– Foodwatch wirft Supermärkten Verbrauchertäuschung bei dauerhaften Rabatten vor.
– Zahl dauerhaft günstiger Produkte ging stark zurück, Preise stiegen teils an.
– Ein Beispiel-Warenkorb bei Aldi liegt deutlich über dem Preisniveau von 2022.
Von wegen „dauerhaft günstig“: foodwatch enthüllt Verbrauchertäuschung bei Supermärkten
Die großen Lebensmittelhändler Aldi, Edeka, Lidl und Rewe hatten im Frühjahr mit viel Werbeaufwand „dauerhafte Preissenkungen“ angekündigt. Eine aktuelle Analyse der Verbraucherorganisation foodwatch zeigt jedoch, dass die einst beworbenen Produkte vielfach nicht mehr dauerhaft günstiger sind – frische Lebensmittel wie Obst und Gemüse sind unter den Rabattartikeln kaum vertreten.*
Stand: 18. Oktober 2025*
„Die großen Rabattaktionen der Supermärkte entpuppen sich als bloßer PR-Gag. Nur wenige Produkte, darunter vor allem Eis, Süßigkeiten und Alkohol, sind tatsächlich ‚dauerhaft günstiger‘ geworden. Für viele andere Lebensmittel gilt jedoch das Gegenteil: Die Preise gehen weiter bergauf – und das, obwohl Kosten für Energie und Rohstoffe mittlerweile wieder gesunken sind“, sagte Alina Nitsche von foodwatch.*
Zentrale Erkenntnisse der foodwatch-Analyse:
- Aldi Nord hatte im Mai noch 93 dauerhaft reduzierte Artikel angekündigt, Ende September waren vor einer foodwatch-Anfrage nur noch 34 auf der „Tiefpreis-Highlight“-Webseite gelistet*
- Davon stammen lediglich vier aus der damaligen Liste*
- Mindestens 13 Produkte, die ursprünglich als dauerhaft reduziert beworben wurden, sind im Preis gleich geblieben, nur kurzfristig reduziert gewesen oder sogar gestiegen*
- Edeka listet aktuell 143 Produkte unter dem Label „dauerhaft günstige Produkte“ – rund 30 Prozent weniger als noch Anfang Juni (201 Produkte)*
- Bei Aldi sind über 30 Prozent der beworbenen Artikel alkoholische Getränke, Süßwaren, Snacks oder Fertigprodukte*
- Ein Standard-Warenkorb bei Aldi liegt derzeit rund 35 Prozent über dem Niveau von 2022*
Lidl verweist weiterhin auf „die größte Preissenkung aller Zeiten“, macht jedoch keine konkreten Angaben dazu, welche Artikel dauerhaft im Preis gesenkt wurden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat inzwischen Klage wegen irreführender Werbung eingereicht.
Rewe kommuniziert die „Tiefpreis-Kampagne“ nicht als neues Instrument, sondern als Erinnerung an bestehende Angebote. Auf Nachfrage ließ das Unternehmen offen, ob dieselben Produkte weiterhin im Preis reduziert sind wie im Mai.*
Preisentwicklung unter der Lupe: Langfristige Trends und aktuelle Volatilität
Die foodwatch-Analyse zur Preispolitik der Supermärkte fügt sich in ein komplexes Gesamtbild der Lebensmittelpreisentwicklung ein. Während Handelsketten mit temporären Rabattaktionen werben, zeigen langfristige Daten strukturelle Verschiebungen und kurzfristige Schwankungen, die Verbraucher:innen direkt betreffen.
Langfristiger Trend: Gesunde Lebensmittel vs. ultraverarbeitete
Seit 1994 sind die Preise für gesunde (frische/minimal verarbeitete) Lebensmittel kontinuierlich gestiegen, während ultraverarbeitete Produkte erschwinglicher wurden (Stand: 10.07.2024). Diese Entwicklung bildet den Hintergrund für die aktuelle Kritik an der Handelsstrategie: Frische und unverarbeitete Lebensmittel – insbesondere Obst und Gemüse – sind in den dauerhaft günstigen Sortimenten kaum vertreten, während hochverarbeitete Produkte überproportional repräsentiert sind.
Die foodwatch-Analyse bestätigt diesen Befund: „Frische Lebensmittel wie Obst und Gemüse finden sich unter den beworbenen Produkten kaum.“
Volatile Preisbewegungen bei Einzelsortimenten
Aktuelle Daten zeigen, wie unterschiedlich sich Preise innerhalb kurzer Zeiträume entwickeln können. Frische Lebensmittel aus konventioneller Produktion kosteten 2024 durchschnittlich 0,5 % weniger als im Vorjahr; Preise für Gemüse, Käse und Geflügel sanken, während Kartoffeln, Margarine/Speiseöl, Rindfleisch und Obst teurer wurden (Stand: 2024).
