– Bundesverwaltungsgericht erklärt bayerische Düngeverordnungen für unwirksam
– Rote und gelbe Gebiete in Bayern haben keine Gültigkeit mehr
– Landwirte müssen sich weiterhin an allgemeine Düngeverordnung halten
Gericht kippt Bayerische Düngeverordnung – rote und gelbe Gebiete verlieren Gültigkeit
Am 24. Oktober 2025 in München hat das Bundesverwaltungsgericht ein wegweisendes Urteil gefällt: Die Bayerische Ausführungsverordnung zur Düngeverordnung (AVDüV) wurde für unwirksam erklärt. Dies hat unmittelbare Konsequenzen für die Ausweisung sogenannter roter und gelber Gebiete in Bayern und verändert die Rechtslage für tausende landwirtschaftliche Betriebe grundlegend.*
Der jahrelange Einsatz des Bayerischen Bauernverbandes und aller beteiligten Landwirte sowie Interessensgemeinschaften brachte einen entscheidenden Erfolg: Heute hat das Bundesverwaltungsgericht sein Urteil zu den bayerischen Revisionsverfahren veröffentlicht und die Bayerische Ausführungsverordnung zur Düngeverordnung (AVDüV) für unwirksam erklärt. Das Gericht stellte klar, dass die bisherige Rechtsgrundlage nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt und dass grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien im Umgang mit der Ausweisung sogenannter „roter“ und „gelber“ Gebiete eingehalten werden müssen.
Die rechtliche Tragweite dieser Entscheidung zeigt sich in drei konkreten Punkten:
- Die bestehenden roten und gelben Gebiete in Bayern haben keine Gültigkeit mehr.
- Die Neuausweisung der roten und gelben Gebiete in Bayern kann in der geplanten Form nicht stattfinden.
- Es gilt im Moment also das normale Düngerecht – und zwar ohne die zusätzlichen Vorgaben für rote und gelbe Gebiete. An die Vorgaben der Düngeverordnung haben sich landwirtschaftliche Betriebe bei der Düngung weiterhin zu halten.
Warum die AVDüV vor Gericht scheiterte
Das Bundesverwaltungsgerichtsurteil hebt auf ein fundamentales rechtsstaatliches Prinzip ab: Bestimmtheit von Rechtsnormen. Die Richter monierten, dass §13a DüV nicht präzise genug festlegt, welche Gebiete als belastet gelten und somit strengeren Düngebeschränkungen unterliegen. Diese Unschärfe berührt direkt zwei Grundrechte: die Berufsfreiheit der Landwirte und ihr Eigentumsrecht.
Warum die Regelungsdichte rechtlich entscheidend ist
Die sogenannte Regelungsdichte beschreibt, wie detailliert und vorhersehbar eine Rechtsvorschrift formuliert sein muss. Das Gericht urteilte, dass §13a Abs. 1 DüV hier versagt. Landwirte konnten nicht hinreichend erkennen, warum ihre Flächen in roten oder gelben Gebieten lagen und welche konkreten Kriterien zur Ausweisung führten. Diese Intransparenz machte eine langfristige Betriebsplanung unmöglich und griff damit unverhältnismäßig in grundrechtlich geschützte Positionen ein.
Die Problematik zeigt sich vor dem Hintergrund aktueller Messdaten: Im Zeitraum 2020 bis 2022 wurde an etwa 26 Prozent der Messstellen in landwirtschaftlich genutzten Gebieten der Nitratgrenzwert von 50 mg/l überschritten (Stand: Veröffentlichung 2025)*. Diese Belastungssituation rechtfertigt zwar regulatorisches Handeln, muss aber in rechtlich einwandfreier Form erfolgen.
Rolle der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (AVV GeA 2022)
Die AVV GeA 2022 sollte eigentlich Konkretisierung schaffen – doch sie besitzt eine entscheidende Schwäche: Als reine Verwaltungsvorschrift bindet sie ausschließlich Behörden intern und entfaltet keine Außenwirkung gegenüber Bürgern oder Landwirten. Damit kann sie die verfassungsrechtlich geforderte Bestimmtheit der zugrundeliegenden Verordnung nicht ersetzen.
Das Gericht stellte klar, dass eine interne Behördenanweisung keine ausreichende Grundlage für so weitreichende Einschnitte in Grundrechte darstellen darf. Die AVV GeA 2022 blieb damit als Steuerungsinstrument wirkungslos, solange die übergeordnete Verordnung nicht die nötige Präzision aufwies. Dieser systemische Fehler führte letztlich zur Unwirksamkeit der gesamten bayerischen Ausführungsverordnung.
