– IGeL-Monitor bewertet Ultraschall und MRT zur Brustkrebs-Früherkennung als „unklar“ mangels Studien.
– Ultraschall und MRT entdeckt mehr Tumore, Nutzen, Überdiagnosen, falsch-positive Befunde bleiben unklar.
– Beide Verfahren sind IGeL-Leistungen, kostenpflichtig, nicht Bestandteil der gesetzlichen Krankenversicherung.
Ultraschall und MRT zur Brustkrebs-Früherkennung: Nutzen weiterhin unklar
Das wissenschaftliche Team des IGeL-Monitors hat erneut untersucht, ob Ultraschall und Magnetresonanztomografie (MRT) bei der Früherkennung von Brustkrebs tatsächlich helfen, Symptome und Schmerzen zu verringern, die Lebensqualität zu verbessern oder die Zahl der Todesfälle zu senken. Dabei bekamen beide Untersuchungen die Bewertung „unklar“, da es keine aussagekräftigen Studien gibt, die Nutzen und Schaden dieser Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) belegen oder widerlegen können*.
Sowohl Ultraschall als auch MRT können zwar mehr Brustkrebserkrankungen entdecken. Doch es bleibt unklar, wie viele der zusätzlich entdeckten Tumore tatsächlich Beschwerden verursacht hätten – oder ob es sich um sogenannte Überdiagnosen handelt, also Fälle, in denen Tumore diagnostiziert werden, die keine gesundheitlichen Probleme verursachen würden*. Außerdem ist nicht bekannt, wie häufig diese Verfahren zu falsch-positiven Befunden führen, die unnötigen Alarm auslösen. Überdiagnosen und Fehlalarme können bei den Betroffenen Ängste hervorrufen und zu weiteren unnötigen Untersuchungen und Behandlungen führen, die mit Risiken wie Schmerzen und Komplikationen verbunden sind*.
Im Vergleich dazu gilt für das Mammografie-Screening ein anderer Stellenwert: Obwohl es ebenfalls Überdiagnosen und Fehlalarme geben kann, wird hier von einem Nutzen ausgegangen, der die möglichen Schäden überwiegt*. Anders als das Mammografie-Screening arbeiten Ultraschall und MRT ohne Röntgenstrahlung. Allerdings besteht bei der MRT ein zusätzliches Risiko durch die eingesetzten Kontrastmittel, deren Nebenwirkungen meist leicht bis mittelschwer und vorübergehend sind*.
Die Bewertung des IGeL-Monitors basiert auf systematischen Recherchen zu wissenschaftlichen Übersichtsarbeiten, die Ultraschall und MRT entweder zusätzlich zum Mammografie-Screening oder anstelle dessen untersucht haben. Für keine der beiden Methoden liegen aussagekräftige Studien zu Nutzen und Risiken vor*.
Da diese Untersuchungen keine Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind, müssen Frauen die Kosten selbst tragen. Typischerweise kostet eine Ultraschall-Untersuchung inklusive Beratung zwischen 26 und 60 Euro, eine MRT liegt meist zwischen 230 und 600 Euro, kann aber auch deutlich teurer sein*. Für Frauen, die eine Früherkennung selbst bezahlen, bleibt somit offen, ob diese Ausgaben sinnvoll sind und ob der gesundheitliche Nutzen tatsächlich überwiegt.
Früherkennung im Wandel: Herausforderungen durch unklare Bewertungen
Die unklare Bewertung von Ultraschall und MRT zur Brustkrebsfrüherkennung wirft grundsätzliche Fragen zur Früherkennung auf – jenseits medizinischer Bildgebung und Technikeinsatz. Fehlen aussagekräftige Studien zum Nutzen und Schaden, entsteht für Patientinnen eine schwierige Situation: Sie müssen Entscheidungen unter Unsicherheit treffen, während der Gesundheitsmarkt auf Innovationsdruck und wachsende Patientenansprüche reagiert.
Ein zentrales Problem ist die fehlende Evidenz, die klar vermittelt, wie oft eine Untersuchung tatsächlich Leben rettet oder Beschwerden mindert – und wie oft sie unnötige Ängste, Überdiagnosen oder Fehlalarme erzeugt. Überdiagnose bedeutet, dass Tumore entdeckt werden, die niemals Beschwerden verursachen würden. Betroffene erfahren dadurch eine Krebsdiagnose, die sie de facto nie krank gemacht hätte. Im Gegensatz dazu steht der Fehlalarm, also ein falsch-positiver Befund, der weitere Untersuchungen auslöst. Beide Phänomene können belastende psychische und körperliche Folgen haben.
Risiko- und Nutzenabwägung bei IGeL-Leistungen
Die fehlende Evidenz zu Ultraschall und MRT wirkt sich direkt auf die Risiko-Nutzen-Abwägung aus: Patientinnen erhalten keine verlässliche Grundlage, um die medizinisch sinnvollen von den möglicherweise schädlichen Angeboten zu unterscheiden. Gleichzeitig steigen die Selbstzahlerleistungen im Gesundheitsmarkt, wo Frauen oft aus eigenem Antrieb oder auf ärztliche Empfehlung hin weitere Früherkennungsuntersuchungen in Anspruch nehmen.
