– Allgemeine Sozialberatung ist als Lotsendienst für Menschen in Notlagen von Schließung bedroht
– Finanzierung basiert zu 80 Prozent auf kirchlichen Mitteln und fehlender staatlicher Förderung
– Caritas, SkF und SKM fordern eine nachhaltige Finanzierung durch Kommunen und Länder
Allgemeine Sozialberatung in der Finanzierungskrise
Caritas und ihre Fachverbände starten die Armutswochen mit einem dringenden Appell: Die Allgemeine Sozialberatung als wichtige Anlaufstelle für Menschen in Not braucht endlich eine sichere Finanzierung.
Die Verbände fordern Politik und Kirche auf, die Allgemeine Sozialberatung auf eine solide finanzielle Basis zu stellen. Aktuell tragen kirchliche Mittel und Eigenmittel der Träger durchschnittlich 80 Prozent der Kosten (Stand: 16.10.2025).
„Armut hat viele Gesichter. In einer Welt multipler Krisen und sich vielfältig verstärkender Gefahrenlagen ist jedermann und jede Frau im Laufe ihres Lebens von Schicksalsschlägen und Armutsrisiken bedroht. Institutionen, die Abwärtsspiralen präventiv entgegenwirken und Angebote, die in Notlagen helfen, sind heute wichtiger denn je.“
„Ich appelliere an alle Verantwortlichen, die Allgemeine Sozialberatung auf eine finanziell solide Basis zu stellen.“
Die Caritas-Armutswochen beginnen am 17. Oktober und enden am 16. November 2025 (Stand: 16.10.2025). In diesen Aktionswochen machen die Verbände bundesweit auf Armut und die prekäre Finanzierungssituation der Sozialberatung aufmerksam.
Warum Allgemeine Sozialberatung jetzt wichtig ist
Die Allgemeine Sozialberatung übernimmt eine zentrale Lotsenfunktion im deutschen Hilfesystem. Sie bildet die erste Anlaufstelle für Menschen in sozialen Notlagen und vermittelt bei Bedarf an spezialisierte Hilfsangebote weiter. Diese niedrigschwellige und kostenfreie Beratung gewinnt in Zeiten komplexer werdender Antragsverfahren und zunehmender Digitalisierung der Behörden an Bedeutung.
ASB als ‚Lotsendienst‘: Funktion und Grenzen
Als Lotsendienst navigiert die Allgemeine Sozialberatung durch das unübersichtliche Geflecht sozialer Hilfsangebote. Die Beratungsstellen klären im Erstkontakt die Problemlage, bieten akute Krisenintervention und leiten bei anhaltendem Bedarf an spezifischere Unterstützungsangebote weiter. Doch dieser wichtige Service stößt an strukturelle Grenzen: Es gibt weiterhin keine gesetzliche Pflicht zur Finanzierung der Allgemeinen Sozialberatung im Sozialgesetzbuch (Stand: Oktober 2025). Diese fehlende rechtliche Absicherung macht das Angebot vulnerabel gegenüber Haushaltskürzungen und verhindert flächendeckende Versorgungssicherheit.
Das Beispiel Berlin zeigt die praktische Relevanz dieser Beratungsleistungen: Die Allgemeine unabhängige Sozialberatung wurde dort als wichtige Infrastruktur anerkannt, wobei der Beratungsbedarf schwerpunktmäßig bei finanziellen Problemen und Fragen zu Sozialleistungsbehörden lag (Stand: März 2024). Die aktuelle Finanzierungspraxis dokumentiert einen Mix verschiedener Quellen (Stand: 2024), was zwar Flexibilität ermöglicht, aber keine verlässliche Planungsgrundlage für die Träger bietet.
Die Freiwilligkeit der Finanzierung führt zu regional unterschiedlichen Versorgungslücken und gefährdet die Kontinuität der Beratungsangebote. In einer Zeit steigender sozialer Herausforderungen und komplexer werdender Hilfesysteme wird die Lotsenfunktion der Allgemeinen Sozialberatung zwar dringender benötigt denn je, ihre strukturelle Absicherung bleibt jedoch prekär.
Finanzierungslage: Lücken, Modelle, Diskussionen
Die Allgemeine Sozialberatung finanziert sich aktuell aus einem Mix verschiedener Quellen. Dieser Finanzierungsmix ist jedoch nicht flächendeckend gesichert und variiert stark zwischen den Standorten.
