Bremen (VBR). Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und vier weitere Hilfsorganisationen schlagen Alarm: Der aktuelle Entwurf des Bundeshaushalts zeigt keine “Zeitenwende” im Bevölkerungsschutz. Trotz zunehmender Krisen, Extremwetterereignisse und neuer Herausforderungen in der zivilen Verteidigung bleibt das Budget auf einem kritischen Niveau wie im Vorjahr.
Angesichts dieser Belastungen sind zusätzliche Mittel dringend erforderlich. Die vorgesehenen Gelder für 2025 sind nicht ausreichend und setzen falsche Signale, kommentieren die Verbände. Um die Resilienz der Gesellschaft zu stärken und Katastrophenschutz effektiv weiter auszubauen, bedarf es größerer Investitionen.
Ein besonders wichtiger Punkt ist die Ausbildung der Bevölkerung in Erste Hilfe mit Selbstschutzinhalten. Diese Kurse sollen Menschen befähigen, sich und anderen in Notsituationen zu helfen. Geplant ist, dass bis 2029 kostenlose Kurse deutschlandweit angeboten werden. Dieses Signal allein genügt jedoch nicht. Um die notwendigen Fähigkeiten zur Selbsthilfe in der breiten Bevölkerung aufzubauen, müsste jeder zehnte Haushalt – also vier Millionen Menschen – geschult werden. Jährlich wären 800.000 Auszubildende notwendig, was bedeutet, dass die aktuellen finanziellen Mittel verzehnfacht werden müssten.
Auch die sogenannte „Mobile Betreuungsmodule 5.000“ bleiben weit hinter den Anforderungen zurück. Bis 2027 sollen zehn mobile Einheiten bereitgestellt werden, um bis zu 5.000 Menschen in Krisensituation unterbringen zu können. Bisher jedoch sind nur eineinhalb Module finanziert, und im Haushaltsentwurf für 2025 fehlen weitere Mittel komplett.
Ein weiteres Defizit betrifft die Pflegeunterstützungskräfte. Der Plan sieht vor, einen bundesweit einheitlich ausgebildeten Pool an Pflegekräften in der Größenordnung von einem Prozent der Bevölkerung zu schaffen, wofür 22 Millionen Euro benötigt würden. Diese Maßnahme bleibt derzeit im Haushaltsentwurf unberücksichtigt.
Ebenso kritisch ist die Lage für das Ehrenamt im Bevölkerungsschutz. Es gibt dringenden Bedarf an zusätzlicher Ausstattung und Ausbildung für ehrenamtliche Helfer sowie Mittel zur Gewinnung und Bindung dieser Kräfte.
Der geplante Rückgang um 40 Millionen Euro im Bereich des Bundesfreiwilligendienstes verschärft die Situation zusätzlich. Inflationsbedingte Kostensteigerungen bedeuten, dass weniger Plätze angeboten werden können, was auch Stellen im Bevölkerungsschutz betrifft. Ein Ausbau der Freiwilligendienste wäre hingegen essenziell, um Modelle zur Unterstützung des Bevölkerungsschutzes zu etablieren.
Angesichts dieser umfassenden Herausforderungen fordern die fünf anerkannten Hilfsorganisationen mehr Ressourcen. Sie unterstützen die Forderung der Innenministerinnen und Innenminister der Länder sowie des Bundesrates, in den nächsten zehn Jahren zehn Milliarden Euro aus Bundesmitteln für den Bevölkerungsschutz bereitzustellen. Nur so lassen sich der Schutz und die Sicherheit der Bevölkerung gewährleisten.
Die gegenwärtige Lage verdeutlicht: Ohne signifikante Investitionen bleibt die Gesellschaft unzureichend auf künftige Krisen vorbereitet. Es gilt jetzt, entschlossen zu handeln und die notwendigen Maßnahmen umzusetzen, um einen funktionierenden und nachhaltigen Bevölkerungsschutz sicherzustellen.
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Hilfsorganisationen zum Bundeshaushalt: Keine Zeitenwende im Bevölkerungsschutz erkennbar
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Analysen und Perspektiven: Herausforderungen im aktuellen Bevölkerungsschutz
Die gemeinsame Stellungnahme der fünf führenden Hilfsorganisationen wirft ein wichtiges Licht auf die anhaltende Unterfinanzierung des Bevölkerungsschutzes in Deutschland. Diese Problematik hat weitreichende Auswirkungen, die durch vergangene Ereignisse und zukünftige Trends verdeutlicht werden können.
