– Der Bund der Steuerzahler Hamburg kritisiert fehlende Kontrolle bei städtischen Beteiligungen trotz Transparenz.
– Beispiele zeigen Mehrkosten in Millionenhöhe durch Missmanagement bei städtischen Projekten.
– Es werden klare Kontrollmechanismen und Konsequenzen bei Fehlsteuerungen gefordert.
Transparenz ersetzt keine Kontrolle: Hamburgs Beteiligungsbericht unter Kritik
Der heute vorgestellte Beteiligungsbericht 2024 des Hamburger Senats stößt beim Bund der Steuerzahler Hamburg auf deutliche Kritik. Während der Senat Rekordinvestitionen, gesellschaftliche Verantwortung und umfassende Transparenz betont, sieht der BdSt vor allem fehlende Kontrolle und mangelnde Konsequenzen bei Fehlentwicklungen in städtischen Unternehmen.
Sascha Mummenhoff, Vorsitzender des Bund der Steuerzahler Hamburg, bringt es auf den Punkt: "Transparenz ist gut, aber sie ersetzt keine Kontrolle. Der Senat lobt sich dafür, seine Beteiligungen offenzulegen. Doch was hilft das, wenn Missmanagement und Fehlentscheidungen folgenlos bleiben? Hamburg dokumentiert jedes Jahr akribisch Risiken, aber zieht selten Konsequenzen. Das Ergebnis: Kostenexplosionen, Fehlsteuerungen und fehlende Verantwortung in städtischen Unternehmen."
Aktuelle Beispiele untermauern diese Kritik: Bei Hamburg Wasser verursachte Missmanagement mindestens 130 Millionen Euro Mehrkosten (Stand: 2024), während gleichzeitig die Wasserpreise steigen. Die Hamburger Energienetze investierten 4,3 Millionen Euro (Stand: 2024) in einen repräsentativen Eingangsbereich. Die Jugendhaftanstalt Billwerder überschreitet ihren garantierten Maximalpreis von 164 Millionen Euro längst und kostet inzwischen mindestens 192 Millionen Euro (Stand: 2024). Die Stadtreinigung Hamburg versenkte mehr als 2 Millionen Euro (Stand: 2024) in eine unterirdische WC-Anlage, die nun verfüllt wird.
Mit der Übersicht über die Beteiligungen stößt der BdSt an Grenzen. Mummenhoff fordert Konsequenzen: "Diese Beispiele zeigen: Das Beteiligungsmanagement der Stadt funktioniert als Berichtswesen, nicht als Führungsinstrument" und "Wer jedes Jahr Risiken zur Kenntnis nimmt, sie aber nicht beseitigt, betreibt keine gute Verwaltung, sondern nur gute PR."
Der BdSt verlangt klare Zuständigkeiten, echtes Beteiligungscontrolling und harte Konsequenzen bei Fehlsteuerungen. Unternehmen ohne strategische Bedeutung sollen privatisiert werden, wo dies nicht sinnvoll ist, müssen wirksame Kontrollmechanismen etabliert werden.
Transparenz und Kontrolle: Hamburgs rechtliche Grundlagen
Hamburg verfügt über mehrere rechtliche Instrumente, die Transparenz und verantwortungsvolle Führung in der öffentlichen Verwaltung sicherstellen sollen. Das Hamburgische Transparenzgesetz bildet die Basis für diesen Ansatz und verfolgt das Ziel, demokratische Meinungsbildung zu fördern sowie öffentliche Stellen zur Herausgabe oder Veröffentlichung von Informationen zu verpflichten*.
Hamburgisches Transparenzgesetz
Das Transparenzportal Hamburg bietet Bürgern einen zentralen Zugang zu Verwaltungsdaten und unterstützt bei der Stellung von Informationsanträgen*. Diese digitale Plattform ermöglicht es, behördliche Informationen direkt einzusehen und stärkt damit das Prinzip der offenen Verwaltung.
Hinweisgebersystem & Corporate Governance
Für öffentlich-hamburgische Unternehmen gilt der Hamburger Corporate Governance Kodex, der verantwortungsvolle Unternehmensführung fördert*. Ergänzend dazu steht seit Mai 2021 ein Hinweisgebersystem zur Verfügung, das sichere Meldungen ermöglicht (Stand: Mai 2021)*. Diese Instrumente sollen Missstände aufdecken und frühzeitig korrigieren helfen, bevor größere Schäden entstehen.
