– Im Juni 2025 forderten zwei Drittel der Befragten harte EU-Maßnahmen gegen Big Tech.
– Rund die Hälfte der Befragten halten große Tech-Konzerne mächtiger als die EU.
– Doppelt so viele Europäer unterstützen Zerschlagung von Big-Tech-Unternehmen wie Gegner.
Mehrheit in Deutschland, Frankreich und Spanien fordert harte EU-Regulierung von Big Tech
Rund zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland, Frankreich und Spanien sprechen sich für ein konsequentes Vorgehen der Europäischen Union gegen große Tech-Konzerne aus, selbst wenn dies die Beziehungen zu den USA und Präsident Trump belastet. Nur knapp 13 bis 14 Prozent lehnen eine solche harte Linie ab. Diese zentrale Erkenntnis einer aktuellen YouGov-Umfrage unterstreicht die gesellschaftliche und politische Brisanz des Themas: Die digitalen Großunternehmen stehen im Fokus des öffentlichen Interesses und der politischen Debatte.
Etwa die Hälfte der Befragten hält die Tech-Riesen für mächtiger als die EU selbst. In Frankreich sagen das 50 Prozent, in Deutschland ähnlich viele, in Spanien 51 Prozent, während nur ein vergleichsweise kleiner Anteil – 9 Prozent in Frankreich, 12 Prozent in Deutschland und 15 Prozent in Spanien – davon ausgeht, dass die EU mehr Macht besitzt. Entsprechend setzt sich die Forderung nach einer Zerschlagung großer Konzerne, allen voran Google, immer stärker durch. Diese Meinung vertreten rund doppelt so viele wie diejenigen, die gegen eine solche Zerschlagung sind. Unterstützt wird dieser Kurs auch von prominenten Stimmen: 18 ehemalige europäische Staats- und Regierungschefs, der Wirtschaftsnobelpreisträger Daron Acemoglu sowie mehr als 115.000 Bürgerinnen und Bürger aus ganz Europa haben einen Appell an die EU-Kommission gerichtet, der eine klare Zerschlagung fordert.
Ein deutliches Signal kommt auch von der Bevölkerung in Bezug auf die Durchsetzung der EU-Gesetze: Zwischen 38 und 47 Prozent der Befragten in den drei Ländern bewerten die derzeitige Kontrollpraxis als zu locker. Eine zu strenge Regulierung dagegen sehen weniger als zehn Prozent als gegeben an. Gleichzeitig wächst die Kritik an der offensichtlichen Nähe vieler Tech-CEOs zu US-Präsident Trump. 57 Prozent der Deutschen, 56 Prozent der Franzosen und 60 Prozent der Spanier empfinden diese Verbindung als problematisch, während nur eine Minderheit daran keinen Anstoß findet.
Ebenso kritisch betrachten die Menschen den Einfluss von Big Tech auf die europäische Demokratie. In allen drei Ländern überwiegt die Meinung, dass dieser Einfluss negativ sei. In Frankreich sind fast dreimal so viele der Ansicht, Big Tech schade der Demokratie (39 Prozent) wie diejenigen, die einen positiven Einfluss sehen (15 Prozent). In Deutschland sind es sogar fast fünfmal so viele (42 Prozent vs. 9 Prozent) – und in Spanien mehr als doppelt so viele (41 Prozent gegenüber 18 Prozent).
Diese Zahlen spiegeln sich auch im Rückhalt wider, den EU-Spitzen bei der eigenen politischen Basis genießen, wenn es um Regelungen gegen Tech-Konzerne geht. So unterstützen etwa 74 Prozent der Anhänger der CDU/CSU in Deutschland sowie 79 Prozent der Anhänger der PSOE in Spanien die Position ihrer Parteien im Kampf gegen die Marktmacht von Big Tech.