Die Lebensmittelpreis-Statistik 2024 zeigt besonders volatile Entwicklungen: Butterpreise stiegen von -17,5 % im Januar auf +20,6 % im Juli*; frisches Obst lag im Januar 2024 bei 11,7 % Inflation, im Juli bei -0,4 %* (Stand: 31.07.2024). Diese Schwankungen spiegeln sich in der foodwatch-Kritik wider: „Auch Butter wurde vor kurzem unter dem Stichwort 'dauerhafte Preissenkung' beworben. Die tatsächliche Preisentwicklung zeigt jedoch starke Schwankungen.“
Im Jahr 2024 stieg die Lebensmittelteuerung in Deutschland durchschnittlich um 1,7 %, während Verbraucherpreise für verarbeitete Lebensmittel um rund 2,2 % und für frische Waren nur um 0,4 % zulegten (Stand: 31.12.2024). Diese Diskrepanz unterstreicht die grundsätzliche Preisspannung: Trotz einzelner Preisnachlässe bei ausgewählten Produkten bleibt das allgemeine Preisniveau für Lebensmittel hoch.
| Kategorie | Prozentuale Veränderung | Einheit | Quelle/Stand |
|---|---|---|---|
| Lebensmittelteuerung gesamt | +1,7 % | Jahresdurchschnitt 2024 | Destatis, 31.12.2024 |
| Verarbeitete Lebensmittel | +2,2 % | Jahresdurchschnitt 2024 | Destatis, 31.12.2024 |
| Frische Lebensmittel | +0,4 % | Jahresdurchschnitt 2024 | Destatis, 31.12.2024 |
| Frische Lebensmittel konventionell | -0,5 % | Vorjahresvergleich 2024 | AMI, 2024 |
Gerichtliche Klarstellung für Preiswerbung
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Werbung mit Preissenkungen haben sich in den letzten Jahren deutlich verschärft. Gerichte setzen zunehmend auf Transparenz und verlangen von Händlern präzise Angaben, die Verbraucherinnen und Verbrauchern eine echte Preiseinschätzung ermöglichen.
Gerichtsurteile zu Preiswerbung
Der Bundesgerichtshof entschied 2024, dass bei Werbung mit Preisermäßigungen im Lebensmitteleinzelhandel immer der niedrigste Preis der vergangenen 30 Tage klar und gut lesbar angegeben werden muss (Stand: 13.06.2024). Diese Vorgabe wurde 2025 vom Landgericht Düsseldorf im Rechtsstreit Aldi Süd vs. Verbraucherzentrale BW bekräftigt. Das Gericht stellte klar, dass Preissenkungen immer den 30-Tage-Bestpreis ausweisen müssen (Stand: 02.09.2025). Das Urteil ist derzeit noch nicht rechtskräftig.
Für Verbraucherinnen und Verbraucher bedeuten diese Entwicklungen mehr Transparenz beim Einkauf. Sie erhalten durch die 30-Tage-Bestpreis-Angabe eine verlässliche Vergleichsbasis, um echte Preisvorteile erkennen zu können. Die gerichtlichen Entscheidungen setzen damit klare Grenzen für irreführende Rabattwerbung und stärken die Verbraucherrechte im Alltag.
Wie sich steigende Lebensmittelpreise im Alltag auswirken
Die anhaltend hohen Lebensmittelpreise stellen viele Haushalte vor spürbare Herausforderungen. Diese Entwicklung verschärft sich durch die aktuelle Preisdynamik: Im Jahr 2024 stieg die Lebensmittelteuerung in Deutschland durchschnittlich um 1,7 Prozent, wobei verarbeitete Lebensmittel mit 2,2 Prozent stärker zulegten als frische Waren mit nur 0,4 Prozent (Stand: 31.12.2024, laut Statistischem Bundesamt)*.
Besonders deutlich wird die Volatilität bei Grundnahrungsmitteln. Die Butterpreise stiegen 2024 von minus 17,5 Prozent im Januar auf 20,6 Prozent im Juli. Frisches Obst lag im Januar bei 11,7 Prozent Inflation, im Juli dagegen bei minus 0,4 Prozent (Stand: 31.07.2024)*. Diese Unberechenbarkeit erschwert die Haushaltsplanung erheblich.