Kommunale Beteiligung: Vorschlag 60 Cent/Einwohner
Ein konkreter politischer Vorschlag zur Stabilisierung der Finanzierung wird in Baden-Württemberg diskutiert: eine kommunale Beteiligung von 60 Cent pro Einwohner jährlich (Stand: 30.09.2025). Dieses Modell zielt darauf ab, die Finanzierungslücke zu schließen und eine planbare Kofinanzierung durch die Kommunen zu etablieren. Die Idee steht exemplarisch für die Forderung nach verbindlicherer öffentlicher Beteiligung, die über die bisherige freiwillige Förderung hinausgeht.
Bundeshaushalt 2025: Kein spezifischer Posten für ASB
Während auf kommunaler Ebene neue Modelle diskutiert werden, zeigt der Blick auf den Bundeshaushalt eine andere Realität. Im Bundeshaushalt 2025 ist eine explizite Finanzierung der Allgemeinen Sozialberatung nicht enthalten (Stand: 12.09.2025). Zugleich steigen die Mittel für die Grundsicherung von 46,81 Milliarden Euro im Jahr 2024 auf 51,96 Milliarden Euro im Jahr 2025 (Stand: 12.09.2025). Diese Haushaltsentscheidung unterstreicht die Diskrepanz zwischen gestiegenen Sozialausgaben einerseits und der fehlenden verlässlichen Finanzierung des niedrigschwelligen Beratungsangebots andererseits.
Mögliche Tabelle: Vergleich ausgewählter Finanzkennzahlen und Vorschläge
| Jahr/Quelle | Punkt/Bezeichnung | Wert | Einheit | Quelle/Stand |
|---|---|---|---|---|
| 2025 | Kommunale Idee BW | 0,60 | €/Einwohner/Jahr | Stand: 30.09.2025 (Diakonie BW) |
| 2024 | Grundsicherung | 46,81 | Mrd. € | Stand: 12.09.2025 |
| 2025 | Grundsicherung | 51,96 | Mrd. € | Stand: 12.09.2025 |
Die Gegenüberstellung macht deutlich: Während die Ausgaben für existenzsichernde Leistungen deutlich steigen, bleibt die Finanzierung der präventiven Beratungsinfrastruktur ungesichert. Realistisch erscheinen mittelfristig vor allem Modelle, die auf eine verbindliche Kofinanzierung durch Länder und Kommunen setzen, wie der baden-württembergische Vorschlag zeigt. Die fehlende Aufnahme der Allgemeinen Sozialberatung in den Bundeshaushalt 2025 unterstreicht jedoch die weiterhin ungelöste Frage nach einer dauerhaften und verlässlichen Finanzierungsgrundlage.
Wer ist besonders betroffen — und welche Folgen drohen?
Wenn Allgemeine Sozialberatungsstellen schließen müssen, trifft es vor allem Menschen, die ohnehin schwer zu erreichen sind: Alleinerziehende, Seniorinnen und Senioren, Menschen mit Migrationshintergrund oder in Wohnungsnot. Diese Gruppen stehen häufig vor multiplen Problemlagen und finden in der Allgemeinen Sozialberatung oft die erste und manchmal einzige Anlaufstelle. Besonders Männer nehmen seltener Hilfe in Anspruch, weil dies gesellschaftlich noch immer als Zeichen von Schwäche interpretiert wird – hier schließt die niedrigschwellige Beratung eine wesentliche Lücke.
Betroffene Gruppen und Erreichbarkeit
In Berlin zeigt sich beispielhaft, welchen praktischen Bedarf die Allgemeine Sozialberatung deckt: Schwerpunktmäßig geht es dort um finanzielle Probleme und Auseinandersetzungen mit Sozialleistungsbehörden (Quelle: LIGA Berlin, Stand: März 2024). Diese Themen betreffen genau jene Personengruppen, die mit komplexen Behördengängen häufig überfordert sind. Die Allgemeine Sozialberatung übernimmt hier eine Lotsenfunktion – sie klärt im Erstgespräch die akute Problemlage und vermittelt bei Bedarf in weiterführende Hilfen. Dieser niedrigschwellige Zugang ist entscheidend, denn viele Betroffene würden spezialisierte Beratungsstellen von sich aus nicht aufsuchen.
