Bremen (VBR). In Deutschland herrscht eine ungleichmäßige Situation in der Pflege, wie der aktuelle Pflege-Report des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) offenlegt. Regionale Unterschiede prägen das Bild von Pflegebedürftigkeit und der Nutzung von Pflegeleistungen. Doch eines wird klar: Der Schlüssel zu einer effektiveren Pflege liegt oft im unmittelbaren Umfeld, dem Quartier.
Dr. Carola Reimann, die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, sieht dringenden Handlungsbedarf und spricht sich für ein Umdenken im Pflegesystem aus: „Wenn wir Menschen im Teilleistungssystem der Sozialen Pflegeversicherung auch künftig so lange wie möglich gut in der gewohnten Umgebung versorgen möchten, müssen wir neue Wege in der Pflege gehen,“ erklärt sie. (Zitat-Quelle: Pressemitteilung)
Ein zukunftsweisender Ansatz dabei ist das Konzept der Caring Communities. Diese Idee baut auf dem 7. Altenbericht der Bundesregierung auf und fördert integrierte sozialräumliche Planung sowie innovative Wohnformen. Im Mittelpunkt stehen lokale Netzwerke aus Angehörigen, Freiwilligen und professionellen Pflegekräften. Gerade angesichts des Wandels traditioneller Familienstrukturen erlangen solche Gemeinschaften zunehmende Bedeutung. Ehrenamtliche spielen hierbei eine entscheidende Rolle, indem sie alltägliche Unterstützung bieten und soziale Teilhabe ermöglichen.
Der WIdO-Report hebt auch das ungenutzte Potenzial der Babyboomer-Generation hervor. Eine repräsentative forsa-Umfrage unterstreicht die Bereitschaft dieser Generation, sich ehrenamtlich in der Pflege zu engagieren. Ganze 64 Prozent der befragten Babyboomer können sich vorstellen, pflegebedürftige Menschen im Alltag zu unterstützen. Viele helfen bereits heute – bei Einkäufen, Freizeitaktivitäten oder bei Arztbesuchen. Solch Engagement stärkt die sozialen Strukturen und entlastet das professionelle Pflegesystem.
Das Konzept der Caring Communities stößt nicht nur auf Zuspruch unter möglichen Helfern. Auch aus Versorgungsperspektive findet es breite Akzeptanz: Ein bemerkenswerter Anteil der Befragten kann sich vorstellen, selbst im Alter von ehrenamtlicher Hilfe zu profitieren, um länger in der vertrauten Umgebung bleiben zu können.
Hannover setzt bereits konkrete Schritte um: Die Stadt errichtet Quartierszentren, die vielfältige Angebote zur gesellschaftlichen Teilhabe machen. Diese Zentren vereinen Beratung, Bildung, Kultur sowie medizinische und pflegerische Leistungen. So entstehen integrierte Strukturen, die über den reinen Pflegegedanken hinausgehen und ein soziales Miteinander fördern.
Die Veröffentlichung der Empfehlungen zu Modellvorhaben seitens des GKV-Spitzenverbands zeigt zwar den Willen zur Veränderung, jedoch sind diese Vorhaben zunächst bis 2028 begrenzt. Reimann fordert daher ein dauerhaftes Strukturentwicklungsbudget: „Damit können Schritte in die richtige Richtung unternommen werden,“ betont sie. (Zitat-Quelle: Pressemitteilung)
Insgesamt unterstreicht der Pflege-Report 2024 der AOK die Notwendigkeit lokaler Initiativen und gemeinschaftlicher Anstrengungen, um die Herausforderungen der alternden Gesellschaft anzugehen. Caring Communities könnten dabei der Schlüssel sein, um sowohl die Lebensqualität der Bedürftigen als auch das Wohlbefinden der Helfer langfristig zu sichern.
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Reimann zum Pflege-Report 2024: Caring Communities als Leitbild für die Pflege vor Ort
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Auf dem Weg zu zukunftsfähigen Pflegegemeinschaften: Herausforderungen und Chancen
Die im aktuellen Pflege-Report angesprochenen regionalen Unterschiede in der Pflegebedürftigkeit machen deutlich, dass ein rein zentralisierter Ansatz nicht mehr ausreicht, um den vielfältigen Anforderungen gerecht zu werden. Vor allem die demografische Entwicklung und das fortschreitende Auseinanderbrechen traditioneller Familienstrukturen stellen die Pflegebranche vor enorme Herausforderungen. Diese Veränderungen tragen auch dazu bei, dass innovative Ansätze, wie jene der Caring Communities, zunehmend an Bedeutung gewinnen.
In Deutschland sind einige Kommunen bereits Vorreiter in der Integration solcher Modelle. Doch die Umsetzung ist oft von strukturellen Hürden geprägt. Eine zentrale Herausforderung bleibt die langfristige Finanzierung über die beschränkte Laufzeit von Modellvorhaben hinaus. Hier könnten regelmäßige Förderungen und ein Strukturentwicklungsbudget den nötigen Anreiz bieten, um nachhaltige Gemeinschaftsnetzwerke zu etablieren, die integrativ und unterstützend wirken.
Internationale Betrachtungen, insbesondere aus den skandinavischen Ländern, zeigen, dass integrierte kommunale Pflegeansätze durchaus erfolgreich umgesetzt werden können. Dort liegt der Schwerpunkt schon länger auf der Förderung sozialräumlicher Strukturen und partizipativer Prozesse, mit dem Ziel, älteren Menschen ein selbstbestimmtes Leben in ihrer gewohnten Umgebung zu ermöglichen.
Auch die technologiegetriebene Innovation spielt eine zentrale Rolle bei der Transformation der Pflege. Digitale Plattformen könnten effektive Mittel zur Vernetzung von Freiwilligen und Pflegebedürftigen bieten und gleichzeitig Hilfeleistungen effizienter gestalten. Dies eröffnet nicht nur neue Perspektiven für das ehrenamtliche Engagement, sondern bietet auch Chancen, den Fachkräftemangel in der professionellen Pflege abzumildern.
Langfristige Prognosen deuten darauf hin, dass mit der steigenden Lebenserwartung der Bedarf an pflegerischer Unterstützung zunehmen wird. Damit rücken flexible, bedarfsorientierte Versorgungsmodelle, die eng mit den lokalen Ressourcen verknüpft sind, mehr denn je in den Fokus. Die Etablierung von Caring Communities könnte hierfür einen entscheidenden Beitrag leisten, indem sie die lokale Bevölkerung befähigt, aktiv an menschenwürdigen Pflegekonzepten mitzuwirken und so die Basis für eine sorgenden Gesellschaft schaffen. Der gesellschaftliche Wert dieser Gemeinden geht weit über die direkte Pflege hinaus: Sie sind ein Schritt Richtung sozialer Kohäsion und Rückbesinnung auf gemeinschaftliche Werte, die in Zeiten zunehmender Individualisierung besonders wichtig sind.
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