf
- „CCS verschlechtert den Nettowirkungsgrad von Kraftwerken; der zusätzliche Brennstoffverbrauch bei CCS-Anlagen beträgt laut aktuellem Stand etwa 24 bis 40 Prozent gegenüber Anlagen ohne CCS (Stand: 2025).“ – Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/CO2-Abscheidung_und_-Speicherung
- „Die Bundesregierung erwartet für CCS-Infrastruktur eine Planungs- und Bauzeit von sieben bis zehn Jahren, um ab Anfang der 2030er-Jahre betriebsbereite Anlagen und Pipelines zu haben (Stand: August 2025).“ – Quelle: https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/speicherung-von-kohlendioxid-2376946
- „Die Novelle des CCS-Gesetzes untersagt CO2-Injektionen unter Natur- und Meeresschutzgebieten sowie in deren 8-km-Pufferzonen; lärmintensive CCS-Tätigkeiten sind im zentralen Schweinswalgebiet im Sommer verboten (Stand: August 2025).“ – Quelle: https://www.bundesumweltministerium.de/pressemitteilung/bundesregierung-schafft-voraussetzungen-fuer-die-co2-speicherung-unter-dem-meer
- „Von bisher weltweit geplanten CCS-Projekten wurden etwa 88 Prozent nicht realisiert; die Scheiterquote ist entsprechend hoch (Stand: 2024).“ – Quelle: https://www.greenpeace.de/publikationen/CCS_in_Deutschland.pdf
- „Verglichen mit Erneuerbaren sind die CO2-Vermeidungskosten bei CCS im Industriesektor in Deutschland deutlich höher: 120 bis 180 €/t (2024) versus 40 bis 80 €/t bei Photovoltaik und 50 bis 70 €/t bei Onshore-Wind (2023).“ – Quelle: https://www.greenpeace.de/publikationen/CCS_in_Deutschland.pdf
7 Antworten
„Das Gesetz fördert fossile Industrien.“ Was denken Sie über diesen Punkt? Ich finde es besorgniserregend und hoffe auf mehr öffentliche Diskussion darüber! Wir sollten alle unsere Stimmen erheben.
„CCS könnte uns zurückwerfen“, sagt BUND. Ich frage mich, was andere Länder tun? Gibt es dort bessere Ansätze zur CO2-Reduzierung? Wir könnten doch voneinander lernen!
Ich finde den Ansatz von BUND interessant. Wenn das CCS-Gesetz tatsächlich die Energiewende bremst, was bedeutet das dann für unsere zukünftige Energieversorgung? Ich hoffe, dass wir schnellere Lösungen finden können.
Ich sehe das CCS-Gesetz auch kritisch. Die Investitionen scheinen einfach zu hoch und die Erfolgschancen gering. Wie kann es sein, dass wir trotz der vielen Fehlschläge immer noch auf CCS setzen? Gibt es nicht bessere Alternativen?
Das ist ein guter Punkt! Vielleicht sollten wir mehr über die anderen Technologien lernen und uns darauf konzentrieren? Ich denke auch, dass der Ausbau von erneuerbaren Energien viel sinnvoller wäre.
Ich finde die Kritik am CCS-Gesetz sehr wichtig. Es scheint, dass wir viel Geld in etwas stecken, was nicht wirklich funktioniert. Warum denkt die Regierung nicht mehr an erneuerbare Energien? Das wäre viel besser für die Umwelt.
Ja, das stimmt! Es ist schwer zu verstehen, warum man auf eine Technologie setzt, die nicht wirklich zuverlässig ist. Ich frage mich, ob wir nicht einfach schneller auf Wind- und Solarenergie setzen sollten?