Bremen (VBR). Berlin – Der AOK-Bundesverband schlägt Alarm: Die geplante Einführung des “Gesundes-Herz-Gesetzes” (GHG) könnte laut der Krankenkasse zu einer dramatischen Verschlechterung der Versorgungssituation für chronisch Kranke führen. Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, warnt vor den Folgen dieses Gesetzesvorhabens und betont die drohenden Auswirkungen auf Arztpraxen sowie die finanziellen Belastungen für das Gesundheitssystem.
Das Herzstück des Geplanten „GHG“ ist die Erweiterung der Disease-Management-Programme (DMP), die derzeit 7,4 Millionen chronisch kranke Menschen betreuen, auf Risikopatienten. Laut einer Folgenabschätzung könnte diese Öffnung zu zusätzlichen 34 Millionen DMP-Teilnahmen führen. In der Praxis würde dies für die rund 44.000 teilnehmenden Hausärzte eine erhebliche Mehrbelastung bedeuten – konkret könnten sich bis zu 32 zusätzliche Arbeitstage pro Jahr ergeben. Zudem rechnet die AOK nach einer fünfjährigen Hochlaufphase mit jährlichen Kosten von 3,8 Milliarden Euro, was eine Beitragssatzerhöhung von 0,22 Punkten zur Folge haben könnte.
Die eigentlichen Ziele der seit 20 Jahren bewährten DMPs – die Verhinderung von Folge- und Begleiterkrankungen bei chronisch Kranken durch strukturierte Behandlung – stehen laut Reimann aufgrund der GHG-Pläne auf dem Spiel. Kritisch sieht sie insbesondere die Absenkung der Qualitätsanforderungen, wie den Verzicht auf verpflichtende Patientenschulungen. „Durch die Erweiterung der DMP-Zielgruppen und die geplante Absenkung der Qualitätsanforderungen befürchten wir eine Verwässerung der bestehenden Programme“, sagt Reimann. Besonders betroffen wären Hausärzte, deren Ressourcen ohnehin knapp bemessen sind.
Ein weiteres Anliegen richtet sich gegen die im Gesetzentwurf vorgesehenen Präventions-DMPs für Patienten mit hohem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Diese Maßnahmen betonen aus Reimanns Perspektive ein “kardiozentrisches Weltbild”, das den Fokus hin zu einer übertriebenen Pathologisierung verschiebe, statt die bereits effektiv funktionierende Regelversorgung adequat zu nutzen. Dabei sei die Einführung zusätzlicher Früherkennungsuntersuchungen ohne klar belegten Nutzen ebenso wenig hilfreich wie die mögliche Verschreibung von Cholesterinsenkern für breite Bevölkerungskreise.
Auch die Finanzierung dieser neuen Maßnahmen steht in der Kritik. So sollen die zusätzlich eingeführten Leistungen aus dem Etat für Präventionsmittel bezahlt werden, wodurch etablierte und bewährte Angebote zur Sekundärprävention gefährdet würden. Reimann appelliert daher an den Gesetzgeber, den primären Schwerpunkt auf bevölkerungsweite Maßnahmen zu setzen, die das Gesundheitsverhalten beeinflussen – dazu zählen die Reduktion von Tabak- und Alkoholkonsum sowie ungesunden Lebensmitteln.
„Primärprävention ist harte Arbeit und widerspricht oft den Interessen vieler Lobbygruppen. Aber sie ist der Schlüssel zu einer gesünderen Gesellschaft und kann nicht durch Vorbeugemedizin ersetzt werden“, betont Reimann.
Diese Debatte unterstreicht die Dringlichkeit der Entscheidungsträger, das Gesundheitssystem nachhaltig zu stärken, indem sie sinnvolle Prioritäten setzen und Maßnahmen basierend auf evidenzbasierten Ansätzen fördern. Nur so lässt sich sicherstellen, dass chronisch erkrankte Menschen weiterhin eine qualitativ hochwertige und angemessene Versorgung erhalten, ohne das Gesundheitssystem zusätzlich zu belasten.
AOK warnt vor massivem Versorgungsproblem durch „Gesundes-Herz-Gesetz
Die Einführung des „Gesundes-Herz-Gesetzes“ (GHG) steht im Zentrum einer hitzigen Debatte. Führungskräfte der AOK, namentlich die Vorstandsvorsitzende Dr. Carola Reimann, erheben eindringlich ihre Stimme gegen die geplanten Änderungen, die nicht nur die Versorgung von chronisch kranken Patienten drastisch beeinträchtigen könnten, sondern auch finanzielle Mehrbelastungen für das Gesundheitssystem mit sich bringen würden.