Fakten, Zahlen und konkrete Folgen für Bayern
Die Diskussion um die roten und gelben Gebiete in Bayern basierte auf konkreten Messwerten und hatte praktische Auswirkungen für Tausende landwirtschaftliche Betriebe. Die Datenlage zeichnete ein klares Bild der Situation, die nun durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts neu bewertet wird.
Im Zeitraum 2020 bis 2022 wurde an etwa 26 Prozent der Messstellen in landwirtschaftlich genutzten Gebieten der Nitratgrenzwert von 50 mg/l überschritten*. Diese Messwerte bildeten die Grundlage für die Ausweisung der sogenannten roten und gelben Gebiete, die bis zum Urteil vom 24. Oktober gültig waren*.
Wie groß waren die betroffenen Flächen?
Die Flächenbilanz für Bayern aus dem Jahr 2022 zeigt das Ausmaß der betroffenen Gebiete: 650.000 Hektar wurden als rote Gebiete eingestuft, zusätzlich kamen 350.000 Hektar gelbe Gebiete hinzu*. Diese insgesamt eine Million Hektar standen unter besonderen Restriktionen – bei einer gesamten landwirtschaftlichen Fläche Bayerns von 3,2 Millionen Hektar*.
Praktische Beschränkungen und Kosten für Betriebe
Für Landwirte in den als rot ausgewiesenen Gebieten bedeutete dies konkrete Einschränkungen: Sie durften nur 80 Prozent der von den Pflanzen benötigten Düngermenge nutzen*. Diese pauschale Beschränkung galt unabhängig von der tatsächlichen betrieblichen Situation und führte zu erheblichen betriebswirtschaftlichen Belastungen.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Düngebeschränkungen in Bayern beliefen sich Schätzungen zufolge auf Mehrkosten von bis zu 10.000 Euro pro Betrieb und Jahr (Stand: 2022/2023)*. Der Bayerische Bauernverband wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass "zahlreiche Betriebsleiter in den vergangenen Jahren erhebliche Einschränkungen und wirtschaftliche Belastungen infolge der pauschalen und oft undurchsichtigen Gebietsausweisungen hinnehmen mussten."
| Kategorie | Wert | Einheit | Quelle/Stand |
|---|---|---|---|
| Rote Gebiete | 650.000 | ha | Antenne Bayern / 2022* |
| Gelbe Gebiete | 350.000 | ha | Antenne Bayern / 2022* |
| Düngebeschränkung | 80 | % | Antenne Bayern / bis 2025* |
| Jährliche Mehrkosten | 10.000 | Euro/Betrieb | Antenne Bayern / 2022/2023* |
Diese Zahlen verdeutlichen, warum das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts für die bayerische Landwirtschaft von so großer Bedeutung ist. Die Aufhebung der pauschalen Gebietsausweisungen bedeutet nicht nur rechtliche Klarheit, sondern auch konkrete wirtschaftliche Entlastung für die betroffenen Betriebe.
Auswirkungen, Reaktionen und Ausblick
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wirft grundsätzliche Fragen auf, die weit über den konkreten Einzelfall hinausreichen. Die Entscheidung markiert nicht nur das Ende der bisherigen Gebietsausweisungen, sondern zwingt zu einer grundlegenden Neuorientierung im Spannungsfeld zwischen Umweltschutz, Rechtssicherheit und landwirtschaftlicher Praxis.
Konfliktlinien: Rechtssicherheit vs. Schutzmaßnahmen
Im Kern des Urteils steht die Abwägung zwischen dem berechtigten Anliegen des Gewässerschutzes und den verfassungsrechtlich geschützten Positionen der Landwirtinnen und Landwirte. Das Gericht stellt klar: Pauschale Gebietsausweisungen, die ohne hinreichende Bestimmtheit erfolgen, verstoßen gegen das Grundrecht auf Eigentum und die Berufsfreiheit. Diese Rechtsprechung setzt einen klaren Maßstab für künftige Regelungen.
Die bisherige Praxis, die auf der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV GeA 2022) basierte, erweist sich als rechtlich unzureichend. Die Vorschrift bindet zwar Behörden, entfaltet jedoch keine Außenwirkung gegenüber den Betroffenen. Damit fehlt den landwirtschaftlichen Betrieben die notwendige Planungssicherheit, um langfristige Bewirtschaftungsentscheidungen zu treffen.
