– Beschäftigte und Gewerkschaften protestieren in Saarbrücken gegen unzureichende Tarifangebote bei ARD.
– Forderung: pauschaler Festbetrag für niedrige Tarifgruppen, Auszubildende, Volontär*innen gegen hohe Inflation.
– Aktuelles Angebot: 2,25 % Erhöhung in 15 Monaten, 2,46 % ab April 2025 – abgelehnt.
Protestaktion „Bewegt euch!“ am 18. Juni 2024 vor dem Saarländischen Rundfunk
Am 18. Juni 2024 versammelten sich Beschäftigte und Streikende des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vor dem Saarländischen Rundfunk in Saarbrücken, unmittelbar während der Sitzung der Intendant*innen der ARD-Sender. Unter dem gemeinsamen Aufruf von ver.di, dem Deutschen Journalisten-Verband (DJV) und der Initiative fand die Protestaktion „Bewegt euch!“ statt, bei der die Teilnehmenden ihren Unmut über die bislang schleppenden Tarifverhandlungen äußerten und deutlich auf bessere Konditionen pochten. Neben Mitarbeitenden des Saarländischen Rundfunks waren auch Beschäftigte weiterer ARD-Sender sowie des ZDF anwesend. Sie forderten insbesondere eine erhöhte Diskussionsbereitschaft der Sender, um die festgefahrene Situation zu durchbrechen.
Ein zentrales Anliegen ist die Forderung nach notwendigen Tariferhöhungen, die vor allem für die unteren Tarifgruppen, Auszubildende, Volontärinnen und Volontäre sowie Berufseinsteigerinnen und -einsteiger entscheidend sind. Christoph Schmitz-Dethlefsen, Mitglied des ver.di-Bundesvorstands, betonte: „Die festen und freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Rundfunkanstalten brauchen jetzt die notwendigen Tariferhöhungen. Insbesondere die niedrigen Tarifgruppen, Auszubildende, Volontärinnen und Volontäre sowie Berufseinsteigerinnen und -einsteiger sind besonders hart von starker Inflation und Belastungen gestiegener Lebenshaltungskosten betroffen.“ Die bisherigen Angebote der Rundfunkanstalten werden als unzureichend bewertet und tragen zur Eskalation des Konflikts bei. Seit Beginn der Verhandlungen wird ein Festbetrag zur Erhöhung gefordert, insbesondere zum Schutz des Berufsnachwuchses, was jedoch von den Sendern abgelehnt wird. Schmitz-Dethlefsen machte deutlich: „So kann es keine Verhandlungsergebnisse geben, die Intendantinnen und Intendanten müssen sich bewegen.“
Die Tarifrunde steht zudem unter erheblichem politischem Druck, denn es geht um die Stärkung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und den Ausbau digitaler Angebote. Dies erfordere eine angemessene Finanzierung, bei der auch eine mögliche Erhöhung der Rundfunkabgabe nicht ausgeschlossen sei. „Eine solche Durchsetzung liege nun in der Verantwortung der Intendantinnen, wobei jede Unterstützung seitens der Gewerkschaften garantiert werde,“* sagte Schmitz-Dethlefsen. Aktuell sehen die Tarifangebote der Sender lediglich eine lineare Erhöhung von 2,25 Prozent für 15 Monate sowie unter Vorbehalt frühestens ab April 2025 weitere 2,46 Prozent vor, was viele Beschäftigte als zu gering empfinden. Prof. Dr. Martin Detzel, Vorsitzender der KEF, verwies darauf, dass die Tarifautonomie auch für die Festsetzung der Rundfunkabgabe gelte. Die vorgelegten Angebote liegen deutlich unter den Steigerungen im öffentlichen Dienst der Länder.
Vor diesem Hintergrund steht die Branche vor der Herausforderung, eine ehrliche Perspektive für die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu entwickeln. Christoph Schmitz-Dethlefsen warnte eindringlich: „Beschäftigte, Politik und Publikum brauchen eine ehrliche Perspektive für die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – und die Zeit drängt.“ Andernfalls drohen weitere Warnstreiks und Programmausfälle.
Ringen um Zukunft und faire Bezahlung: Warum der Tarifstreit den öffentlich-rechtlichen Rundfunk betrifft
Der aktuelle Tarifstreit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk geht weit über eine betriebsinterne Auseinandersetzung hinaus. Er stellt eine Gesellschaftsdebatte über die Rolle öffentlicher Medien dar und wirft zentrale Fragen auf: Wie wird Journalismus finanziert, welche Verantwortung tragen die Rundfunkanstalten gegenüber der Öffentlichkeit und wie gestaltet sich die politische Kontrolle? In diesem Spannungsfeld spiegeln sich grundsätzliche Herausforderungen wider, von denen Medienvielfalt, Meinungsfreiheit und demokratische Teilhabe abhängen.
Ein fairer Lohn für die Beschäftigten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist dabei kein bloßes Tarifthema. Er steht für die Wertschätzung von journalistischer Qualität und Unabhängigkeit. Nur angemessene Arbeitsbedingungen und Bezahlung können die dringend benötigte Stabilität und Attraktivität dieses besonderen Sektors sichern. Die Auswirkungen dieses Tarifkonflikts betreffen nicht nur die Beschäftigten selbst, sondern auch das Angebot an unabhängigen Informationsangeboten und somit die Grundlagen unserer Demokratie.
Wie beeinflusst der Konflikt die Medienlandschaft?
Der Streit lenkt den Blick auf die Bedeutung eines starken öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die Medienvielfalt. In einer Zeit, in der mediale Konzentration und ökonomische Zwänge in vielen Bereichen voranschreiten, zeigt der Tarifstreit, wie fragil eine vielfältige, unabhängige Berichterstattung sein kann. Neben ökonomischen Fragen droht ein Verlust an journalistischer Unabhängigkeit und demokratischer Kontrolle, wenn finanzielle Rahmenbedingungen nicht nachhaltig gesichert werden. Zudem wirkt der Konflikt als Warnsignal an andere Medienbereiche, in denen ebenfalls faire Arbeitsbedingungen und ausreichende Finanzierung wichtige Herausforderungen darstellen.
Wem nützt ein starker öffentlich-rechtlicher Rundfunk?
Ein leistungsfähiger und gut finanzierter öffentlich-rechtlicher Rundfunk nützt der gesamten Gesellschaft. Er ist Garant für eine verlässliche, politisch neutrale und umfassende Information, die gerade in polarisierten Zeiten unverzichtbar ist. Zudem trägt er zur kulturellen Vielfalt und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei. Gerade in Zeiten digitaler Transformation wird die Fähigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien, neue Formate und Zielgruppen zu erschließen, bedeutender. Durch faire Bezahlung der Beschäftigten werden diese Prozesse erst ermöglicht und qualitative Standards aufrechterhalten.
Zentrale Folgen und Chancen des Tarifstreits:
- Sicherung der journalistischen Unabhängigkeit und der öffentlichen Teilhabe
- Stärkung der Medienvielfalt gegenüber kommerziellen Interessen
- Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Beschäftigte im Medienbereich
- Signalwirkung für faire Löhne und soziale Nachhaltigkeit in angrenzenden Branchen
- Möglichkeit, die gesellschaftliche Relevanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks neu zu definieren
Der Tarifkonflikt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist damit ein wichtiger Prüfstein für die Zukunftsfähigkeit eines unverzichtbaren Teils unserer demokratischen Infrastruktur. Er zeigt deutlich: Faire Bezahlung ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch der gesellschaftlichen Verantwortung.
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Medien-Info: Protestaktion beim Treffen der ARD-Intendant*innen in Saarbrücken: …
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