Transparenz allein schafft noch keine Kontrolle
Offenlegung und tatsächliche Steuerung sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Selbst bei umfassender Transparenz können strukturelle Defizite verhindern, dass Missstände rechtzeitig erkannt oder Konsequenzen gezogen werden. Ein Blick auf Hamburgs öffentliche Beteiligungen zeigt: Transparenz allein garantiert noch keine wirksame Aufsicht.
Transparenz vs. Steuerung
Das Problem beginnt oft bei unklaren Verantwortlichkeiten. Wenn niemand konkret zuständig ist, bleiben selbst offengelegte Informationen folgenlos. Ein schwaches Beteiligungscontrolling kann dazu führen, dass Berichte Risiken dokumentieren, aber keine Maßnahmen zur Problemlösung einleiten. Fehlende Durchgriffsrechte entkoppeln Entscheidungswege – Informationen zirkulieren, ohne dass jemand eingreifen kann.
Hamburg verfügt über Instrumente, die Transparenz fördern: Das Transparenzportal macht Dokumente öffentlich zugänglich, der Corporate Governance Kodex setzt Standards für verantwortungsvolles Handeln, und Hinweisgebersysteme ermöglichen das Melden von Missständen. Diese Werkzeuge stärken primär die Offenlegung, nicht automatisch die operative Steuerung.*
Bekannte Verstöße
Dass Transparenzregeln nicht immer eingehalten werden, zeigt der Tätigkeitsbericht Informationsfreiheit. Er bestätigt eine positive Entwicklung, weist aber weiterhin Verstöße gegen das Transparenzgesetz nach.*
Diese dokumentierten Verstöße machen deutlich: Selbst rechtlich verankerte Transparenzpflichten bieten keine Garantie für lückenlose Offenlegung. Wo grundlegende Informationspflichten ignoriert werden, ist wirksame Kontrolle kaum möglich. Die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit wird besonders dort sichtbar, wo Transparenzmechanismen vorhanden sind, aber die Durchsetzung von Regelungen scheitert.
Transparenz versus Kontrolle: Ein grundsätzlicher Konflikt
Hamburgs Senat verweist auf Instrumente, um Steuerung und Offenlegung bei den rund 370 städtischen Beteiligungen zu gewährleisten.* Drei zentrale Mechanismen bilden dabei das Rückgrat des offiziellen Beteiligungsmanagements: Ein Hinweisgebersystem, über das Mitarbeiter interne Missstände melden können, besteht seit Mai 2021.*
Vorhandene Mechanismen
Diese Instrumente setzen auf Regulierung, Dokumentation und interne Meldemechanismen.* Der Senat verfolgt das Ziel, durch Berichterstattung und festgelegte Verfahren Verantwortung sicherzustellen.
Kritische Perspektive
Dem gegenüber steht die fundamentale Kritik des Bundes der Steuerzahler Hamburg. Der Verein hält die vorhandenen Instrumente für unzureichend und moniert eine systematische Lücke zwischen Transparenz und tatsächlicher Kontrolle. "Transparenz ist gut, aber sie ersetzt keine Kontrolle", bringt Sascha Mummenhoff, Landesvorsitzender des BdSt, den Kern der Kritik auf den Punkt. Aus Sicht des Steuerzahlerbundes dokumentiert der Senat zwar jährlich Risiken, zieht aber selten Konsequenzen.
Der BdSt fordert daher systemische Veränderungen: Nicht-strategische Unternehmen sollten privatisiert werden, um den Beteiligungsbestand zu reduzieren. Wo ein Verbleib im Landesbesitz notwendig ist, verlangt der Verband schärfere Kontrollmechanismen mit klaren Zuständigkeiten, einem echten Beteiligungscontrolling und verbindlichen Konsequenzen bei Fehlsteuerungen.
Der Konflikt zeigt zwei unterschiedliche Governance-Philosophien: Während die Verwaltung auf Berichtsinstrumente und Regulierung setzt, fordert die Kritikerseite klare Verantwortlichkeiten und wirksame Eingriffsrechte. Die eine Seite vertraut auf dokumentierte Transparenz, die andere auf direkte Kontrollbefugnisse mit spürbaren Folgen bei Fehlentwicklungen.
Ausblick: Was jetzt passieren müsste
Der aktuelle Beteiligungsbericht 2024 bietet Anlass für eine grundlegende Debatte über die Steuerung städtischer Unternehmen. Die vom Bund der Steuerzahler Hamburg formulierten Forderungen zeigen konkrete Wege auf, wie aus Transparenz tatsächlich wirksame Kontrolle werden könnte. Kernpunkte sind klare Zuständigkeiten, ein echtes Beteiligungscontrolling mit Konsequenzen bei Fehlentwicklungen sowie die Prüfung von Privatisierungen nicht-strategischer Unternehmen.