Die konkreten Auswirkungen auf Verbraucherinnen und Verbraucher zeigen sich in drei zentralen Bereichen:
- Verändertes Kaufverhalten: Viele Haushalte weichen auf günstigere, oft weniger gesunde Alternativen aus
- Druck auf das Haushaltsbudget: Die gestiegenen Ausgaben für Lebensmittel belasten andere Posten wie Energie oder Mobilität
- Erschwerter Zugang zu gesunder Ernährung: Frisches Obst und Gemüse werden für einkommensschwache Haushalte zunehmend zum Luxusgut
Diese Entwicklung trifft besonders Familien mit Kindern und Menschen mit geringem Einkommen. Während Discounter mit temporären Rabattaktionen werben, bleiben die Grundnahrungsmittel des täglichen Bedarfs auf hohem Preisniveau. Die Preisschwankungen bei Grundnahrungsmitteln wie Butter und Obst machen zudem langfristige Ernährungskonzepte für viele Haushalte zur Herausforderung.
Rechercheleitfaden: So bleiben Sie am Thema dran
Die Debatte um vermeintlich "dauerhaft günstige" Lebensmittelpreise entwickelt sich dynamisch weiter. Für Redaktionen lohnt es sich, mehrere Beobachtungsstränge parallel zu verfolgen, um frühzeitig neue Entwicklungen zu erkennen und fundiert berichten zu können.
Aktuelle Veränderungen im Blick behalten
Besondere Aufmerksamkeit verdienen die fortlaufenden Anpassungen in den Händlermeldungen. Die Listen bei Aldi und Edeka haben sich bereits mehrfach gewandelt – diese Entwicklung setzt sich voraussichtlich fort. Gleichzeitig gilt es, die Umsetzung in den Filialen zu monitoren: Entspricht die Preispraxis vor Ort tatsächlich den Online-Versprechungen? Ein weiterer kritischer Punkt sind die laufenden Gerichtsverfahren, insbesondere die Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands wegen irreführender Werbung. Diese Prozesse könnten wegweisende Urteile für die gesamte Branche bringen.
Konkrete Rechercheansätze für Ihre Redaktion
Praktische Preischecks in ausgewählten Filialen liefern authentische Einblicke. Vergleichen Sie dabei nicht nur aktuelle Prospekte, sondern dokumentieren Sie auch die tatsächlichen Regalpreise über mehrere Wochen. Direkte Nachfragen bei den Handelsunternehmen zur Methodik ihrer Preiskennzeichnung können Transparenzlücken aufdecken. Parallel dazu lohnt die Kontaktaufnahme mit Verbraucherzentralen und Aufsichtsbehörden: Welche Beschwerden gehen dort ein? Gibt es bereits eingeleitete Verfahren oder Abmahnungen?
Ihr redaktionelles Monitoring-Tool
| Thema | Was zu prüfen | Quelle/Stand |
|---|---|---|
| Händlerlisten | Regelmäßige Überprüfung der "dauerhaft günstig"-Angebote auf Unternehmenswebsites | Aldi Nord, Edeka Online-Portale* |
| Filialumsetzung | Stichprobenartige Preiskontrollen vor Ort vs. Online-Angaben | Eigene Erhebungen in ausgewählten Märkten* |
| Rechtliche Entwicklung | Status von Klageverfahren und behördlichen Prüfungen | vzbv, Landesbehörden* |
| Verbraucherbeschwerden | Anzahl und Art der Meldungen zu Preistransparenz | Verbraucherzentralen, Wettbewerbszentrale* |
| Branchenkommunikation | Strategiewechsel in der Werbesprache der Handelsketten | Presseaussendungen, Werbematerialien* |
Diese systematische Begleitung des Themas ermöglicht es Ihrer Redaktion, nicht nur über aktuelle Preisentwicklungen zu berichten, sondern auch fundamentale Fragen der Verbraucherinformation und Werbetransparenz kritisch zu beleuchten.
Die vorliegenden Informationen und Zitate basieren auf einer Pressemitteilung von foodwatch e.V.