Was nun für Betriebe und Verwaltung wichtig ist
Für die unmittelbare Zukunft gilt: Die bisherigen roten und gelben Gebiete in Bayern haben ihre Gültigkeit verloren. Landwirtschaftliche Betriebe unterliegen damit wieder dem normalen Düngerecht ohne die zusätzlichen Beschränkungen für besonders belastete Regionen. Allerdings bleibt die grundsätzliche Pflicht zur Einhaltung der Düngeverordnung bestehen.
Die Neuausweisung wird Zeit benötigen und erfordert eine präzisere rechtliche Grundlage. Fachleute aus Verwaltungsrecht und Wasserwirtschaft weisen darauf hin, dass künftige Regelungen folgende Anforderungen erfüllen müssen:
- Transparente Methodik bei der Datenerhebung und Gebietsabgrenzung
- Nachvollziehbare Kriterien für die Einstufung als belastetes Gebiet
- Rechtssichere Verfahren mit angemessener Beteiligung der Betroffenen
Auf politischer Ebene entsteht Handlungsdruck sowohl in München als auch in Berlin. Das Urteil betrifft zwar konkret die bayerische Ausführungsverordnung, hat jedoch Signalwirkung für andere Bundesländer mit ähnlichen Regelungen. Die Diskussion um eine bundeseinheitliche Lösung gewinnt an Bedeutung, um Rechtszersplitterung zu vermeiden.
Für landwirtschaftliche Betriebe bedeutet diese Übergangsphase zwar kurzfristig mehr Planungssicherheit, doch die langfristigen Auswirkungen bleiben abzuwarten. Die betriebliche Planung für die kommenden Jahre muss die zu erwartenden Neuregelungen berücksichtigen, auch wenn deren konkrete Ausgestaltung noch nicht feststeht.
Die folgenden Informationen basieren auf einer Pressemitteilung des Bayerischen Bauernverbandes.
Weiterführende Quellen:
- „Im Zeitraum 2020 bis 2022 wurde an etwa 26 Prozent der Messstellen in landwirtschaftlich genutzten Gebieten der Nitratgrenzwert von 50 mg/l überschritten (Stand: Veröffentlichung 2025).“ – Quelle: https://www.zfk.de/wasser-abwasser/aktionsprogramm-nitrat-grundwasserschutz-wasserwirtschaft
- „Landwirte durften in als rote Gebiete ausgewiesenen Flächen in Bayern nur 80 Prozent der von den Pflanzen benötigten Düngermenge nutzen (Stand: Ausführung bis 2025; Regelfall nach alter Rechtslage).“ – Quelle: https://www.antenne.de/nachrichten/bayern/bundesgericht-nimmt-bayerns-duengeverordnung-unter-die-lupe
- „Flächenbilanz rote und gelbe Gebiete in Bayern (2022): 650.000 ha rote Gebiete, 350.000 ha gelbe Gebiete bei 3,2 Mio. ha landwirtschaftlicher Fläche insgesamt.“ – Quelle: https://www.antenne.de/nachrichten/bayern/bundesgericht-nimmt-bayerns-duengeverordnung-unter-die-lupe
- „Wirtschaftliche Auswirkungen der Düngebeschränkungen in Bayern führen zu Mehrkosten von bis zu 10.000 Euro pro Betrieb und Jahr (Schätzwert Stand 2022/2023).“ – Quelle: https://www.antenne.de/nachrichten/bayern/bundesgericht-nimmt-bayerns-duengeverordnung-unter-die-lupe
5 Antworten
Das Urteil scheint eine gute Nachricht für viele Bauern zu sein. Ich hoffe jedoch, dass in Zukunft die Umweltschutzmaßnahmen auch beachtet werden. Was denkt ihr über eine bundesweite Lösung zu diesem Thema?
Ich frage mich, ob die Neuregelung auch eine Verbesserung für die Gewässerqualität bringen wird? Es ist wichtig, einen Ausgleich zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz zu finden. Wie könnte das aussehen?
Es ist erfreulich, dass das Gericht die Rechte der Landwirte schützt. Die wirtschaftlichen Belastungen waren nicht tragbar. Welche Alternativen sehen andere für umweltfreundliche Düngemethoden in Zukunft?
Die Entscheidung des Gerichts zeigt, wie wichtig es ist, dass Gesetze klar und verständlich sind. Es wird spannend sein zu sehen, wie die Neuausweisung der Gebiete erfolgt. Wer hat Erfahrung mit den bisherigen Regelungen?
Ich finde das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sehr interessant. Die Aufhebung der AVDüV ist ein großer Schritt für die Landwirte in Bayern. Hat jemand Informationen, wie es jetzt weitergeht?