Hamburg verfügt bereits über Instrumente, die bei konsequenter Nutzung als Hebel für mehr Kontrolle wirken könnten. Das Transparenzportal der Stadt bietet Bürgern Einblick in Entscheidungsprozesse*, während das Hamburger Hinweisgebersystem seit Mai 2021 Möglichkeiten zur Meldung von Missständen bereitstellt*. Diese Werkzeuge könnten in ein umfassendes Kontrollsystem integriert werden.
Konkrete Maßnahmen für ein wirksames Beteiligungsmanagement:
- Etablierung verbindlicher Eskalationsstufen bei Budgetüberschreitungen
- Regelmäßige unabhängige Wirtschaftlichkeitsprüfungen aller Beteiligungen
- Persönliche Haftung der Geschäftsführer für grobe Fehlentscheidungen
- Transparente Darstellung von Sanierungsfahrplänen bei defizitären Unternehmen
- Klare Kriterien für die strategische Bedeutung von Beteiligungen
- Verpflichtende Folgenabschätzungen vor Neuinvestitionen
- Öffentliche Rechenschaftsberichte zu eingeleiteten Konsequenzen
Ohne wirksame Kontrollmechanismen bleibt Transparenz eine leere Hülse – und Vertrauen in den Umgang mit öffentlichen Mitteln wird dauerhaft beschädigt.
Die vorliegenden Informationen und Zitate stammen aus einer Pressemitteilung des Bund der Steuerzahler Hamburg e.V.
Weiterführende Quellen:
- „Das Hamburgische Transparenzgesetz (HmbTG) fördert demokratische Meinungsbildung und ermöglicht die Kontrolle staatlichen Handelns durch weitgehende Informationspflichten. Öffentliche Stellen müssen Informationen auf Antrag herausgeben oder online veröffentlichen.“ – Quelle: https://www.hamburg.de/transparenzgesetz
- „Das Transparenzportal Hamburg bietet den zentralen Zugang zu Daten und Informationen der Hamburger Verwaltung und unterstützt Bürger bei Informationsanträgen, um Verwaltungshandeln nachvollziehbar zu machen.“ – Quelle: https://transparenz.hamburg.de
- „Der Hamburger Corporate Governance Kodex orientiert sich am Deutschen Kodex und fördert Transparenz sowie verantwortungsvolle Unternehmensführung in öffentlichen hamburgischen Unternehmen.“ – Quelle: https://www.hamburg.de/corporate-governance
- „Seit Mai 2021 gibt es in Hamburg ein anonymes Hinweisgebersystem, das sichere Meldungen von Korruptionsverdacht ermöglicht und so Transparenz und Kontrolle in öffentlichen Unternehmen stärkt.“ – Quelle: https://www.hamburg.de/hinweisgebersystem
- „Der Tätigkeitsbericht Informationsfreiheit 2020/2021 des Hamburger Datenschutzbeauftragten bestätigt eine positive Entwicklung der Informationsfreiheit, obwohl weiterhin Verstöße gegen das Transparenzgesetz festgestellt wurden.“ – Quelle: https://www.hamburg.de/datenschutz/informationsfreiheit
6 Antworten
Es ist erschreckend zu sehen, wie viel Geld durch schlechte Entscheidungen verloren geht. Wo bleibt da die Verantwortung? Ich hoffe wirklich auf Veränderungen in der Kontrolle der städtischen Beteiligungen.
Ja genau, ich denke auch, dass mehr Verantwortung gefordert werden sollte! Vielleicht könnten wir Bürger auch mehr Einfluss nehmen und unsere Meinung äußern!
Ich frage mich, ob es wirklich so schwer ist, klare Verantwortlichkeiten festzulegen? Das würde doch vieles einfacher machen und die Kontrolle verbessern. Wie seht ihr das?
Interessante Sichtweise! Ich stimme zu, dass Transparenz allein nicht ausreicht. Aber was könnten effektive Kontrollmechanismen sein? Vielleicht könnte ein regelmäßiger Bericht über die Fortschritte helfen?
Das klingt ja alles sehr besorgniserregend. Die Millionenverluste sind ja kaum zu fassen! Wie können wir als Bürger sicherstellen, dass solche Fehlentscheidungen in Zukunft verhindert werden? Gibt es da Vorschläge?
Ich finde es echt traurig, dass trotz der ganzen Transparenz immer noch Missmanagement passiert. Warum wird da nicht einfach mal besser kontrolliert? Ich denke, wir sollten mehr darüber reden, wie das verbessert werden kann!