Folgen von Schließungen für lokale Sozialinfrastruktur
Die finanziellen Engpässe bei Sozialberatungsstellen haben konkrete Auswirkungen auf das soziale Gefüge vor Ort. Während einige Regionen wie die Diözese Rottenburg-Stuttgart ihre 42 Standorte noch 2018 vollständig aus Eigenmitteln finanzieren konnten (Quelle: Caritas Rottenburg-Stuttgart, Stand: 2018), sieht die Finanzierungslage heute vielerorts kritischer aus. Der typische Finanzierungsmix setzt sich aus kirchlichen Mitteln, Eigenmitteln und teilweise kommunalen Zuschüssen zusammen (Quelle: Caritas Kreisstellen, Stand: 2024). Fällt dieser Mix auseinander, drohen folgende Konsequenzen:
- Wegfall niedrigschwelliger Erstansprache – Menschen in akuten Krisen finden keinen direkten Zugang mehr zum Hilfesystem (Quelle: Berlin, Stand: März 2024)
- Mehr Druck auf spezialisierte Dienste und Behörden – Diese müssten vermehrt Erstberatungen übernehmen, für die sie nicht ausgelegt sind (Quelle: Berlin, Stand: März 2024)
- Potentiell kostenintensivere Interventionen später – Ohne frühzeitige Hilfe können sich Probleme verfestigen und später aufwändigere Maßnahmen notwendig werden (Quelle: Caritas Kreisstellen, Stand: 2024)
Die Schließung von Beratungsstellen bedeutet somit nicht nur den Verlust eines Dienstleistungsangebots, sondern eine Schwächung der gesamten lokalen Sozialinfrastruktur. Gerade in Zeiten zunehmender Digitalisierung des Antragswesens und wachsender sozialer Ungleichheit wird diese niedrigschwellige Anlaufstelle jedoch dringender denn je benötigt.
Handlungsoptionen für eine zukunftssichere Sozialberatung
Die Allgemeine Sozialberatung steht an einem Scheideweg. Fachkreise fordern deshalb eine grundlegende Neuausrichtung der Finanzierungsmodelle, um die flächendeckende Versorgung mit sozialer Beratung langfristig zu sichern.
Optionen: Gesetzliche Verankerung vs. Kofinanzierung
In der Fachdebatte wird erneut die Forderung nach einer gesetzlichen Absicherung der Allgemeinen Sozialberatung erhoben – Stand: Oktober 2025. Eine rechtliche Verankerung würde den Stellenwert dieser Lotsenfunktion im Sozialsystem unterstreichen und Planungssicherheit für Träger schaffen. Parallel dazu gewinnen strukturierte Kofinanzierungsmodelle an Bedeutung, bei denen Länder, Kommunen und kirchliche Träger gemeinsam Verantwortung übernehmen. Der aktuelle Bundeshaushalt 2025 zeigt allerdings andere Prioritäten: Während die Grundsicherung steigt, fehlt ein eigener Posten für die Allgemeine Sozialberatung – Stand: 12.09.2025.
Regionale Pilotprojekte und Finanzierungsversuche
Baden-Württemberg diskutiert konkrete Lösungsansätze. Dort wird über eine Finanzierung von 60 Cent pro Einwohner für die Allgemeine Sozialberatung debattiert – Stand: 30.09.2025. Solche regionalen Initiativen könnten als Blaupause für andere Bundesländer dienen. Entscheidend ist die Entwicklung transparenter Monitoring-Indikatoren, die den gesellschaftlichen Mehrwert der Beratungsangebote sichtbar machen und so die Argumentationsgrundlage für dauerhafte Finanzierungszusagen stärken.
Politik, Kirchen und Kommunen sollten jetzt kurzfristig praktikable Kofinanzierungs- und Testmodelle erproben, um die soziale Infrastruktur vor Ort zu erhalten.
Die in diesem Beitrag enthaltenen Informationen und Zitate basieren auf einer Pressemitteilung des Deutschen Caritasverbands.