Hausärzte am Limit: Mehrarbeit und Qualitätsverlust drohen
Das „GHG“ zielt darauf ab, die Disease-Management-Programme (DMP) auf Risikopatienten auszuweiten. Doch die damit einhergehende Verschiebung der Arbeitslast könnte 44.000 Hausärzten bis zu 32 zusätzliche Arbeitstage pro Jahr bescheren. Diese drastische Mehrbeanspruchung wirft Fragen über die Umsetzbarkeit und die Qualität der ärztlichen Betreuung auf. Die AOK befürchtet, dass wichtige Elemente, wie verpflichtende Patientenschulungen, gestrichen werden könnten. Ein solcher Qualitätsverlust könnte die bewährten Ziele der DMPs, nämlich die Prävention von Folge- und Begleiterkrankungen, gefährden.
Finanzielle Tragweite: Beitragssteigerung unausweichlich?
Die wirtschaftlichen Auswirkungen des GHG sind ebenfalls alarmierend. Die AOK prognostiziert jährliche Kosten von 3,8 Milliarden Euro nach der Einführungsphase. Diese finanziellen Anforderungen würden voraussichtlich eine Erhöhung des Beitragssatzes um 0,22 Punkte nach sich ziehen. Ein solcher Schritt wird nicht nur die Versicherten zusätzlich belasten, sondern könnte auch das gesamte Gesundheitssystem destabilisieren.
Ein Streit um die Primärprävention: Effektiv oder ineffizient?
Ein weiterer Streitpunkt ist die Umverteilung der finanziellen Mittel innerhalb des Gesundheitssystems. Geplante Präventionsmaßnahmen für Hochrisikopatienten, wie zusätzliche Früherkennungsuntersuchungen und die Verschreibung von Cholesterinsenkern, stehen in der Kritik. Anstatt in die Früherkennung und Medikalisierung der allgemeinen Bevölkerung zu investieren, plädiert Dr. Reimann für bevölkerungsweite Maßnahmen, die sich auf die Reduktion von Tabak- und Alkoholkonsum sowie gesündere Ernährungsweisen konzentrieren.
Historische Lehren und internationale Vergleiche
Die gegenwärtige Debatte erinnert an vergangene gesundheitspolitische Entscheidungen, die ebenfalls weitreichende Folgen hatten. Beispiele aus anderen Ländern, wie die durchgesetzten Restriktionen des Zigarettenkonsums in Australien, zeigen, dass maßvolle, aber weitreichende Präventionsmaßnahmen nachhaltige Gesundheitsverbesserungen bewirken können.
Blick in die Zukunft: Nachhaltige Gesundheitsreformen notwendig
Mit Blick auf die Zukunft sollte die Politik auf evidenzbasierte Maßnahmen setzen, um eine nachhaltige Gesundheitsreform durchzuführen. Die Einführung unsichere und kostspielige Programme könnte sich als kurzsichtige Lösung erweisen, die nur kurzfristige Effekte zeigt und langfristig hohe Kosten und minderwertige Versorgungsqualität mit sich bringt.
Das „Gesundes-Herz-Gesetz“ erfordert eine gründliche Prüfung und eine ausgewogene Perspektive, um die bestmögliche Gesundheitsversorgung sicherzustellen, ohne übermäßige Belastungen für die beteiligten Akteure im Gesundheitssystem zu verursachen. Es bleibt abzuwarten, wie die Entscheidungsfindung in diesem sensiblen Bereich verlaufen und welche langfristigen Auswirkungen sie auf das deutsche Gesundheitssystem haben wird. Dr. Reimanns mahnende Worte sollten dabei nicht ungehört bleiben.
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8 Antworten
Die sollten lieber Tabak und Alkohol teurer machen, als so viel Geld in neue Programme zu stecken, die nichts bringen.
Ich verstehe nicht, warum sie die Patientenschulungen streichen wollen. Gerade das ist doch wichtig für chronisch Kranke!
Ja, das hilft den Patienten. Ohne Schulungen verstehen viele doch gar nicht richtig, wie sie ihre Krankheit behandeln sollen.
Wenn das Gesetz so schlecht ist, warum wird es dann überhaupt vorgeschlagen? Macht doch keinen Sinn.
Ist doch immer so mit den Politikern. Denken nicht an die Bürger, nur an ihre eigenen Interessen.
3,8 Milliarden Euro mehr Kosten? Das zahlen wir alle mit unseren Beiträgen! Wo soll das hinführen?
Warum muss immer mehr Arbeit auf die Ärzte abgewälzt werden? Die haben doch jetzt schon keine Zeit mehr für uns Patienten!
Genau, sehe ich auch so. Dadurch wird doch niemand besser behandelt, nur mehr Stress für alle.