Weiterführende Quellen:
- „Seit 1994 sind die Preise für gesunde (frische/minimal verarbeitete) Lebensmittel kontinuierlich gestiegen, während ultraverarbeitete Produkte erschwinglicher wurden (Stand: 10.07.2024).“ – Quelle: https://www.chip.de/news/Schockierende-Zahlen-Warum-gesunde-Lebensmittel-immer-teurer-werden_185636769.html
- „Der Bundesgerichtshof entschied 2024, dass bei Werbung mit Preisermäßigungen im Lebensmitteleinzelhandel immer der niedrigste Preis der vergangenen 30 Tage klar und gut lesbar angegeben werden muss (Stand: 13.06.2024).“ – Quelle: https://www.infranken.de/deutschland/rabatt-mogelei-im-supermarkt-verbraucher-koennen-nach-urteil-aufatmen-netto-tricks-einzelhandel-art-6273934
- „Lidl verpflichtet sich nach Klage zu klaren Preisangaben in allen Prospekten; ähnliche Verfahren gegen Penny und Rewe laufen (Stand: 22.07.2025).“ – Quelle: https://www.tageblatt.de/Nachrichten/Rabattregeln-im-Supermarkt-verschaerft-Verwirrung-um-Edeka-Schild-651905.html
- „Das Landgericht Düsseldorf entschied 2025 im Rechtsstreit Aldi Süd vs. Verbraucherzentrale BW, dass Preissenkungen immer den 30-Tage-Bestpreis ausweisen müssen; eine bloße UVP-Gegenüberstellung reicht nicht (Urteil nicht rechtskräftig, Stand: 02.09.2025).“ – Quelle: https://www.tageblatt.de/Nachrichten/Rabattregeln-im-Supermarkt-verschaerft-Verwirrung-um-Edeka-Schild-651905.html
- „Frische Lebensmittel aus konventioneller Produktion kosteten 2024 durchschnittlich 0,5 % weniger als im Vorjahr; Preise für Gemüse, Käse und Geflügel sanken, während Kartoffeln, Margarine/Speiseöl, Rindfleisch und Obst teurer wurden (Stand: 2024).“ – Quelle: https://www.ami-informiert.de/ami-themen/ami-themen/single-ansicht?tx_aminews_singleview%5Baction%5D=show&tx_aminews_singleview%5Bcontroller%5D=News&tx_aminews_singleview%5Bnews%5D=50944
- „Die Lebensmittelpreis-Statistik 2024 zeigt volatile Entwicklungen: Butterpreise stiegen von -17,5 % im Januar auf 20,6 % im Juli; frisches Obst lag im Januar 2024 bei 11,7 % Inflation, im Juli bei -0,4 % (Stand: 31.07.2024).“ – Quelle: https://www.mehrwertsteuerrechner.de/inflation/inflation-deutschland/preisentwicklung-von-lebensmittel/
- „Im Jahr 2024 stieg die Lebensmittelteuerung in Deutschland durchschnittlich um 1,7 %, während Verbraucherpreise für verarbeitete Lebensmittel um rund 2,2 % und für frische Waren nur um 0,4 % zulegten (Stand: 31.12.2024).“ – Quelle: https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex/Tabellen/sonderauswertung-nahrungsmittel.xlsx
7 Antworten
‚Dauerhaft günstig‘ klingt gut, aber die Realität sieht anders aus! Man fühlt sich irgendwie betrogen beim Einkaufen. Wie seht ihr das? Was denkt ihr über die Klage gegen diese Werbung?
– Ich hoffe wirklich auf mehr Transparenz! Diese Preiskämpfe sind nicht gut für uns Verbraucher und letztlich auch nicht für die Läden selbst.
Wusste gar nicht, dass es so viele Tricks gibt bei den Preisen! Die Supermärkte sollten echt mal klarer kommunizieren, was hinter ihren Angeboten steckt. Woher kommt denn das ganze Gemüse, das immer teurer wird? Ist das normal?
Ja genau! Und frische Produkte sind ja oft viel teurer als verarbeitete Sachen. Irgendwie traurig für unsere Gesundheit. Hat jemand Tipps für günstige Einkaufsmöglichkeiten?
Ich habe auch bemerkt, dass Obst und Gemüse kaum im Angebot sind bei diesen Rabatten. Es ist wirklich frustrierend! Manchmal denke ich, es wäre besser, mehr Bio-Läden zu unterstützen.
Das ist echt irreführend! Ich hab oft gedacht, ich spare was beim Einkaufen. Aber wenn man genauer schaut, sind die Preise immer höher als früher. Wie soll man da noch gesund essen? Wer hat ähnliche Erfahrungen gemacht?
Ich finde es echt schade, dass die Supermärkte uns so täuschen. Die Preise steigen ständig, und dann gibt’s diese Werbung mit den ‚dauerhaft günstigen‘ Preisen. Was ist daran ehrlich? Hat jemand von euch schon mal die Preise verglichen?