Max Bank, Researcher und Campaigner bei LobbyControl, bringt es auf den Punkt:
„**Eine große Mehrheit will, dass die EU hart gegen Big Tech vorgeht. Auch Ursula von der Leyens eigene politische Basis, die Wähler der CDU/CSU, sagen ihr unmissverständlich, dass sie trotz Trumps Einschüchterungstaktik an den EU-Tech-Regeln festhalten soll. Es ist an der Zeit für die EU, Google zu zerschlagen, die Demokratie zu verteidigen und dem Druck aus den USA auf Europas Techregeln nicht nachzugeben.**“
Ähnlich bewertet Rasha Abdul Rahim, Interimsgeschäftsführerin von People Vs Big Tech, die Lage:
„**In ganz Europa sehen die Menschen Big Tech als das, was es ist: eine Bedrohung für Demokratie und Bürgerrechte. Diese Umfrage zeigt: Die Menschen in Frankreich, Deutschland und Spanien erwarten von der Kommission, dass sie eine harte Linie fährt. Diese Plattformen haben sich ein Imperium aufgebaut, indem sie die Debatte verzerrt, sich der Kontrolle entzogen und die öffentlichen Institutionen geschwächt haben. Wenn die EU bei der Durchsetzung ihrer digitalen Gesetze einknickt, sendet sie eine klare Botschaft: Nicht gewählte Tech-Oligarchen und Konzernlobbys sind wichtiger als der demokratische Wille der Bürger und Bürgerinnen.**“
Giulio Carini, Senior Campaigner bei WeMove Europe, fordert:
„**Die Menschen in ganz Europa fordern starke Maßnahmen, um Big Tech zur Rechenschaft zu ziehen. Unsere Umfrage zeigt, dass es in Deutschland, Frankreich und Spanien eine starke Unterstützung für die Zerschlagung des AdTech-Monopols von Google gibt. Es ist Zeit für die Kommission zu handeln. Eine strukturelle Zerschlagung würde beweisen, dass die EU-Gesetze greifen und dass kein Unternehmen, egal wie mächtig, über den Regeln steht. Die Instrumente sind vorhanden. Jetzt muss die Kommission auf die Europäer und Europäerinnen hören und vorangehen.**“
Europas Weg im Umgang mit Big Tech: Eine Entscheidung von globaler Tragweite
Europa verfolgt seit einigen Jahren einen eigenständigen und oft als strenger wahrgenommenen Kurs bei der Regulierung großer Technologieunternehmen. Dieses Vorgehen steht im deutlichen Kontrast zur eher marktliberal ausgerichteten Haltung der USA und bringt die Europäische Union in einen politischen und wirtschaftlichen Konflikt, der derzeit stärker sichtbar wird als je zuvor. Die jüngste YouGov-Umfrage zeigt, dass rund zwei Drittel der Menschen in Deutschland, Frankreich und Spanien ein hartes Vorgehen gegen Big Tech befürworten – selbst wenn dies die transatlantischen Beziehungen belastet.
Hinter dieser Haltung steht eine grundlegende Spannung: Die enorme Marktmacht und der Einfluss der Techkonzerne kollidieren mit demokratischen Grundprinzipien wie Transparenz, Wettbewerb und der Kontrolle durch gewählte Institutionen. Viele Europäerinnen und Europäer sehen die Konzerne sogar als mächtiger an als die EU selbst, was Ängste vor einer Aushöhlung demokratischer Verfahren verstärkt. Die Debatte um die künftige Digitalgesetzgebung fällt deshalb in eine politisch brisante Phase. Sowohl auf europäischer als auch globaler Ebene steht viel auf dem Spiel – nicht nur für die Wirtschaft, sondern für die gesamte Gesellschaft.
Gerade in Brüssel wird derzeit diskutiert, die Durchsetzung zentraler Digitalgesetze wie des Digital Markets Act (DMA) anzupassen. Ein Vorschlag aus Brüssel sieht vor, US-Techkonzerne beim Vollzug des DMA in einem speziellen Gremium einzubinden, was von Kritikern als potenzielle Schwächung der Verordnung bewertet wird. Eine solche Abschwächung könnte die Wirksamkeit des europäischen Sonderwegs gefährden und wäre ein Signal, dass wirtschaftlicher Großmacht geopolitische Rücksichtnahme vorgeht.
Chancen und Risiken des europäischen Sonderwegs
Der europäische Ansatz zur Digitalregulierung bietet verschiedene Chancen und Risiken, die sich direkt auf den Alltag der Menschen auswirken:
Chancen:
- Schutz demokratischer Werte durch stärkere Kontrolle und Transparenzpflichten gegenüber Techkonzernen
- Förderung eines fairen Wettbewerbs, der Innovationen von kleineren und mittleren Unternehmen begünstigt
- Stärkung der Verbraucherrechte im Umgang mit digitalen Plattformen und personenbezogenen Daten
Risiken:
- Mögliche Einschränkung des Marktzugangs und Innovationshemmnisse durch zu strenge Vorschriften
- Konflikte mit internationalen Partnern, insbesondere den USA, die als Heimat großer Techfirmen mit regulatorischem Druck reagieren könnten
- Gefahr, dass politische Zugeständnisse die Durchsetzung bestehender Regeln verwässern und die Macht der Konzerne zementieren
Internationale Beispiele zeigen, dass dieser Spagat schwierig ist. Während die USA und China großflächig auf Techförderung setzen, treten in Europa Regulierungen häufiger als Bremsklotz wahrgenommen. Doch ohne klare Regeln könnten demokratische Strukturen und individuelle Freiheiten untergraben werden.
