Bremen (VBR). Das Thema geschlechtsspezifische Gewalt ist erschreckend aktuell, besonders in Anbetracht der jüngsten Erhebungen des Bundeskriminalamts zu Straftaten gegen Frauen. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Allein im Jahr 2023 wurden 938 versuchte und vollendete Femizide verzeichnet, von denen 360 tödlich endeten. Müserref Tanriverdi, die Leiterin der Berichterstattungsstelle für geschlechtsspezifische Gewalt am Deutschen Institut für Menschenrechte, beschreibt diese Statistiken als „in jeder Hinsicht alarmierend“ (Zitat-Quelle: Pressemitteilung).
Ein besonders beunruhigendes Detail ist der drastische Anstieg der digitalen Gewalt, dessen Opferzahlen sich mit über 17.000 Fällen im letzten halben Jahrzehnt verdoppelt haben. Dieser besorgniserregende Trend verdeutlicht die neuen Herausforderungen, die gesellschaftlich dringend adressiert werden müssen. Der Report des BKA stellt einen bedeutenden Schritt zur Umsetzung der Istanbul-Konvention dar, aber Tanriverdi weist auf die Lücken hin: „Die vorgelegten Zahlen zeigen jedoch allein die der Polizei bekannt gewordenen Fälle – das sogenannte Hellfeld“ (Zitat-Quelle: Pressemitteilung). Die Dunkelziffer sei wahrscheinlich noch höher, da viele Betroffene aus Angst oder Scham keine Hilfe suchen.
Die unerbittlichen Daten unterstreichen den akuten Handlungsbedarf bei Betreuungs- und Schutzmaßnahmen. Trotz der Schwere der Lage mangelt es weiterhin an ausreichend verfügbaren Beratungs- und Schutzeinrichtungen sowie an einer stabilen Finanzierung dieser Angebote. Ein Gewalthilfegesetz wäre ein dringender Schritt, um Betroffenen einen diskriminierungsfreien Zugang zu ermöglichen, unabhängig von finanziellen oder rechtlichen Bedingungen.
Neben der nationalen Gesetzgebung sind Maßnahmen auf bundes-, landes- und kommunaler Ebene unausweichlich. Notwendig sind effektive Präventionsstrategien, robustere polizeiliche Reaktionen sowie Verstärkungen im rechtlichen Schutz für gefährdete Gruppen wie Frauen mit Behinderungen oder solche ohne gesicherten Aufenthaltsstatus. Tanriverdi fordert: „Wir fordern ein entschlossenes Handeln von Bund, Ländern und Kommunen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt“ (Zitat-Quelle: Pressemitteilung).
Diese Entwicklungen werfen nicht nur Fragen zum Engagement politischer Akteure auf, sondern erfordern eine kritische Auseinandersetzung aller Gesellschaftsteile mit den tief verwurzelten Ursachen der Gewalt. Umfassendere Aufklärung und Sensibilisierung sind Schlüssel zu einem Wandel, der notwendig ist, um Frauen und Mädchen in Deutschland einen sichereren Lebensraum zu bieten. Tanriverdis Worte mahnen zur Dringlichkeit eines kollektiven Wandels hin.
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Bundeslagebild geschlechtsspezifische Gewalt: Wichtiger Meilenstein zur Umsetzung der …
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Geschlechtsspezifische Gewalt: Ein globales Problem mit dringendem Handlungsbedarf
Trotz der besorgniserregenden Zahlen und Entwicklungen, die das Bundeskriminalamt im ersten Lagebild zu geschlechtsspezifischen Straftaten gegen Frauen in Deutschland vorgestellt hat, ist dieses Phänomen bei weitem kein isoliertes nationales Problem. Weltweit kämpfen Länder mit ähnlichen Herausforderungen. Insbesondere in Europa hat die Istanbul-Konvention als umfassendes rechtliches Instrument zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen eine entscheidende Rolle gespielt. Die Umsetzung dieser Konvention fordert die Mitgliedsstaaten auf, robuste politische, juristische und soziale Maßnahmen zu etablieren, um häusliche Gewalt, Stalking, sexuelle Belästigung und andere Formen von Gewalt systematisch anzugehen.
Ein Blick auf die globale Ebene zeigt alarmierende Ähnlichkeiten hinsichtlich der Mechanismen, die geschlechtsspezifische Gewalt begünstigen. So hat die COVID-19-Pandemie die Notwendigkeit verstärkt, digitale Gewalt effektiver zu bekämpfen, da mehr Menschen online arbeiten und kommunizieren. Hierbei handelt es sich nicht nur um ein technisches Problem, sondern auch um ein soziales, das tief in strukturellen Ungleichheiten verwurzelt ist. Die Verdopplung der Zahlen digitaler Übergriffe spiegelt diese Dynamik wider und unterstreicht den Bedarf an gezielten Gegenmaßnahmen.
Länder wie Spanien und Frankreich haben bereits innovative Ansätze verfolgt, indem sie spezielle Gerichte für geschlechtsspezifische Gewalt eingerichtet und national koordinierte Aktionspläne entwickelt haben. Solche Modelle bieten Deutschland wertvolle Lektionen, um bestehende Lücken im sozialen Schutznetz für Opfer zu schließen. Zu oft verhindern bürokratische Hürden und mangelnde Ressourcen den rechtzeitigen Zugang zu erforderlichen Dienstleistungen und Schutzmaßnahmen.
Langfristig muss das Ziel darin bestehen, die gesellschaftliche Einstellung zu Geschlecht und Macht grundlegend zu ändern. Investitionen in Bildung und Sensibilisierungskampagnen können dazu beitragen, toxische Geschlechterstereotypen abzubauen, die häufig den Nährboden für Gewalt darstellen. Zudem hängt der Erfolg des geplanten Gewalthilfegesetzes maßgeblich davon ab, ob es gelingt, nachhaltige Finanzierungsmodelle zu etablieren, um betroffenen Institutionen Stabilität zu bieten.
Für die Zukunft bleibt die Hoffnung, dass durch konsequente internationale Zusammenarbeit und den Austausch bewährter Praktiken eine messbare Reduzierung geschlechtsspezifischer Gewalt erreicht werden kann. Deutschland steht hierbei am Scheideweg, da die nun veröffentlichten Erkenntnisse als Katalysator für überfällige Reformen dienen können, die langfristig sowohl auf nationaler als auch globaler Ebene Früchte tragen.
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