Einige Faktoren, die Patientinnen zur Selbstzahlung bewegen, lassen sich so zusammenfassen:
- Wunsch nach größtmöglicher Sicherheit gegenüber einer möglicherweise lebensbedrohlichen Erkrankung
- Angst vor einer späten Diagnose, insbesondere bei familiärem Risiko oder dichtem Brustdrüsengewebe
- Einfluss von Ärztinnen und Ärzten, die zusätzliche Untersuchungen anbieten oder empfehlen
- Verfügbarkeit der neuen Technologien ohne notwendige Kassenleistung, verbunden mit dem Gefühl, mehr Kontrolle zu erhalten
- Mangelnde Informationen zur möglichen Überdiagnose und zu den Folgen von falschen Befunden
Auf der anderen Seite stehen die Risiken durch unnötige medizinische Eingriffe, psychischen Stress und finanzielle Belastungen. Das Spannungsfeld bleibt daher bestehen.
Patientinnen zwischen Aufklärung und Entscheidungsdruck
Das deutsche Gesundheitssystem reagiert teilweise uneinheitlich auf Innovationsdruck und Patientenwünsche in der Krebsfrüherkennung. Während das Mammografie-Screening als zentrale Kassenleistung etabliert ist und dort ein sehr kleiner, aber als überwiegend vorteilhaft eingeschätzter Nutzen besteht, stehen Untersuchungen wie Ultraschall und MRT außerhalb des regulären Leistungskatalogs. Diese Situationen sorgen für einen Zielkonflikt zwischen evidenzbasierter Medizin und dem Wunsch nach umfassender Früherkennung.
Hinzu kommt, dass fehlende Evidenz die ärztliche Aufklärung erschwert: Ohne belastbare Daten bleibt es schwierig, Patientinnen klar vor Augen zu führen, welche Folgen eine Früherkennung haben kann – sowohl im positiven wie im negativen Sinne. Dies führt oft dazu, dass Frauen sich zwischen informierter Entscheidung und Entscheidungsdruck durch Medien, Ärztinnen, Bekannte oder eigene Ängste hin- und hergerissen fühlen.
Der Umgang mit Überdiagnose und Fehlalarm erfordert deshalb:
- Mehr Transparenz über die Unsicherheiten und Grenzen der Verfahren
- Verbesserte Kommunikation von Risiken und Chancen individueller Gesundheitsleistungen
- Stärkere Förderung von Forschung, die Nutzen und Schaden differenziert bewertet
- Ausbau evidenzbasierter Beratung in der ärztlichen Praxis sowie Angebotssteuerung im Gesundheitsmarkt
Die Zukunft der Brustkrebsfrüherkennung hängt entscheidend davon ab, wie gut diese Balance gelingt und wie Innovation mit dem Anspruch auf Patientenschutz zusammengeführt wird. Solange der Nutzen und Schaden bei Ultraschall und MRT nicht eindeutig geklärt sind, bleiben informierte Entscheidungen eine Herausforderung – sowohl für Betroffene als auch für das Gesundheitssystem.
Die ausführlichen Informationen und Zitate in diesem Beitrag stammen aus einer Pressemitteilung des Medizinischen Dienstes Bund.
7 Antworten
„Überdiagnosen“ klingt wirklich beunruhigend. Wie können wir als Gesellschaft sicherstellen, dass Frauen nicht unnötig unter Druck gesetzt werden? Welche Alternativen gäbe es zu diesen Verfahren?
„Falsch-positive Befunde“ sind ein ernsthaftes Problem. Ich hoffe wirklich auf mehr Forschung in diesem Bereich! Was denkt ihr über die Rolle der Medien dabei?
Die Kosten für diese Untersuchungen sind ja auch nicht ohne! Ich frage mich, ob es eine bessere Möglichkeit gibt, die Früherkennung zu gestalten? Vielleicht sollten wir mehr auf evidenzbasierte Medizin setzen?
Genau! Wenn wir mehr Transparenz schaffen würden, könnten Patientinnen fundierte Entscheidungen treffen. Glaubt ihr, dass Ärzte genug Informationen geben über die möglichen Risiken dieser Tests?
Ich denke auch, dass es an der Zeit ist, hier klarere Richtlinien zu entwickeln. Es sollte nicht nur um Innovation gehen, sondern auch um den Schutz der Patientinnen.
Ich finde es besorgniserregend, dass es so wenig Studien gibt, die den Nutzen von Ultraschall und MRT wirklich belegen. Was denkt ihr darüber? Sind diese Tests wirklich notwendig oder könnten sie mehr schaden als nutzen?
Das sehe ich genauso! Es ist wichtig, dass wir die Risiken der Überdiagnose und der Fehlalarme in Betracht ziehen. Wie können wir sicherstellen, dass Frauen gut informiert sind, bevor sie solche Entscheidungen treffen?