Skandalös und überfällig: Paritätischer fordert Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes nach 30 Jahren
Seit 30 Jahren gibt es das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Deutschland, das Schutzsuchenden existenzsichernde Leistungen vorenthält. Der Paritätische Gesamtverband fordert nun anlässlich des Jubiläums die Abschaffung des diskriminierenden Sondergesetzes, das mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sei. Zusammen mit mehr als 200 Organisationen appelliert der Verband für die Gleichbehandlung aller Menschen in Deutschland nach den Regeln des Sozialgesetzbuchs und unterstützt die Forderung: „Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!“
Harald Löhlein, seit Anfang der 1990er im Paritätischen Gesamtverband zuständig für Flüchtlingspolitik, kritisiert das AsylbLG als menschenverachtend und inhuman für Schutzsuchende, die in ihrer Not Schutz und Zuflucht in Deutschland suchen. Das Gesetz sei ein Schandfleck deutscher Asylpolitik und gehöre endlich abgeschafft. Das AsylbLG ist nach Ansicht des Verbandes mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, da es faktisch ein Sondersozialhilfesystem geschaffen hat, das hilfebedürftigen Menschen in Deutschland die zur Existenzsicherung nötigen Leistungen vorenthält. Die Würde des Menschen sei jedoch unteilbar, genauso wie das Existenzminimum, betont Löhlein. Die Leistungsberechtigten sollten stattdessen in die regulären Sozialsysteme einbezogen werden.
Zum Hintergrund: Der Bundestag beschloss am 26. Mai 1993 im sogenannten „Asylkompromiss“, das in der Verfassung garantierte Grundrecht auf Asyl stark zu beschneiden, um Flüchtlinge möglichst fernzuhalten. Gleichzeitig wurde mit dem AsylbLG ein neues Gesetz geschaffen, das die Lebensverhältnisse von Asylsuchenden in Deutschland gezielt verschlechtern und die soziale Versorgung auf ein Niveau deutlich unterhalb der regulären Sozialleistungen absenken sollte. Ziel des Gesetzes war es, Schutzsuchende durch das Wohnen in Sammelunterkünften, niedrigere Leistungen und Sachleistungen statt Geld abzuschrecken oder zur Ausreise zu bewegen. Auch heute sind die Regelsätze des AsylbLG deutlich unter denen des Bürgergelds beziehungsweise der Sozialhilfe. Sachleistungen statt Geld bedeuten für die Betroffenen zusätzliche Einbußen. Zudem führt eine nach dem Gesetzeswortlaut stark beschränkte Gesundheitsversorgung in der Praxis zu verspäteter und unzureichender Behandlung, und behördliche Sanktionen führen zu weiteren Kürzungen.
Unter den 200 Unterzeichner*innen des Appells „Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!“ finden sich u.a. Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände, Organisationen von Migrant*innen, Vereinigungen von Anwält*innen, Jurist*innen, Ärzt*innen, Psychotherapeut*innen, Frauenverbände und Kinderrechtsorganisationen.
Es bleibt abzuwarten, ob die Forderungen nach Abschaffung des AsylbLG Gehör finden werden und eine Gleichbehandlung aller Menschen in Deutschland nach den Regeln des Sozialgesetzbuchs erfolgen wird.
Quelle: Paritätischer Gesamtverband