Bauwirtschaft: Warum Bauunternehmen trotz Fachkräftemangel bei Neueinstellungen zögern – Aktuelle Zahlen und Hintergründe zum Arbeitsmarkt

Die Bauunternehmen stellen weiterhin nur verhalten neue Mitarbeiter ein: Im Juni meldete die Bundesagentur für Arbeit 15 100 offene Stellen für Baufacharbeiter (–1,3 % gegenüber Vorjahr) und 3 413 für Bauingenieure (–23,3 %). 38 % der Betriebe bewerten ihren Auftragsbestand als zu gering, im Wohnungsbau sogar jeder zweite, und verschieben größere Personalaufstockungen, bis die zugesagten Bundesmittel fließen. Während im Hochbau die offenen Stellen um 3,2 % sanken, profitiert der Tiefbau dank Großprojekten im Bahn- und Kabelleitungsbau von einem Anstieg von 4,1 %, insgesamt halten 70 % der Firmen aber am aktuellen Personalbestand fest.
VerbandsMonitor – Themen, Trends und Ticker vom 13.04.2025

– Offene Stellen im Bauhauptgewerbe um 1,3 % gesunken, Bauingenieur-Stellen sogar -23,3 %.
– Hochbau-Stellen rückläufig (-3,2 %), Tiefbau-Stellen dank Großprojekten um 4,1 % gestiegen.
– Unternehmen warten auf Bundesregierungsmittel, bevor sie personell signifikant aufstocken.

Bauunternehmen zögern bei Neueinstellungen trotz leichter Entspannung

Die Bauunternehmen in Deutschland stellen aktuell nur sehr zurückhaltend neues Personal ein. Im Juni 2023 lag die Zahl der bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten offenen Stellen für Baufacharbeiter bei 15.100 – das entspricht einem Rückgang von 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Noch deutlicher fiel der Rückgang bei den offenen Stellen für Bauingenieure aus, diese sanken um 23,3 Prozent auf 3.413.

„Die aktuellen Aufträge am Markt scheinen noch nicht ausreichend zu sein, um über ein deutliches Aufstocken des Personals nachzudenken. Schließlich beurteilen immer noch 38 Prozent der von ifo befragten Bauunternehmen ihren Auftragsbestand als zu klein, im Wohnungsbau ist es sogar jeder zweite“, erklärt Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer der BAUINDUSTRIE. Diese Zurückhaltung spiegelt die Unsicherheit wider, die trotz einer leichten Entspannung am Markt besteht.

Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Erwartung, dass die von der Bundesregierung beschlossenen Investitionsmittel erst umgesetzt werden müssen, bevor wieder vermehrt Personal eingestellt wird. „Die Unternehmen werden erst wieder im größeren Umfang Personal suchen und einstellen, wenn die von der Bundesregierung beschlossenen Mittel in die Umsetzung kommen. Da reicht die leichte Entspannung bei den Auftragseingängen im ersten Quartal nicht aus.“

Die Entwicklung unterscheidet sich deutlich zwischen den einzelnen Bausparten. Im Hochbau, der stark vom Wohnungsbau abhängt, sank die Zahl der offenen Stellen um 3,2 Prozent. Hier wirkt sich der starke Rückgang bei den Wohnungsbaugenehmigungen aus: In den ersten vier Monaten dieses Jahres lagen sie um 41 Prozent unter dem Niveau von 2021. Der leichte Anstieg bei den Genehmigungen von 3,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ist kaum spürbar.

Im Gegensatz dazu zeigt der Tiefbau aktuell eine andere Entwicklung: Die offenen Stellen legten hier um 4,1 Prozent zu. Der Tiefbau profitiert wesentlich von Großprojekten im Bahn- und Kabelleitungsbau, die seit dem vergangenen Jahr präsent sind. Dies sorgt für eine stabilere Auftragslage und erleichtert dort eher Neueinstellungen als im Hochbau.