Die kommenden Etappen der Digitalgesetzgebung in Europa
Im Sommer 2025 steht die EU-Kommission kurz vor der Veröffentlichung ihrer Untersuchung zum Werbemonopol von Google. Erste Forderungen nach einer Zerschlagung großer Unternehmen gewinnen an Unterstützung – etwa von 18 ehemaligen europäischen Staats- und Regierungschefs sowie Wirtschaftsnobelpreisträgern. Die Bürgerbefragung von YouGov zeigt, dass doppelt so viele Menschen eine Aufspaltung großer Tech-Konzerne begrüßen als das Gegenteil.
Gleichzeitig zeigt sich im politischen Raum ein Spannungsfeld zwischen dem Willen zu konsequenter Durchsetzung und dem Druck, Rücksicht auf internationale Beziehungen zu nehmen. Letzteres könnte etwa durch das geplante Gremium für US-Firmen bei der DMA-Ausführung manifest werden. Ein Nachgeben in Brüssel könnte das Vertrauen in die europäische Digitalpolitik erschüttern und langfristige Folgen für die Gesellschaft und die digitale Souveränität Europas haben.
Die Bandbreite der Konsequenzen reicht vom Schutz persönlicher Daten über die Sicherung fairer Wettbewerbsbedingungen bis hin zur Verteidigung der Meinungsvielfalt im digitalen Raum. Jeder Schritt und jede Entscheidung auf europäischer Ebene wird von Bürgerinnen und Bürgern aufmerksam verfolgt, wie die Umfrageergebnisse belegen.
Es bleibt abzuwarten, wie die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten den Spagat zwischen transatlantischem Druck und eigenständigem Regulierungskurs meistern. Schon jetzt steht fest: Europas Umgang mit den großen Techunternehmen wird über die nächsten Jahre hinweg maßgeblich den Charakter seiner digitalen Zukunft prägen – und damit auch die demokratische Ordnung, auf der diese Gesellschaft aufbaut.
Die Informationen und Zitate in diesem Beitrag basieren auf einer Pressemitteilung des gemeinnützigen Vereins LobbyControl.
10 Antworten
Die Diskussion über Big Tech sollte nicht nur in den Medien stattfinden! Wir müssen uns auch als Bürger aktiv einbringen und unsere Stimmen erheben! Welche Plattformen nutzt ihr dafür am liebsten?
Ich nutze soziale Medien oft um meine Meinung kundzutun! Es wäre toll zu sehen wie andere darüber denken!
Das stimmt! Vielleicht könnte man auch lokale Veranstaltungen organisieren, um das Thema präsenter zu machen.
Es ist ermutigend zu sehen, dass so viele Menschen in Deutschland und anderen Ländern für eine stärkere Regulierung eintreten. Welche konkreten Maßnahmen haltet ihr für notwendig? Würde das auch kleinere Unternehmen unterstützen?
Ich denke auch an den Wettbewerb! Wenn große Firmen weniger Macht hätten, könnten vielleicht auch neue Ideen entstehen und Innovationen gefördert werden.
Die Verbindung zwischen Big Tech und Politik ist ein heikles Thema. Ich frage mich, wie viel Einfluss haben diese Konzerne tatsächlich auf unsere Gesetze? Kann das wirklich zu einer Erosion der Demokratie führen?
Das ist ein interessanter Punkt! Vielleicht könnten wir einige Beispiele aus anderen Ländern anschauen, um zu sehen, wie dort mit ähnlichen Problemen umgegangen wird.
Die Umfrageergebnisse sind wirklich aufschlussreich. Es ist bedenklich, dass viele die Tech-Riesen mächtiger als die EU sehen. Wie können wir sicherstellen, dass unsere demokratischen Werte gewahrt bleiben?
Ich denke, es wäre hilfreich, wenn mehr Bürger informiert werden würden über diese Themen. Vielleicht sollten wir mehr Diskussionen darüber führen.
Ich finde es beeindruckend, wie viele Menschen in Europa sich für eine Zerschlagung von Big Tech aussprechen. Was denkt ihr über die Macht dieser Unternehmen? Glaubt ihr, dass eine EU-Regulierung wirklich helfen kann?