Ein Rückblick auf die Flutkatastrophen, wie sie etwa 2021 das Ahrtal heimsuchten, zeigt überdeutlich die kritischen Lücken in der Infrastruktur und Unterstützungskapazität. Tausende Menschen verloren ihre Häuser, und die schnellen Mobilisierungsmöglichkeiten von Helfern und Material waren nicht ausreichend. Die Folgen solcher Ereignisse demonstrieren, wie lebenswichtig eine robuste, gut ausgestattete und schnelle Reaktion ist.
Zudem haben sich Extremwetterereignisse als plakative Beispiele für die Bedeutung eines effektiven Katastrophenmanagements herausgestellt. Dabei ist zu beobachten, dass die Häufigkeit und Intensität solcher Ereignisse zunimmt – eine Entwicklung, die stark mit dem Klimawandel korreliert. Prognosen zufolge wird Europa bis 2050 vermehrt mit Hitzeperioden, Starkregen und Sturmfluten konfrontiert sein. Solche Szenarien verlangen nach verstärkten Anstrengungen, um die Resilienz der Gemeinschaften zu stärken.
Ein weiteres relevantes Thema ist die zivile Verteidigung, welche nicht nur in Krisenzeiten, sondern auch bei sicherheitspolitischen Spannungen eine zentrale Rolle spielt. Die geopolitischen Entwicklungen der letzten Jahre, insbesondere die Krise in der Ukraine, unterstreichen die Notwendigkeit einer gestärkten zivilen Infrastruktur zur Versorgung und Unterstützung der Bevölkerung in Ausnahmesituationen.
Die beschriebenen Precaritäten zeigen sich auch in den Bereichen Personal und Ehrenamt. Die Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren, ist nach wie vor hoch; jedoch stehen den Freiwilligen oft nicht genügend Ressourcen zur Verfügung. Eine bessere Ausstattung und gezielte Förderung könnten das Ehrenamt weiter stärken und nachhaltig sichern. Hierbei sind nicht nur monetäre Anreize entscheidend, sondern auch umfassende Maßnahmen zur Anerkennung und Bindung der Ehrenamtlichen.
Unterstützend könnte ein erweiterter Bundesfreiwilligendienst wirken, der gezielt Platzangebote im Bevölkerungsschutz schafft. Dieser Dienst kann junge Erwachsene motivieren und gleichzeitig dringende Aufgaben im Katastrophenschutz unterstützen, ohne die finanziellen Belastungen auf wenige Schultern zu verteilen.
Die Forderung nach einem umfassenden Zehn-Milliarden-Euro-Paket erscheint angesichts dieser vielschichtigen Herausforderungen gerechtfertigt. Dieses Geld soll nicht nur akute Defizite ausgleichen, sondern auch langfristige Strukturen schaffen, die für kommende Generationen Bestand haben. Eine solche Investition könnte das Bevölkerungsschutzsystem grundlegend reformieren und auf die kommenden Jahrzehnte vorbereiten.
Letztendlich liegt es nun am Gesetzgeber, diese wichtigen Signale aus der Praxis aufzunehmen und in politische Handlungen umzusetzen. Nur so kann der Bevölkerungsschutz in Deutschland nachhaltig gestärkt werden, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden.
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6 Antworten
“Mobile Betreuungsmodule 5.000” klingt gut, aber eineinhalb module?? Das reicht niemals für Krise!
(Ahrtal 2021) zeigt wie schlimm die situation ist und was passiert wenn nicht genug investiert wird. Warum lernen wir nicht aus Fehlern?
@Ulrich Hilmar weil politik immer nur kurzfristig denkt und keine langfristige Lösungen hat.
Das is doch nicht zu fassen, wir brauchen mehr hilfe für die ehrenamtliche. Wer soll das alles machen wenn niemand unterstützt?
Warum macht die Regierung immer so wenig für uns Bürger, brauchen doch sicherheit? Und immer diese Sparerei. Geld muss da sein!
Ja, sehe ich auch so! 2029 ist viel zu spät für Erste hilfe kurse! Was wenn etwas vorher passiert?