Beim Erhalt der bestehenden Belegschaften setzen die Bauunternehmen auf Stabilität: „Insgesamt versuchen die Unternehmen aber, ihr Personal so weit wie möglich zu halten. Dies gaben zumindest 70 Prozent der im Frühsommer von der Deutschen Industrie- und Handelskammer befragten Bauunternehmen an. Nur jeder zehnte plant eine Einschränkung.“ Die Branche zeigt sich also zwar vorsichtig bei Neueinstellungen, hält aber grundsätzlich an den Beschäftigten fest und reagiert differenziert je nach Sparte und Auftragssituation.

Bauindustrie zwischen Fachkräftemangel und Auftragssorgen: Ursachen und Auswirkungen für Arbeitsmarkt und Gesellschaft

Der Arbeitsmarkt in der Bauindustrie steht derzeit vor einem bemerkenswerten Spannungsfeld: Trotz eines weiterhin spürbaren Fachkräftemangels bleibt die Zahl der offenen Stellen für Bauingenieure auffallend niedrig. Im Juni sank diese Zahl um 23,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, während bei anderen Bauberufen ebenfalls ein leichter Rückgang zu verzeichnen ist. Dieses Phänomen hängt eng mit der vorsichtigen Haltung vieler Bauunternehmen zusammen, die auf eine sichere Auftragslage und die Verfügbarkeit staatlicher Investitionsmittel warten, bevor sie neue Mitarbeiter einstellen.

Die Branche leidet unter strukturellen Schwierigkeiten. Besonders im Hochbau sind die Aufträge knapp: Der Bestand an Bauaufträgen wird von 38 Prozent der Unternehmen als zu klein bewertet, im Wohnungsbau sogar von jedem zweiten Betrieb. Die Gründe liegen unter anderem in einem Rückgang der Wohnungsbaugenehmigungen um 41 Prozent im Vergleich zu 2021. Infolgedessen dämpfen Unternehmen ihre Einstellungstätigkeiten, obwohl die Zahl der verfügbaren Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt wächst. Im Tiefbau dagegen zeigt sich eine gegensätzliche Entwicklung: Hier steigen offene Stellen leicht an, da Großprojekte im Bahn- und Kabelleitungsbau gegen den allgemeinen Trend wachsen.

Dieses vorsichtige Verhalten der Bauunternehmen hat deutliche Folgen für Beschäftigte und Arbeitssuchende. Für Ingenieure und Fachkräfte bedeutet es, dass trotz ihres Bedarfs viele Arbeitsplätze nicht geschaffen werden und Einstiegschancen ausbleiben. Gleichzeitig üben die Firmen Beschäftigten gegenüber eine gewisse Zurückhaltung bei Personalaufstockungen. Laut Umfragen versuchen rund 70 Prozent der Bauunternehmen, ihr bestehendes Personal zu halten, nur jeder zehnte plant Abbau.

Was bremsende Bauunternehmen für Arbeitssuchende bedeuten

Für Arbeitssuchende auf dem Bauarbeitsmarkt heißt die Zurückhaltung der Unternehmen: weniger offene Stellen, längere Wartezeiten auf neue Beschäftigungsmöglichkeiten und eine Verlagerung von Bewerbungen in engere Nischen, wie etwa den Tiefbau. Gleichzeitig erschwert der knappere Wohnungsbaufortschritt die Perspektiven vor allem für junge Bauingenieure, die auf stabile Beschäftigung im Hochbau angewiesen sind. Die Diskrepanz zwischen vorhandenem Potenzial und tatsächlicher Nachfrage zeigt sich hier deutlich. Arbeitsuchende müssen sich auf diese Lage einstellen und möglicherweise flexibler in Bezug auf Fachrichtung und Standort agieren.