Weiterführende Quellen:
- „Die Allgemeine Sozialberatung wird in vielen deutschen Landkreisen überwiegend aus kirchlichen Mitteln finanziert; steigende Nachfrage und Rückgänge bei den Kirchensteuereinnahmen führen seit 2024/2025 zu Finanzierungslücken, die das Angebot akut gefährden. In Baden-Württemberg wird eine kommunale Beteiligung von 60 Cent pro Einwohner jährlich diskutiert (Stand: 30.09.2025).“ – Quelle: https://www.diakonie-wuerttemberg.de/30092025-zukunft-der-allgemeinen-sozialberatung-sichern
- „Für die Allgemeine Sozialberatung gibt es weiterhin keine gesetzliche Pflicht im Sozialgesetzbuch; aktuelle Grundlagen beruhen auf freiwilligen Zuschüssen, Spenden und gelegentlichen kommunalen Förderungen. Die Absicherung durch eine gesetzliche Regelung wird erneut gefordert (Stand: Oktober 2025).“ – Quelle: https://www.derdom.de/wir-sind-die-hausarztpraxis-der-sozialarbeit/
- „In Berlin ergänzt die Allgemeine unabhängige Sozialberatung spezialisierte Beratungsstellen und ist während der Corona-Pandemie als wichtige Infrastruktur anerkannt worden, wobei der größte Beratungsbedarf auf finanzielle Probleme und Sozialleistungsbehörden entfällt; die Mittelzuweisung bleibt politisch umstritten (Stand: 03/2024).“ – Quelle: https://www.ligaberlin.de/Fachausschuss-Existenzsicherung-und-Armutsbekaempfung-fordert-den-Ausbau-und-die-Absicherung-der-allgemeinen-unabhaengigen-Sozialberatung-pdf-1048081.pdf
- „Im Bundeshaushalt 2025 ist eine explizite Finanzierung der Allgemeinen Sozialberatung nicht enthalten, während die Mittel für Grundsicherung steigen (von 46,81 Mrd. € 2024 auf 51,96 Mrd. € 2025), was die Nicht-Berücksichtigung der ASB-Finanzierung verdeutlicht (Stand: 12.09.2025).“ – Quelle: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2025/kw38-de-arbeit-1104000
- „Die Finanzierung der Allgemeine Sozialberatung erfolgt zumeist aus einem Mix von Kirchensteuermitteln, Eigenmitteln, kommunalen und staatlichen Zuschüssen sowie weiteren Quellen wie Soziallotterien; öffentliche Hand finanziert einzelne Dienste vollständig, überwiegend herrscht jedoch ein gemischtes Modell vor (Stand: 2024).“ – Quelle: https://www.caritas-kreisstellen.de/allgemeines/finanzierung-allgemein/finanzierung-allgemein
- „2018 wurde die Allgemeine Sozialberatung in der Diözese Rottenburg-Stuttgart an 42 Standorten angeboten und zu 100 % aus Eigenmitteln des Wohlfahrtsverbandes finanziert (Stand: 2018).“ – Quelle: https://www.caritas-rottenburg-stuttgart.de/was-wir-tun/themenfelder/allgemeine-sozialberatung/allgemeine-sozialberatung
8 Antworten
Die Schließung von Beratungsstellen könnte katastrophale Folgen haben! Viele Menschen brauchen diese Unterstützung dringend. Wie können wir sicherstellen, dass alle Zugang zu diesen Diensten haben?
-Das stimmt! Die Politik muss dringend handeln und eine Lösung finden. Wir sollten uns auch über andere Länder informieren und sehen, was dort funktioniert.
Ja genau! Vielleicht könnten regionale Pilotprojekte helfen? Es wäre gut zu sehen, ob solche Ansätze auch woanders schon funktioniert haben.
Ich finde den Vorschlag mit den 60 Cent pro Einwohner interessant. Aber wird das wirklich ausreichen? Es ist wichtig, dass wir mehr über solche Modelle nachdenken und Lösungen finden.
Ja, das Modell könnte funktionieren, aber ich habe Zweifel an der Umsetzung. Was denkt ihr darüber? Müssen wir nicht viel mehr Geld in diese sozialen Dienste investieren?
Ich frage mich, warum es keine gesetzliche Pflicht für die Finanzierung gibt? Es sollte doch klar sein, dass Hilfe nötig ist! Vielleicht sollten mehr Leute darüber reden und ihre Erfahrungen teilen.
Es ist echt erschreckend zu sehen, wie wenig Unterstützung die Allgemeine Sozialberatung bekommt. Vor allem in Krisenzeiten brauchen Menschen diese Hilfe. Ich hoffe, die Politik hört endlich hin und handelt!
Ich finde es wirklich traurig, dass die Allgemeine Sozialberatung so unterfinanziert ist. Diese Stellen sind echt wichtig für Leute in Not. Wer denkt denn daran, was passiert, wenn sie schließen? Das ist ein großes Problem!