Die Rolle staatlicher Investitionen für den Arbeitsmarkt

Die Bedeutung der staatlichen Investitionen für den Bauarbeitsmarkt tritt angesichts dieser Entwicklungen klar hervor. Der Hauptgeschäftsführer der BAUINDUSTRIE, Tim-Oliver Müller, macht deutlich: „Die Unternehmen werden erst wieder im größeren Umfang Personal suchen und einstellen, wenn die von der Bundesregierung beschlossenen Mittel in die Umsetzung kommen.“ Das zeigt, wie stark der Öffentliche Sektor mit Fördermitteln und Großprojekten den Branchenzyklus beeinflusst. Die verlangsamte Umsetzung politischer Förderprogramme führt dazu, dass trotz hoher Nachfrage nach Bauarbeiten nur zögerlich neues Personal eingestellt wird. Im Tiefbau können punktuell dennoch positive Effekte durch Großprojekte festgestellt werden, etwa im Schienen- oder Leitungsbau. Diese Ausnahmen verdeutlichen, dass gezielt geplante Investitionen die Beschäftigung stabilisieren und sogar ankurbeln können.

Die gesellschaftspolitische Tragweite dieser Situation ist erheblich. Die Bauindustrie ist nicht nur ein zentraler Arbeitgeber, sondern spielt eine Schlüsselrolle für den Wohnungsbau, die Infrastrukturentwicklung und damit für die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt. Eine verlangsamte Bautätigkeit wirkt sich unmittelbar auf die Verfügbarkeit von Wohnungen und auf die Erneuerung der Verkehrsinfrastruktur aus – Faktoren, die unmittelbar das Alltagsleben und die Zukunftsfähigkeit ganzer Regionen beeinflussen.

Um den negativen Trend bei der Schaffung neuer Stellen umzukehren, sind vor allem zwei Faktoren entscheidend:

  • Beschleunigte Umsetzung politischer Fördermittel und Infrastrukturprojekte, damit Unternehmen wieder Planungssicherheit erhalten
  • Stabilisierung und Ausweitung der Auftragseingänge im Wohnungs- und Hochbau, um Engpässe bei Fachkräften zu reduzieren und Beschäftigungsperspektiven zu verbessern

Ohne diese Maßnahmen bleibt zu befürchten, dass der Fachkräftemangel auf der einen Seite und die Auftragssorgen auf der anderen Seite die Branche und den Arbeitsmarkt weiterhin in einem schwelenden Konflikt halten.

Aktuelle Arbeitsmarkteinblicke und Zitate stammen aus der Pressemitteilung des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie e.V.

8 Antworten

  1. ‚Die Bedeutung staatlicher Investitionen wird oft unterschätzt.‘ Wie können wir sicherstellen, dass diese Mittel auch wirklich effektiv eingesetzt werden? Vielleicht sollten wir uns mehr mit dem Thema beschäftigen!

  2. ’70 Prozent der Unternehmen möchten ihre Mitarbeiter halten‘, aber wie lange wird das gehen? Ich frage mich, ob wir bald mit einem Mangel an Arbeitskräften konfrontiert werden müssen.

  3. Es ist interessant zu sehen, wie unterschiedlich sich der Hoch- und Tiefbau entwickeln. Glaubt ihr, dass langfristige Projekte im Tiefbau eine Stabilität schaffen könnten? Was denkt ihr über die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt?

    1. Das könnte gut möglich sein! Wenn mehr Unternehmen in den Tiefbau investieren, könnte das positive Effekte auf die gesamte Branche haben.

  4. Die Situation im Hochbau ist wirklich besorgniserregend. Wenn die Genehmigungen so stark zurückgehen, was bedeutet das für zukünftige Projekte? Hat jemand Ideen, wie man das ändern kann?

  5. Ich finde es sehr bedenklich, dass die offenen Stellen für Bauingenieure so stark gesunken sind. Was denkt ihr, könnte die Regierung hier schneller handeln? Es gibt ja doch einen großen Bedarf an Fachkräften!

    1. Ja, absolut! Die Verzögerungen bei den Investitionen sind frustrierend. Ich hoffe, dass bald mehr Gelder fließen werden.

    2. Ich stimme zu! Vielleicht sollte man auch mehr Anreize für junge Ingenieure schaffen, um sie für den Beruf zu begeistern.

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